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Was blöde Leute gut finden: Jumpstyle, eine Tanzbewegung aus Belgien

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Teil 2: Jumpstyle, der belgische Feind von Tecktonik

Und sie jumpen... Was ist das denn? Ursprünglich ist Jumpstyle ein Elektro-Subgenre und damit ein Musikstil der Dance Music. Jumpstyle-Songs laufen bei 140 beats per minute (bpm). Damit es sich der Gehör-Laie besser vorstellen kann: Das sind mehr als zwei Bassschläge pro Sekunde, geisttötender Hardcore-Techno, bum, bum, bum. Passend zur Musik entwickelte sich eine ähnlich einfältige Choreographie, die die Jumpstyle-Freunde einzeln oder in Gruppen tanzen. Obwohl der Tanzstil nach der Musik entstand, steht der Begriff Jumpstyle mittlerweile vor allem für die charakteristische Sprung-Choreographie. Die Beine werden im Rhythmus abwechselnd nach vorne und hinten geworfen. Wenn in Gruppen getanzt wird, führen die Tänzer entweder im Duo-Jump die Schritte synchron nebeneinander aus, oder sie stehen sich zum Duo-Kick gegenüber und berühren sich beim synchronen Jumpen absichtlich mit den Füßen. Je größer die Jump-Gruppe, desto höher ist der Schwierigkeitsgrad. Entstanden ist Jumpstyle in Belgien als Gegenbewegung zum Danse Elektro, dem Tanz der französischen Mode- und Jugendkultur Tecktonik. Ist bei Jumpstyle vor allem die Beinarbeit wichtig, dominieren im Danse Elektro die Arme die Choreographie. Beide Tanzstile sind körperlich enorm anstrengend, sehen bescheuert aus und amüsieren umso mehr den geistig und kulturell erhabenen Zuschauer.

Nicht ganz unschuldig: Scooter Worum geht's? Um Pokale und Medaillen! Im Februar fand in Georgsmarienhütte die erste deutsche Meisterschaft im Jumpstyle statt, bei der mehr als 160 Teilnehmern in verschiedenen Kategorien gegeneinander tanzten. Wo? Na, in Georgsmarienhütte, zwischen Osnabrück und Bielefeld! Kennt doch jeder. Am 5. Juli reisten 287 Jumper nach Bremen zur "Jumpsession Vol. 4". Und in Rotterdam fand mit über 700 Teilnehmern das bislang größte Jumpstyle-Treffen statt. Für die Jumper ist Jumpstyle kein vergänglicher Jugendtrend, sondern ein Extremsport, zu dem eine bestimmte Lebenseinstellung gehört: "Jumping is not a crime" ist des Jumpers liebste Parole. Vermutlich sind sie einfach froh, nun endlich nicht mehr bloß auf der Dorfkirmes einsam neben dem Autoscooter zu zappeln, sondern in Großraumdiscotheken auf Gleichgesinnte zu treffen. Mittlerweile sieht man die Jumper vor allem vor Rathäusern süd-westfälischer Kleinstädte und an ostdeutschen Hauptbahnhöfen. Und wer macht das jetzt so erfolgreich? Die berühmteste Jumpstyle-Crew heißt Patrick Jumpen und kommt – natürlich! – aus Belgien. Patrick Mantizz, Kopf der Gruppe, gilt als Vater des Jumpstyle. Er wurde bekannt durch ein 2005 auf YouTube veröffentlichtes Jumpstyle-Tutorial-Video (siehe unten). Mittlerweile gibt der 20-Jährige an belgischen und niederländischen Grundschulen Tanz-Workshops. In den Beneluxstaaten ist er ein Star.

Patrick Mantizz' erstes Jumpstyle-Tutorial Die Krocha, eine im Frühjahr neue, mittlerweile längst verstorbene Jugendbewegung aus Österreich, rief Jumpstyle zum eigenen Kulturtanz aus, was dem Tanzstil aber eher Negativ-PR einbrachte. Die nie tot zu kriegende Dance-Band Scooter versucht nun, Jumpstyle in Deutschland von einem trivialen Provinztrend für Dorfprolls zum next big Massentanzthing zu machen, indem bei Bühnenauftritten hinter dem charismatischen Frontschreier H.P. Baxxter mehrere Tänzer synchron jumpen. Doch wie immer, wenn eine Subkultur kommerzialisiert wird, streiten sich nun die Ur-Jumper mit denen vom Trend Neuinfizierten um Kredibilität und Realness. Jumpt es aus, Jungs!

Text: julia-finger - Foto: KONTOR Records

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