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Was die jetzt.de-Redaktion mit ihren Schreibtischen verbindet

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Der Schreibtisch, der zuwächst Irgendjemand hat mal gesagt, wie man seine Wohnung einrichtet spiegelt nicht, wie man ist, sondern wie man sein möchte. Das trifft ziemlich genau auf meine Schreibtischsituation zu. Ich liebe die Vorstellung eines leeren, spartanischen Schreibtischs, bei dem nichts vom Schreiben ablenkt, ich kann minutenlang daran denken, wie schön das wäre. Das geht so weit, dass ich anderen erzähle, dass ich auf einem zugestellten Schreibtisch überhaupt nicht arbeiten könnte. Eine kapitale Lüge, denn tatsächlich schreibe ich auf Schreibtischen, deren Oberfläche in den letzten zehn Jahren einen ununterbrochene Besiedlung mit Bücher-, Heft-, Platten-Stapeln erlebt hat, auf denen sich lange gefällte Stiftbecher und unendlicher Zettelkram festgesetzt haben und über die Wanderausstellungen von Kaffeetassen, Terminkalendern, Telefonrechnungen ziehen, unterbrochen nur von den ewigen Pipelines diverser Akku- und USB-Kabel. Immer wenn ich mich aufraffe, um meinen Idealschreibtisch näherzukommen, also mal einen halbe Quadratmeter freilege, dann ist er binnen Minutenfrist wieder zugewachsen, obwohl – ich schwöre – ich nichts hingelegt habe. Letztlich bleibt es also immer beim Wunsch. Allerdings, wenn ich wirklich mal einen komplett leeren Schreibtisch hätte, auf was würde ich dann meine gelegentliche Schreibfaulheit schieben? Jetzt ist immer die Unordnung schuld daran, dass ich mich nicht konzentrieren kann. Max Scharnigg **

** Der Schreibtisch, der Geschichten erzählt Der Schreibtisch, den ich vor zwei Jahren auf Ebay entdeckte, war eigentlich schon so gut wie tot. Jahrelang hatte er im Keller seines damaligen Besitzers auf bessere Zeiten gewartet. Irgendwann lehnte eine Axt an seinem rechten Bein. Man kann sie auf dem pixeligen Handyfoto, das mir damals auf Ebay auffiel, gut erkennen. Ich ersteigerte den Tisch für einen Euro. Er tat mir Leid und zufällig hatte er auch genau die richtige Größe, um die Lücke in meinem neuen Zimmer zu füllen. Das Material und der Stil stimmten auch: dunkelbraunes Holz, runde Ecken, hübsch altmodisch. Der Tisch war ein Glückskauf. In echt sah das Ding lebendig, einzigartig und ziemlich gut aus. Heute steht der Tisch vor einer dunkelblau gestrichenen Wand voller Fotos. Auf ihm steht mein Computer und eine Lampe, die spät nachts (früher konnte ich nur dann schreiben) für warmes Licht sorgt. Links und rechts liegen allerhand Zettel und ein Block. Auf andere mag das Szenario unaufgeräumt wirken, auf mich gemütlich. Der Ort, an dem ich schreibe, sollte möglichst selber eine Geschichte erzählen. Ich will kein Designer-Ding aus kaltem Glas. Ich brauche auch keinen dieser abwaschbaren Büroschreibtische, die so groß sind, dass sich alle Gedanken auf der glatten, weißen Plastikoberfläche sofort verlieren. Mein Schreibtisch darf kein steriler OP-Tisch sein. In seinen Schubladen müssen persönliche Dinge gut aufgehoben sein. Mein Schreibtisch ist ein Ort, nach dem ich an langen Bürotagen Heimweh habe. Anna Kistner ** Der Schreibtisch zum Fliehen Ich lebe spartanisch. Einrichtungsgegenstände kümmern mich nicht, bei mir stehen noch die selben Bücher im Regal, die da schon vor sieben Jahren standen. All jene, die dazu gekommen sind, habe ich in Kisten verstaut. Die Unwirtlichkeit meiner Wohnsituation hat schon allerhand Leute zum Kopfschütteln gebracht. Ich sage dann immer, dass ich gerne so lebe, weil ich gerne das Gefühl habe, gleich gehen zu können. Das ist, finde ich, eine sehr moderne Lebenseinstellung, die ich schon früh auf meine Arbeitsplätze übertragen habe. Mich hat es in keinem Praktikum gestört, wenn ich den Arbeitsplatz wechseln musste, weil wieder ein Redakteur aus dem Urlaub zurück kam oder dorthin ging. Schließlich habe ich immer zugesehen, dass ich leichtes Gepäck habe. In der Konsequenz ist auch mein heimischer Schreibtisch schon gar kein Schreibtisch. Da steht eine Lampe und eine Ablage. Dazwischen ist Platz für meine Rechnungen und für die Postkarten, die ich dort ablege und später lese. Arbeiten tue ich dann auf dem Sofa. Dort kann man nämlich, und das ist schon ein Unterschied zum Schreibtisch, besser Einschlafen. Peter Wagner ** Der Schreibtisch in den Alpen Mein Schreibtisch ist ein Bergpanorama. Es wiegt etwas mehr als zwei Kilo und ich trage es sehr oft mit mir rum. Das Bergpanorama ist ein Foto, es ist der Hintergrund für meinen Laptop-Bildschirm. Und wo immer ich diesen aufklappe, ist mein Schreibtisch. Natürlich steht hier in der Redaktion einer mit vier Beinen, jeden Morgen stelle ich das Bergpanorama drauf. Aber an diesem Tisch gefällt mir vor allem, dass er gegenüber dem steht, an dem mein Kollege Nico seinen Laptop aufklappt. Der Kram, den ich darauf neben einem schlichten Telefon verteile, ist provisorisch. Gerade liegen da Zeitungen, ein paar Notizen und aus irgendeinem Grund eine Schere. Ein Kollege hat einen winzigen München-Krug neben die Lampe gestellt, den ich aber wegwerfen werde, wenn keiner hinschaut. Das mit dem Wegwerfen funktioniert vor dem Alpenbild weit weniger leicht. Zwar schaut da fast nie jemand hin, doch ich verschiebe meist nur Symbole in Ordner und sortiere neu, nur um den gemalten Papierkorb zu vermeiden. Würde man also den Versuch unternehmen, etwas über mich oder meine Arbeitsweise an meinem Schreibtisch abzulesen: Diese weiße Fläche hier würde irriger Weise das Bild eines ordentlichen Menschen nahelegen. In Wahrheit bin ich ein Schreibtisch-Chaot, der unlängst mal in den Bergen war und bald einen neuen Bildschirmhintergrund braucht. Aber das weiß ja zum Glück niemand ... Dirk von Gehlen ** Der Schreibtisch zum Inspirieren Man könnte mir vorwerfen, ich würde meinen Schreibtisch mit meiner Pinnwand verwechseln. Denn um den Computer herum stapeln sich Zettel mit Telefonnummern, To-Do-Listen, Gesprächsnotizen, Flyern, Büchern, die ich noch lesen will plus allerlei Krimskrams. Doch meine Pinnwand, die neben dem Tisch hängt, ist nicht leer, von daher kann von Verwechslung keine Rede sein. Auf meinem Schreibtisch sieht es immer ein bisschen so aus wie in meinem Kopf. Überall liegen kleine Ideen herum, gute wie völlig abwegige. Eigentlich hasse ich das Chaos und liebe die Ordnung. Aber bis ich mich dafür entscheiden kann, welcher Hinweis jetzt wirklich weiter verfolgt werden sollte und welcher Zettel endlich mal in den Müll kann, vergeht viel Zeit. Vielleicht stiftet eine liegen gebliebene Notiz auch noch einmal Inspiration, wenn ich sie dringend brauche. Wenn sich jemand über das Chaos lustig macht, sage ich immer gern: Man weiß ja nie, wofür diese Zettelwirtschaft noch gut ist. Aber wenn ich ehrlich bin, auf den meisten Schreibtischen der Kollegen sieht es wenig anders aus. Deswegen kann die nächste Aufräumaktion warten. Clemens Haug

Text: jetzt-Redaktion - Foto: .daumenkino./photocase.com

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