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Musik für Emo-Jungs und Emo-Mädchen

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Jason Collett – Idols of Exile” (City Slang) Jason Collett, mehrfacher Vater, von Beruf Schreiner und Experte für Laubsägearbeiten, kennt man bisher nur als Gitarrist des kanadischen Kollektivs Broken Social Scene- jetzt hat er eine Soloplatte veröffentlicht, mit dem schönen Namen „Idols of Exile“. Und auch da sind natürlich viele seiner musikalischen Freunde dabei, mit denen er schon seit ewigen Zeiten Musik macht, wie etwa Feist, aber auch Amy Millan von den Stars. Und obwohl also die ganze Posse mitmischt, hört sich „Idols of Exile“ ganz und gar nicht nach dem verrückten und abgedrehten Broken Social Scene-Sound an. Statt Songs aufzubrechen, sucht Collett nach dem perfekten Song. Im Vergleich zu Broken Social Scene wirkt das Singer/Songwritertum von Collett fast schon bodenständig: Americana und Folk mit Banjo, Klavier, Mundharmonika, Pedal Steel und Geigen. Aber es geht darüber eben doch hinaus. „Es reicht nicht, nur gute Platten zu machen, davon gibt es schon genug. Wir müssen großartige Platten machen“, hat Kevin Drew, Kopf von Broken Social Scene mal gesagt. Und das schafft man nur mit Kollektiven, glaubt Collett, denn jeder Mitwirkender ist der Kritiker des anderen. Auch bei „Idols of Exile“ hat sich dieses Prinzip wieder bewährt. Das wunderbare Duett „Hangover Days“ mit Emily Haines oder die geradezu poppigen „We all lose one another“ und „I’ll bring the sun“ bringen das auf den Punkt. Dazu gibt es selbstbespiegelnde Geschichten über das Leben in Souterrain-Apartments, oder darüber, Southern Comfort hinter der Shopping Mall zu trinken und Trost in einem Mixtape zu finden. "Music sucks / But here's your salvation", heißt es in dem Stück “Almost summer”. Wie wahr.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Placebo – Meds (Virgin) Sie sind die Meister der Depression – immer noch. Zehn Jahre begleiten Placebo junge Menschen nun schon beim Erwachsenwerden oder vertonen den Alltag derjenigen, die es nicht werden wollen. Sie machen Gefühlsmusik für Emo-Jungs und Emo-Mädchen, baden in Selbstmitleid, zelebrieren die innere Zerrissenheit und das ewige Gefühl der Einsamkeit. Immer noch. „I was alone, falling free“, beginnt Brian Molko, diese tragische Kunstfigur, die Platte. Es ist ihre mittlerweile fünfte, aber die erste nach drei Jahren Pause. Viele haben sich gefragt, wie die Band jetzt wohl klingen wird. Angekündigt war ein reines Elektronik-Experiment – ein Neuanfang also. Gekommen ist es jedoch anders. Placebo sind zu ihren Anfängen zurückgegangen: ein Debütalbum nach der ersten Dekade der Bandgeschichte. Das war die Idee, die Produzent und Weggefährte Dimitri Tikovoi hatte. „Meds“, das sind denn auch die bekannten Placebo-Gitarren, die einem die großen Melodien samt ihrer Melancholie und Tragik ins Gedächtnis schrubben - mal laut und ungeschliffen wie bei „Because I Want You“, mal leise, mit Klavier und Streichern im Vordergrund wie bei „Broken Promis“ und sehr oft beides innerhalb eines Lieds. Aber nie ganz so überladen wie bei Muse oder den Smashing Pumpkins. Einfachheit statt Ausschweifung war das Motto. Große Gefühle also, ein bisschen oldschool vielleicht im Vergleich zu den neuen englischen Rockwundern, aber dafür kein Pubertätsproblemchen, sondern solide Abgründe und Depressionen.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Archie Bronson Outfit – Derdang, Derdang (Domino Records) Und wo wir gerade bei den englischen Rockwundern sind. Auch Archie Bronson Outfit , die auf dem Franz Ferdinand- und Arctic Monkeys-Label Domino Records gesignt sind, sollten mal nächste Rockwunder werden. Entdeckt hat sie Labelchef Laurence Bell angeblich in seiner Stammkneipe „The Cat’s Back“ und ihre erste Platte bei Domino veröffentlichten die drei Bluesrocker auch nur wenige Monate nach dem großen Franz Ferdinand-Debüt. Archie Bronson ist übrigens der Name einer überdimensionalen Plastikgans und zierte das Cover ihres Debüts. Aber anders als jetzt etwa bei den Arctic Monkeys war von Erbfolgschaftsdebatten wenig zu hören – trotz des ebenfalls kunststudentischen Hintergrunds. Und auch mit ihrem neuen Album „Derdang, Derdang“ werden sie den Durchbruch nicht schaffen. Abgesehen von der Single „Dart for My Sweethard“ und dem Song „Kink“ sind die Melodien einfach zu einfallslos, die Gitarren dafür aber zu schepprig und quietischig und vor allem die Stimme von Sänger Sam Windett, genannt der Kardinal, ein ziemlich großes Mü zu nervig. Nur für eingefleischteste Hardcorefans. Skye – Mind How You Go (Warner) Die ehemalige Stimme von Morcheeba mit einem Soloalbum. Lange hat man nichts mehr von ihr gehört, dieser Stimme, die Morcheeba das Einzigartige verliehen hat. Nun also elf neue selbstgeschriebene Songs. Und nach den Jungs von Archie Bronson Outfit ein echter Genuss – diese sanfte, ruhige, aber dennoch eindringliche Stimme. Ein Hauch von den alten Morcheeba liegt in der Luft, aber leider nur ein Hauch. Wirklich überspringen will der Funke ihrer Songs nicht so recht. LD & The New Criticism: Tragic Realism (Acuarela) Eine wunderbare Entdeckung dieser Woche ist dafür diese Band aus New York. Für Fans dessen, was man mal Lo-Fi nannte ein absolutes Muss. LD Brethol, Mastermind des Projekts, hat schon an den wunderzarten „69 Love Songs“ von The Magnetic Fields mitgearbeite und wer die nicht auf Anhieb liebte, dem kann man aus der emotionalen Verkümmerung auch nicht mehr raushelfen. Fast genauso Beatles-esque großartig, liebevoll, verspielt und gleichzeitig einfach wie „69 Love Songs“ sind diese 16 Songs. Manche sind nur 50-sekündige Fragmente, andere in all ihrer Ungeschliffenheit perfekte Popsongs. Wirklich. Und es geht um nichts weniger als um Lachen, Lügen, Stehlen, Morden, sich lieben und sich rächen – kurz um das Leben mit all seinen schönen und unschönen Seiten. Various Artists – Hamburg lädt ein (Yo Mama’s) „Hamburg lädt ein“, weil der Underground zwar Mainstream ist, aber niemand den Untergrund kennt: 13 Newcomer, die mit Hamburg verbunden sind und die sich letztes Jahr in einem Wettbewerb beworben haben. Besonders hervor stechen Maskoe mit dem Track „Schweigepflicht“ – der 21-jährige Türke ist ein übermütiges Reimtechnikwunder, das an den jungen Samy Deluxe erinnert und – ebenfalls ein Battle-MC – Kaleel, der auf „Vorsicht!“ flüsternd rappt. Ein erfrischender, interessanter Sampler. (hannes-kerber) Außerdem erscheinen diese Woche: Adam Green - Jacket Full Of Danger (Sanctuary) Roots Manuva - Alternately Deep (Ninja Tune) Tiptop –Tiptop (Universal) NOFX – Never Trust A hippie (Fat Wreck) Cuba Missouri – This Year’s Lucky Charms (Make My Day Recdords) Moca – Tempomat (Blueflame Records) Helter Skelter – Football Songs/ I Believe I’m Believing (Helter Skelter) U.S. Bombs – We Are The Problem (“I Used To Fuck People Like You In Prison” Records)

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