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Politische Kampfansagen von den Flaming Lips und Calexico

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The Flaming Lips - At War With The Mystics (Warner Bros.) Eigentlich wollte Flaming Lips-Sänger Wayne Coyne auf dem neuen Album die Geschichte eines Zauberers erzählen, der im Weltall mit einer nackten Sternenkönigin den chemischen Sohn Gottes zeugen will. Niemand hätte sich gewundert, kennzeichnet doch das mittlerweile 20-jährige Wirken der Flaming Lips eben genau diese drogengeschwängerte, psychedelische Freakwelt. Auf ihrem letzten Album, für das sie einen Grammy gewannen und das zum Millionenseller wurde, besangen sie pinkfarbene Roboter und traten live in Hasenkostümen auf. Und jetzt? Jetzt sind ausgerechnet die Flaming Lips “At War With The Mystics” und rufen in dem Stück „The W.A.N.D." zur Revolution auf. Was ist geschehen? Das politische Klima in den USA veränderte sich nach dem 11. September und der Irakkrieg brach aus, der unter anderem mit religiösen Erklärungen gerechtfertigt wurde: George W. Bush erklärte, Gott habe ihm eingeflüstert, er solle im Irak einmarschieren. Gegen diese Art von Mystik, die alles verneble und den Blick auf die Realität versperre, wollten sich die Flaming Lips wehren, erklärt Wayne Coyne im SZ-Interview. Das heißt aber Gott sei dank nicht, dass sich die Flaming Lips von ihrem bombastischen, realitätserweiternden Space-Rock verabschiedet haben. Vielmehr haben sie sich die Band MC5 zum Vorbild genommen, die in den 1970ern in den USA das Manifest der „White Panthers“ verkündeten, das die totale Freiheit im Rock’n’Roll propagierte. Und das hört man auch musikalisch. Denn auf „At War With Mystics” dominiert der krachende 70er Jahre und Led-Zeppelin-Rock. Dazwischen tauchen aber zum Glück auch unglaubliche Pophymnen und Beach Boy-eske Traumnummern auf, die einen in einen mit der Welt versöhnen.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Calexico - Garden Ruin (City Slang) “So far, all is quiet on the American front while the world is at war. Feels strange”, schrieb Calexico -Kopf Joey Burns in einer Mail während der Aufnahmen zum neuen Album „Garden Ruin“. Ein Unbehagen, das sich in vielen Songs auf „Garden Ruin“ wiederfindet und zum Leitmotiv der Platte wurde. Auch wenn die politische und soziale Situation an der Grenze zwischen den USA und Mexiko schon immer ein wichtiges Thema für die Band aus Arizona war, waren sie noch nie so explizit politisch wie jetzt auf „Garden Ruin“. Oft wurden in der zehnjährigen Bandgeschichte die amerikanisch-mexikanischen Wurzeln und die Mythen eines Amerika beschworen, das schon lange versunken ist. Ganz anders diesmal: Der Opener „Cruel“ kritisiert die Umweltzerstörung, „All Systems Red“ und „Deep Down“ den politischen Extremismus und „Letter to Bowie Knife“ den religiösen Fundamentalismus. Aber keine Angst, „Garden Ruin“ ist keine „Oberlehrer-mit-erhobenem-Zeigefinger“-Platte geworden, denn in der anderen Hälfte der Stücke wird geliebt und an eben dieser Liebe gelitten. Außerdem klangen Lieder über Umweltzerstörung und Kapitalismuskritik selten so wunderschön und dennoch nicht wallpaperglattgebürstet. Denn auch musikalisch haben sich Calexico weiterentwickelt: weniger Tex-Mex-Wüstenrock und Spaghetti-Western Epen `a la Ennio Morricone, weniger Gypsy-Jazz und Weltmusik, dafür wesentlich mehr Pop- und Rockelemente mit ein paar richtig krachenden Gitarren. Und mit „All Systems Red“ am Ende der Platte, das so harmlos anfängt und sich im Aufschrei „I want to tear it down and built it up again“ derart zuspitzt, dass es einem fast einen Schauer über den Rücken jagt. Hier kannst du reinhören.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Palestar – ?Mind The Landscapes! Manchmal ist man doch erstaunt, warum manche Bands sofort einen Plattenvertrag bekommen und andere konsequent außen vor bleiben. Palestar, ein Quartett aus Leipzig, ist eine dieser Bands, bei der man sich fragt, warum sie immer noch ungesignt ist und ihr Debütalbum selbst finanzieren und produzieren musste. Geben sie doch so schöne, schlaue Sätze von sich wie „If you look for the extreme you can only end up in between“ oder „You know misery always comes on a sunny day“. Warum man die Landschaften meiden soll, ist mir zwar nicht so ganz klar, aber vielleicht könnte man dann nicht mehr so herrlich in seinem Zimmer schmachten. Denn – die Zitate deuten es schon an – auf „Mind The Landscapes“ wird gelitten. Mit großen Gesten, jeder Menge Britpop-Pathos à la Radiohead, James , Starsailor und Mercury Rev, übereinandergelegter Gitarren, Hall auf der Stimme, mit Pop-Hymnen wie „Drowned in A Bathtube“ und „Siberian Fog“ oder Melancholiefetzen wie „Into the Breathing“. Ob die Plattenfirmen hierzulande wohl schon mal was davon gehört haben, dass sich Britpop ganz gut verkauft? Hier kann man in alle Songs reinhören.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Belasco – Something Between Us (Supermusic) Noch so eine Geschichte in Sachen Plattenfirmen und Britpop: Die drei aus London waren eine Zeitlang die Lieblinge der Indierock-Szene, sie galten als das nächste große Ding und die Majors prügelten sich um sie. Schließlich gingen sie zu Mercury, produzierten Singles und Videos und rangierten in den Charts. Es sah also richtig gut, bis es zu firmeninternen Budgetstreichungen kam und der Labelboss Belasco vor die Tür setzte. Aus der Traum: Kein Vertrag, keine Platte, nichts mehr. Das Trio war so frustriert, dass es sich auflöste. Doch man würde die Geschichte hier nicht so platt walzen, würde es nicht so aussehen, als gebe es nun doch noch ein Happy End. Das deutsche Alternative-Label Supermusic bearbeitete die Band so lange, bis man sie davon überzeugen konnte, wieder weiter zu machen. Ein weiteres Kapitel in der ewigen Erzählung von den guten Indies und den bösen Majors. „Something Between Us“ ist nun jedenfalls eine Art „Best Of“-Album geworden - ganz schön kurios, wenn man bedenkt, dass es ihr erster Longplayer ist. Die zahlreichen bisher nur auf EPs und Singles veröffentlichten Stücke sind hier also nun zusammengefasst und man kann sich nur einmal mehr wundern, wer alles so einen Vertrag bekommt und wer nicht. Und man merkt, dass Palestar aus Leipzig doch noch nicht ganz oben in der Britpop-Liga mitspielen. HipHop mit hannes-kerber: Unterwortverdacht - Aufstand der Aufrechten (3p) Vier Frankfurter bilden die neue Crew Unterwortverdacht und gerade, wenn man sich an ihr Album gewöhnt hat, überraschen sie mit den drei hervorragenden Konzeptsongs "Rap ist", "V.I.P." und "Der Typ", die dann abgelöst werden von "Zeit zurückdrehen". Letzterer schafft es, durch das glaubhafte Storytelling noch stärker, die dunkle Stimmung zu unterstreichen, die - auch durch das intensive Mitwirken der Glashaussängerin Cassandra - das ganze Album durchzieht. Samy Deluxe - Big Baus of the Nauf (Hamburgs Finest) Angeblich: ein "Mixtape in Albumqualität". In Wirklichkeit: die schlechteste Veröffentlichung des ehemals größten deutschen MCs. Man meint fast, er hatte das Rappen verlernt. Nichts für ungut. Einfach: nicht gut. Lord Scan - Ich bin's (Schädelbasis-Export) Obwohl der Newcomer aus Minden textlich und technisch einwandfrei rappt, kann man das Album nicht durchhören: Die Klimbim-Computerbeats lösen hyperaktive, nervöse Reaktionen aus. DVD - Berlin bleibt hart (Mantikor/Distributionz) Letztes Jahr war der Berliner Untergrund auf Klassenfahrt: die "Berlin bleibt hart"-Tour sollte beweisen, dass Berlin härter ist als es Aggro-Sido und Fascho-Fler glauben lassen. Ein Rapper mit dem intelligenten Namen "Frauenarzt" erklärt auf der DVD, wie sehr "untergrund" er ist: "Ich bin so untergrund... das gibt es gar nicht." Wirklich lustig sind nur die Aufnahmen aus dem Tourbus: betrunken soll der eine einem Schlafenden einen "schönen, geraden Hitlerbart" aufs Gesicht und einen "Arsch, das grinst" malen. (Die DVD ist ab 18.) Außerdem erscheinen diese Woche: The Frank and Walters – Souvenirs (fifarecords) Tristeza - A Colores (Better Looking Records) Daftpunk - Musique Vol. 1 (1993-2005) (Daft Life/Labels) Jet Black – The Dead End - EP (Unterm Durchschnitt) NinaMarie – Scheiss. Taxi-Scheiss. Paris - EP (Warner) Winson – Frag die Richtigen Leute! (V2) Urban Delights - Revolution No. 1 (Unique) Bubba Sparxxx - The Charm (Virgin) Timbaland & Magoo - Under Construction Part II (Simplymusic) Snoop Dogg - The Chronicalz Vol. 1 - The Mixed Up Album (Black Claw) The Organ - Grab That Gun (Too Pure/Beggars Group) Richard Cheese – The Sunny Side of the Moon: The Best of Richard Cheese (Surfdog) Planlos – Live in Düsseldorf/Tor 3 (DVD + Live-CD) (Goldene Zeiten)

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