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Räuberleiter für die Himmelhunde von The Fitness und Neuser mit schlechtem Gewissen im Autoradio

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The Fitness – Call Me For Together (The Control Group) Hierauf hat man ja mal total Bock. Spitzenname, Spitzenoptik, Spitzenhumor mit einem Backcover, auf dem man „yes“ oder „no“ ankreuzen kann und darunter dann Songtitel wie „Phone Sex“ „WC ist he MC“ oder „Username“. Denkt man ja sofort, die müssen aus Schweden kommen, so wie die sich die Lässigkeit aufs Wasabröd geschmiert haben. Sind dann aber aus Seattle, Washington – bisher nicht unbedingt als Produktionsstandort für Elektropunk mit Achtzigerfaible bekannt geworden. The Fitness bearbeiten ein ähnliches Terrain wie ihre New Yorker Kollegen von Morningwood, klingen aber eine Spur weniger ausgedacht und rempeln einem die Schulter dafür eine Spur härter in den Solarplexus oder wie das Ding heißt. Ob es um zu besorgende Drogen geht („I know where you can score some blow, chauffeur“), drei Stunden Schlaf zwischen Vollsuff und Office oder die optimale Entsorgung der Leiche des Ex-Lovers: The Fitness machen keine Gefangenen. Wer mir verrät, auf welchem deutschen Festival diese tätowierten Lipgloss-Himmelhunde (und –hündinnen) diesen Sommer Remmidemmi machen, dem mache ich beim Crowdsurfen Räuberleiter. Aufgeregt, überkandidelt, brutal, brutal cool, verrucht – Fans von Le Tigre oder The Killers bitte aufgemerkt, alle anderen bitte erst recht. Oder um es mit den Worten eines amerikanischen Kollegen zu sagen: „It’s good to hear a tune that says, drugs first, dance later, sex always“. Nenn mich Fan.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

V.A. – Immergutrocken 7 (Grand Hotel Van Cleef) Zum beschaulichen Immergut-Festival muss man hier eigentlich nicht mehr viele Worte verlieren. Immer hochkarätiger besetzt, immer früher ausverkauft, immer höherer jetzt-User-Anteil. Auch dieses Jahr gibt es wieder einen Sampler zum Festival, auf dem von Broken Social Scene über Appleseed Cast und Okkervil River bis zu Pale, Tomte und Phantom/Ghost alle großen und kleinen Namen zu hören sind, die in Erich Honeckers ehemaligen Jagdgründen auf der Bühne stehen. Vom Live-Lineup fehlen Blumfeld, Mia und die Yeah Yeah Yeahs im Reigen – dafür gibt es das vielleicht schönste Lied der Regierung überhaupt: den durch einen Telefonhörer aufgenommenen Schwanengesang, nach dem sich die Band damals 1995 auflöste – und in dem es über linke Dogmatiker so treffend heißt: „Und er sagt: Was ist das für 'ne Szene? Sie teilen die ganzen Leute auf in Gute und in Schweine. Ja, und sie sprechen diese ganze 70er-Jahre-Sprache. Und er sagt: Nein danke, aber ich will nicht wieder zurück.“ Auch zehn Jahre später hübsch aktuell.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

The Winnebago Orchestra – Fifteen (Tuition) Hey, endlich eine Band, die sich nach meinem Lieblingswort ever benennt. Winnebago. Ich meine, da ist alles drin, was ein Wort braucht. Wohlklang, Mythos, Mehrdeutigkeit. Denn ein Winnebago kann ein Indianer sein, ein Wohnmobil, ein Ort und wenn mich nicht alles täuscht, sogar ein Song von den Foo Fighters. Das gleichnamige Orchestra macht Musik, die mir gut reinläuft, irgendwo zwischen den ja kürzlich zur Hälfte verstorbenen Go-Betweens, den Kinks und dem leicht staubigen Britpop der eher softeren Sorte. Aber bei dem Namen könnten sie auch Lieder aus Bleistiftspitzgeräuschen und Katzenfürzen zusammensampeln.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Neuser – Alles wird leichter (Universal) Soso. Der Ex-Bassist von Angelika Express jetzt mit neuer Band. Voll auf Tuchfühlung mit dem Pop, der im Radio kommt. Was per se erst mal nichts Schlechtes ist. Aber irgendwie klingt das dann doch zu formelhaft, was Neuser hier abliefern. Ein Gesang exakt wie damals bei Echt („vorbei-yeah“, „sehen gerne fe-yeah-n“), durch die Bombastproduktion perfekt gebändigte Zerrgitarren im Refrain – der natürlich gleich beim ersten Mal voll reingeht ins Ohr. Kann man jetzt stunden lang drüber schimpfen – und betonen, dass man natürlich viiiiel lieber ultrakrediblen Konsens-Shit wie Built To Spill und Lambchop hört. Aber wenn Neuserin zwei Jahren Kinderschokoladenwerbung machen und in irgendeiner Recurrent-Rotation aus dem Autoradio dröhnt, singt man ja doch mit. Wie bei Juli, Liquido und all den anderen guilty pleasures halt auch. Gibt Schlimmeres. Hier kann man sich das Video zur von Michel van Dyke (Echt-Songwriter, zuletzt für den Blümchen-Relaunch verantwortlich) geschrieben Single „Von vorn anfangen“ angucken.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Shooting At Unarmed Man – Yes Tinnitus (Too Pure / Beggars) Bands mit guten Namen (vgl. Winnebago), Album- und Songtiteln haben bei mir ja schon gewonnen. Wenn es sich dann noch um Ex-Mitglieder der tollen Mclusky (deren Smasher „To Hell With Good Intentions“ die unsterbliche wie schwer verständliche Songzeile „We take more drugs than a touring funk band“ lieferte) handelt: alles bene. „All Hail Sergio“ klingt wie Surfrock auf schlechtem Acid, „I Am United Nations“ regt sich super auf, und „In-Flight Instructions Are A Joke, Say I“ flirtet nur zum Schein mit einer gewissen Weezer-Catchiness. Kann man so machen. Gut sogar. Die Gastrezension von daniel-erk: Das Bierbeben – Alles fällt (Shitkatapult) „Alles fällt“, das zweite Album von Das Bierbeben (Tocotronics Jan Müller, Superpunks etc. Thies Mynther, Garys Rasmus Engler und andere), will viel. Exzess und Intellekt, Hipness und Dauerhaftigkeit und Jan Müller selbst schwafelt im Presseinfo recht pathetisch: Juwel oder Unrat, das ist die Frage. Nun gut: Als Soundtrack für die ranzigen Clubs der Stadt, in denen sich vor dem Mischpult auch mal Werber und Antifas anrempeln, taugt das unbedingt. Fünf Jahre nach dem Peaches-Debüt gibt es musikalisch definitiv Überraschenderes als „rockende“ „Elektrosounds“ mit „kritischen Texten“, dennoch: So weit, so gut. Das politische Statement aber, das dieses Album fraglos auch sein will, ist nüchtern nicht zu ertragen. Zu plakativ ist das Sloganizing, zu Tote Hosen die Gesellschaftskritik. Natürlich: Von wortwitzigen Alter-Egos wie Alfred Bierlek und Wolf Dosenbiermann sollte man in Sachen Gesellschaftstheorie vielleicht nicht sonderlich viel erwarten. Aber das macht „Alles fällt“ auch nicht besser. Gerade wenn man weiß, welches Potenzial da am Werk war. Im Zweifelsfall also: Unrat. Aber vielleicht sieht die Welt nach zwei, drei gestochenen Bierdosen da auch schon ganz anders aus. Ein Versuch wär’s vielleicht wert. Hiphop mit hannes-kerber: Mocky – Navy Brown Blues (Four Music) „Ich habe die akustischen Instrumente zurück in die elektronische Musik geschmuggelt“, sagt der Kanadier Dominic Salole – besser bekannt als Mocky - über sich selbst. Sein neustes, drittes Album „Navy Brown Blues“ liegt jetzt vor: Seine ihm eigene Art von experimental Hiphop wird diesmal mit Elektro und Jazz abgerundet . Die melancholisch-ruhige Musik, welche die Grundlage für die meisten seiner Tracks bildet, lässt genau so viel Raum, wie ihn das Songwriting Mockys braucht. Eine Platte, die bestimmt viele lieben, die aber auch bestimmt nicht jedem gefällt. Trio Grande – Trio Grande presents „Quadro Nuevo Remixed“ (GLM Music) Drei deutsche Hiphop- und Reggae-Produzenten haben sich an eine schwierige Aufgabe gewagt: einer Hommage an die Weltmusiker Quadro Nuevo. Doch, was das Trio aus DJ Explizit (Main Concept), Dave Geene (Sorgente) und Umberto Echo (The Narcotic Slave Orchestra) geleistet hat, ist außergewöhnlich: ein junger, radikal interpretierter Quadro Nuevo-Sound. Alles riecht nach Blue Note. Dephjoe – Nenn Mich Deph EP (Cracked Anegg Records) Dephjoe, Österreichs Antwort auf Tone, meldet sich zurück: tiefer Black-Rap auf vielfältige Beats irgendwo zwischen Hiphop und Dancefloor. Besonders hervorstechend ist der Sepalto-Remix des Titeltracks. Headliners – Sag Ihnen Bescheid EP (Hamburg’s Finest) „Sag Ihnen Bescheid“ ist tatsächlich erst die zweite Auskopplung aus dem Deluxe Records-Albums „Let’s Go“, welches vor gefühlten zwei Jahren erschienen ist (tatsächlich aber erst im letzten Winter). Der Titeltrack ist meiner Meinung nach nix, aber die drei exklusiven Bonustracks sind ein echter Kaufgrund: der zweite Headliners-Song „Alle hier“ über einen hervorragenden EiziEiz-Beat, „Jetzt“ mit Illo, Eddy Soulo und Dashenn und ein ordentliches, im Vergleich zum letzten Mixtape sogar sehr gutes Samy-Lied „Nicht wie ich“. Außerdem sind erschienen: 4ManBob – Rock Star (Kickstart / Alive) Age of Orange – Atlantic (Goldene Zeiten / edel) Chikan – Cops And Crooks In Your Hand (Supermusic) Current 93 – The Black Ships Ate The Sky (Durtro) Dabrye – Two / Three (Ghostly International) DJ Cam – DJ Cam Revisited (Inflamable / Nocturne) DJ Krush - Stepping Stones: The Self-Remixed Best (SonyBMG) Eisheilig – Elysium (Drakkar / SonyBMG) Gnarls Barkley – St. Elsewhere (Warner) Herbert – Scale (!K7) Lou Rhodes – Beloved One (Infinited Bloom) Mamasweed – Electric Zeppelin (MK Zwo) Marva King – Soul Sister (Passion / Expansion) Naked Ape – For The Sake Of The Naked Ape (Lobotom) Novastar – Another Lonely Soul (Virgin) On Trial – Forever (Bad Afro) Planingtorock – Have It All (Chicks On Speed Records) Seachange – On Fire, With Love (Glitterhouse) Shelter – Eternal (Dockyard) Somersault – Paper Walls (Columbia / SonyBMG) The Forecast – In The Shadow Of Two Gunmen (Victory) The Futureheads – News And Tributes (WEA) The Strike Boys – Being In A Boy Group (Stereo Deluxe) The Truffauts – Tous Les Dimanches (Skycap) The Unisex – White Days (Soulfood) V.A. – History Is Bunk 1 & 2 (MDM / Alive) V.A. – Nordische Kombination (Noise Deluxe)

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