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Reingehört: Damien Rice, Trail of Dead, The Walkmen und Fiva MC

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Damien Rice – 9 (14thFloor) Schönste Herzschmerz-Singersongwriter-Musik, die Themen besingt, die man gar nicht oft genug besingen kann: Liebe, Betrug, Vergebung, Verlassensein. Vier Jahre hat der irische Songwriter Damien Rice an seinem neuen Album gearbeitet, nachdem er für sein Debüt „0“ in Irland dreifach mit Platin ausgezeichnet wurde. Nun also ein Schnörkel mehr in der Ziffer des Album-Titels und auch ein paar musikalische Schnörkel mehr. Im Duett mit der zauberhaften Sängerin Lisa Hannigan schraubt er sich in „9 Crimes“ und dem herrlich kitschigen „The Animals Were Gone“ mit einem Battallion an Streichern, Celli, Percussion und Engelschören im Rücken in Opern-eske Sphären. Andere Stücke wiederum wie das – von einer Bombast-Refrain-Einlagen mal abgesehen - nur mit Akustikgitarre instrumentiertem und von Damien Rices charismatischer Stimme getragenem „Elephant“ erinnern in ihrer Intensität stark an Conor Oberst. „Rootless Tree“ geht dann eher in die Format-Radio-Pop-Ecke genauso wie „Dogs“, werden aber mit „Coconut skins“ von 1-a-Lofi-Geschrabbel abgelöst. Fazit: Von dieser „Herzscheiße“ (Funny Van Dannen) kann es doch eigentlich nie genug geben.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Furia – Piece Of Paradise (Labels) Oha, diese Damen gehen in die Vollen – aber leider nur mit dem Namen: die Rachegöttinnen der römischen Mythologie kommen nicht aus der Unterwelt, sondern aus dem norwegischen Dörfchen Os in der Nähe von Bergen. Und dort bzw. in Norwegen verkörpern die fünf Norwegerinnen schon seit 1995 Zorn und Vergeltung. Sie waren sieben Jahre fast ununterbrochen auf Tour (ihre Livequalitäten werden deshalb auch besonders gerühmt) und nahmen erst 2002 ihren ersten Tonträger auf – eine EP. Ihr Debütalbum „…And Then We Married The World“ ist bei uns sogar erst letztes Jahr erschienen. Wenn man in „Piece Of Paradies“, das zweite Album der mittlerweile nur noch vierköpfigen Band reinhört, ist vom heiligem Zorn der Erinyen aber leider wenig zu hören, sondern nur eher langweiliger Gitarrenpop.


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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

The Walkmen – A Hundred Miles Off (Talitres) Eine schepprige Trompete, eine noch mehr scheppernde und ziemlich verstimmte Gitarre und dazu die nörgelnde, scheppernde und leicht leiernde Stimme von Sänger Hamilton Leithauser. The Walkmen aus New York, die Überreste der einst als next big thing gefeierten Band Jonathan Fire * Eater, sind ein einziges großes, aber sehr sympathisches und durchaus berührendes Geschepper. „A Hundred Miles Off“ ist bereits ihr drittes Album und es beginnt furios: „Louisiana“ kommt wie direkt aus der Wüste herübergestaubt, mit Karibik-Schunkel-Beat, Lagerfeuergefühl, Sombrero und Mariachi-Sound. Danach wird sich aber sofort in den Keller oder die Garage zurückgezogen und wieder ordentlich Lo-Fi geschruppt und geklöppelt. Aber auch das will beherrscht sein und wird von The Walkmen geradezu perfekt beherrscht: vor allem im mitreißendem „Emma, Get Me a Lemon“. „Lost in Boston“ hat geradezu Strokes-Qualitäten und selbst Leithausers Stimme hört sich da plötzlich fast nach Casablancas an. Oder war es vielleicht umgekehrt? Wie auch immer – eine Entdeckung diese Platte und diese Band. Fankritik von tobias-moorstedt

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Illustration: Julia Schubert

Trail Of Dead - So Divided (Interscope) In der Pop-Kritik sind Bilder und Geschichten oft mächtiger als die Musik. Hey, ist ja auch einfacher ein paar Sätze über Lebenslauf, Artwork oder Presseschau einer Band zu schreiben, als sich all die Noten in Arial 12 zu übersetzen. Trail of Dead haben den verklatschten Popjournalismus immer wieder durch kleine Märchen und Lügen torpediert, behaupteten also zum Beispiel sie lebten als Kommune in dem Leuchtturm beim Austin Town Lake. Ok. Kritik angekommen. Trotzdem kann ich hier nicht über Musik schreiben. Das Cover der neuen Trail of Dead-Platte “So Divided” ist so toll. Eine goldene Tapete, durch einen Riss guckt ein Manga-Mädchen mit Rußaugen hindurch. Das Bild sieht aus wie ein lange verschollenes Gustav-Klimt-Gemälde. Das passt, denn auch die Musik kommt bei TOD ja so Fin-de-Siècle-mäßig daher: absinthschwangeres Akkordeon, düstere Endzeitstimmen, die auf dem letzten Album „Worlds Apart“ schon mal in ein klagendes Kreisch-Crescendo mündeten. „So Divided“ geht dieses irrsinnige Funkeln in den Tönen irgendwie ab, aber TOD machen stattdessen das, was sie ebenso gut können: Für die Gitarren-Balladen hätte sich Mr. McCartney nicht geschämt und die schwankend-melodiösen Gitarrenwände hätte Mr. Gallagher nicht besser hingekriegt. Die beste Britpop-Band der Welt kommt zurzeit aus Texas. Und anders als die Kollegen von der Insel, haben Trail of Dead eine Ahnung, was echte Verzweiflung ist, und wie sie sich anhören sollte. Fankritik von christina-kretschmer

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Illustration: Julia Schubert

V.A. - Heavy Breathing Vol 1 & 2 (Normal Records) Stöhn, ächz, stöhn, stöhn. Ungefähr so hören sich die Lieder an, die auf dieser vierteiligen Compilation (die ersten beiden sind gerade erschienen, Vol. III und IV kommen im Februar) versammelt sind. Es sind Lieder, die eines verbindet: es wird in ihnen gesexelt, dass es nicht nur Reli-Lehrerinnen die Schamesröte ins Gesicht treibt. Wenn Swamp Dogg eine akustische Live-Version von einem unerhört lange dauernden Extrem-Orgasmus ins Mikrophon stöhnt, ist das für ungewohnte Ohren einfach ein bisschen viel Tobak. Das macht aber gar nichts, denn diese Compilation, in mühsamer und Jahrelanger Arbeit zusammengestellt von Hias Schaschko, ist keine Durchhör-CD, sondern eher eine bewundernswert wundersame Sammlung obskurer Tracks, die eines verbindet: sie sind ausnehmend versaut und oft sehr lustig anzuhören. Die Inspiration für diese Kompilation von Stöhnsongs bekam Schaschko vor 15 Jahren von seinem Anrufbeantworter. Eine weibliche Anruferin, von der er bis heute nicht weiß, wer das war, hatte ihm minutenlang darauf gestöhnt. Im Laufe der Jahre kamen dann hunderte von Songs zusammen, die er jetzt auf vier CDs veröffentlicht, aufgeteilt nach Stilrichtungen. Teil 1 versammelt „Greasy Listening“, Exotica und „Sextronica“, Teil 2 ist dem funky Stöhnsound gewidmet, Teil 3 und 4 gehen in Richtung House und Electronica. Die meisten Songs sind eher obskurer Natur, aber auch bekanntere Interpreten, wie N.E.R.D, Ike & Tina Turner oder Screamin’ Jay Hawkins sind darauf vertreten. Einzig neuer Song ist ein Sample von besagtem Anrufbeantworter-Auftritt. Den Schaschko zusammen mit Musikern von F.S.K. neu interpretiert hat. Großartig, das.


The Frames – The Cost Und gleich noch eine dreifach Platin gekrönte Band aus Dublin. Der Sänger der Frames, Glen Hansard, ist manchen vielleicht vor allem durch den Film „Die Commitments“ über eine junge irische Soul-Band bekannt. Als zaghafte Akustika mit ausholenden Stadiongesten beschreibt tonspion.de die Musik der Frames und trifft es damit ziemlich gut. Ein Rock-Epos, das die alten Dinosaurier Bands wie Supertramp bestimmt nicht besser gekonnt hätten. Aber die mochte man ja auch nicht. Zwischendrin aber doch immer wieder erstaunlich anrührend und an Lambchop erinnernd.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Fiva & Radrum – Kopfhörer (Kopfhörer Recordings) „Offengestanden: Ich hasse Rapmusik, ich finde sie schrecklich, sie ist ordinär und brutal und abgesehen davon noch einen Tick frauenfeindlich“, moniert eine Stimme zu Beginn des Albums. „Wir sind auf der Suche nach Leben auf dem Blingbling-Biatch-und-Was-geht’n-Planeten“, antwortet die Rapperin Nina Sonnenberg, besser bekannt als Fiva MC. Die Münchnerin hat jetzt mit ihrem langjährigen Wegbegleiter, DJ Radrum, das zweite Album veröffentlicht. Ihre Themen sind eigentlich klassisch: Gras, Gott, Liebe, Rap- und Gegenwartskritik. Eigentlich hat sie zu diesen Themen auch keine neuen Thesen. Irgendwie macht es aber trotzdem viel mehr Spaß als sonst. Dank ihres Talents zum Formulieren, ihrem Hang zur Poesie (den sie auch sehr erfolgreich auf Poetry Slams auslebt), einem genauen und ironischen Beobachterblick – gepaart mit den unauffällig-wunderbaren Beats von Radrum – ist „Kopfhörer“ eine der interessanteren Veröffentlichungen des Herbstes. (hannes-kerber) Außerdem erscheinen: Stonepark – Tracks (India) Watch TV & The Primetimes – Discolexia (HiTop) The Passive Fists – At The Campus Café (The Passive Fists) Five! Fast!! Hits!!! For A Fiver (Konstant Mesh) Incubus - Light Grenades (Immortal) Swanlake – Beast moans (Jagjaguwar) Tillmann – Vorsicht, fahrstuhl! (bumrecords)

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