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Reingehört: Feist, Kings Of Leon, Joyside und Lady Saw

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Lied: "Sea Lion Woman" von Feist Ausgesucht weil: hier klar wird, dass das einzige Instrument, das Leslie Feist benötigt, ihr Stimme ist. Ausgesucht von: The Reminder (Universal)

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Eigentlich eher ein untypisches, geradezu hysterisches Lied für diese sehr ruhige Platte mit Songs voller Schmerz: Klingeltonartige Synthie-Sounds, rhythmisches Klatschen, ein Gospel-Chor und darüber eben diese Stimme, die sich so schwer in Worte fassen lässt: glasklar, aber gleichzeitig erdig, voll und warm, nichts Elfenhaftes oder leicht Kinderstimmenartig Quäkendes, was singende Frauen ja oft auszeichnet, sondern mehr wie Whiskey oder samtiger Rotwein. Wenn Leslie Feist ihre Stimme erhebt, hat man das Gefühl, Singen sei das selbstverständlichste Ausdrucksmittel der Welt und als wüsste diese Stimme schon von all dem, was ein Mensch in einem langen Leben erkleiden kann. Sie wurde mit Norah Jones und Katie Melua verglichen und mit fast jeder Singer/Songwriterin, die es gegeben hat. Aber sie ist weitaus faszinierender als viele ihrer Kolleginnen, allein ihrer musikalischen Bandbreite wegen: Als Schülerin sang sie in einer Punkrock-Band, weil sie eine Zeitlang auf ärztliche Anweisung nicht singen durfte, lernt sie Gitarre spielen und stieg als Gitarristin bei der Band Divine Right, vor sieben Jahren lernte sie die Musikerin Peaches kennen und sang auf deren erstem Album, war Teil des Musikerkollektivs Broken Social Scene und veröffentlichte 2004 ihr Solo-Album -Debüt "Let It Die", das in Kanada mit Platin und in Frankreich mit Gold ausgezeichnet wurde. Was soll man dazu noch sagen? Manchmal gibt es eben doch noch Wunder im Popgeschäft und Lieder, in denen man sich verlieren kann wie in der herrlichen Soul-Schmonzette „Limit To Your Love“, das das mein wahres Lieblingslied auf „Reminder“ ist. Hier kannst du in: Reminder reinhören. Lied: True Love Way von den Kings of Leon Ausgesucht weil:es an die großen Zeiten des Debüts „Youth & Young Manhood“ anknüpft Ausgesucht von: dem dritten Album "Because Of The Times" (Sony BMG)

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Eine zerberstende Glühbirne ziert das Cover des neuen Kings of Leon-Albums. Sie hält dem Schalldruck nicht stand und tatsächlich ist man ein bisschen überrascht, wie explosiv und rockig vor allem der erste Teil des neuen Albums immer wieder ist. Es hört sich so an, als hätten sich die Söhne des Wanderpredigers Leon die Bärte gestutzt und sich ein urbaneres Outfit zugelegt. Teilweise viel Geschrei und amtlicher Rock wenig von dem liebenswürdigen, staubtrockenen, herrlich uncoolen und unaufgeregtem Nashville-Old-School-Cuck-Berry-Südstaaten-Blues-Country-Rock’n’Roll, mit dem sie berühmt wurden. Streckenweise hören sie sich eher an, wie eine weitere der zahllosen Lifetsyle-Post-Punk Bands. Doch dann erklingen die ersten Akkorde von „True Love Way“ und da ist es plötzlich wieder, dieses Lauernde in der Musik, das aber nie richtig ausbricht, das aber genau aus diesem Grund einen Song so großartig macht. Er hat es nicht nötig bis zum Äußersten zu gehen, denn er ist auch so schon viel besser: Er trägt den des Bob Dylan-esken Geist des Hobos in sich – und die restlichen Songs zum Glück auch. Lied: “Let Freedom Ring” von Tom Morello alias The Nightwatchman Ausgesucht weil: sich Tom Morello hier als Nachfolger des „Man in Black“ Johnny Cash outet Ausgesucht aus: Dem Debütalbum „One Man Revolution“ (Red Ink)

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Wenn nur das Klavier nicht wäre und dieser schnulzige, billig klingende Synthesizer, der am Schluss einsetzt und dieses großartige Lied fast versaut, könnte man bei „Let Freedom Ring“ tatsächlich meinen, Johnny Cash wäre wieder auferstanden und hätte seine Gitarre ausgepackt, um mit seiner dunklen, weichen Stimme einen letzten Song zu singen: ein Friedenslied. Durch das Debütalbum des Ex-Rage-Against-The-Machine- und jetzigen Audioslave-Gitarristen Tom Morello weht der Geist von Amerikas größten Protestsong-Größen Woody Guthrie und Bob Dylan. Der in New York geborene Politaktivist Morello hat 2002 zusammen mit Serj Tankian von System of a Down die Organisation Axis of Justice gegründet, um Musiker, Fans und Aktivisten zusammenzubringen und für soziale Gerechtigkeit zu kämpfen. Seinen politischen Aktivismus hat er von seiner Familie geerbt: Sein Großonkel war der erste Präsident Kenias, sein Vater Guerillakämpfer und seine Mutter Gründerin einer Organisation gegen Zensur. Wenn Audioslave gerade mal nicht im Studio oder auf Tour waren, war der 42-Jährige als Singer-Songwriter nur mit seiner Akustikgitarre in kleinen Caféhäusern oder auf politischen Veranstaltungen unterwegs, um als Robin Hood der Musik gegen Bush, den Irakkrieg, Folter, geheime Gefängnisse und Konzerne anzusingen, die durch das Leid armer Leute reicher werden.


Lied: „All Night“ von Joyside Ausgesucht weil: Joyside der Albtraum des chinesischen Mainstreams sind Ausgesucht aus: Boose At Netptune’s Dawn

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

„Ich möchte singen, trinken und ficken”, sagt Joyside-Frontmann Bian Yuan über seinen Masterplan. Der von Sid Vicious sah wahrscheinlich ähnlich aus. Joyside ist die berühmteste chinesische Indierock-Band und tourt nicht nur gerade durch Deutschland, sondern wird auch in dem Dokumentarfilm „Beijing Bubbles“ porträtiert, der gerade in den Kinos angelaufen ist und den Underground in Peking vorstellt. Sie tragen Iros, zerrissene Hosen und Nietenarmbänder und wollen Rebellenmusik machen, „Rebellenmusik für die Apokalypse“, wie sie sagen. Aber wenn sie in knödeligem Englisch den Stones Klassiker „Out of Time“ singen mag die Musik von Joyside aber höchstens noch für chinesische Ohren apokalyptisch klingen. Rebellion hören unsere durch fünfzig Jahre Aufbegehren im Namen von Sex, Drogen und Rock’n’Roll gestählten Rebellions-Ohren nicht mehr wirklich raus. Eher harmonischen, melodiösen Indierock. Dennoch interessant, zu sehen, was sich von der großen Erzählung Rockmusik wie angeeignet wird und wie die Erzählung dadurch zugleich weiter geschrieben und verändert wird. Lied: "No Less Than A Woman" von Lady Saw Ausgesucht weil: Mama Saw hier nicht bad girl, sondern ganz sanft und emotional ist. Ausgesucht aus: „Walk Out“ (VP records)

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

„My level right now is untouchable, my spot can’t be taken! It doesn’t matter who comes and who goes they are not my problem!”, verkündet die Grande Dame des jamaikanischen Reggae. Ich mag so großmauliges Gepose von Frauen ganz gerne: Unter dem größten Wurf aller Zeiten macht es Lady Saw nicht. Auch auf ihrem achten Album sind ihre Hiphop-Dancehall-Tracks wie etwa „Like It“, „Me and My Crew“ oder „Stray Dogs“ immer noch so rau, kraftvoll und böse, dass sich die Mutter dreier Adoptivkinder auf den Tanzflächen nicht vor den männlichen Großmäulern verstecken muss. Dazwischen streut Lady Saw aber immer wieder schöne Reggae-R’&’B-Schnulzen. Bemerkenswert ist „No Less Than A Woman“ aber nicht nur aus musikalischer Sicht. In dem sehr persönlichen Stück verarbeitet sie die Erfahrung, dass unfruchtbare Frauen in ihrem Kulturkreis oft nicht als vollwertige Frauen akzeptiert werden. Aber sie wäre nicht Lady Saw, wenn sie nicht eine Antwort darauf hätte: "Not having a child don't make me any less than a woman".

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