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Reingehört: Goldrush, Kitty Solaris, Ingenting und Goose

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Goldrush – The Heart Is The Place (City Slang) Das Intro mit mehreren Gitarren, scheppernder Hi-Hat und fanfarenartiger Keyboard-Melodie kündet wie ein wortloser Refrain zweieinhalb Minuten Großes an, dann setzt diese permanent leicht heisere Stimme von Goldrush-Sänger Robin Bennett ein und die Fanfaren tauchen wirklich im Refrain wieder auf. Beim ersten Hören tönt das neue Goldrush-Album jedoch eher unspektakulär und man hat das Gefühl, die Platte kann nicht halten, was das Intro verspricht. Aber nach und nach schrauben sich die mal britpoppigen, mal verletzlichen, mal hymnischen Melodien tief in die Ohrmuscheln und sitzen dort dann ziemlich fest. „We are not the way we were“, singt Bennett in „Everyone of us“. Als Goldrush mit den Aufnahmen zu einem neuen Album beginnen wollten, stand es nicht gut um sie. Der Sound klang ideenlos, die Band zerstritt und zerstreute sich, die Trennung stand kurz bevor. Nach zwei Jahren auf Tour fanden sich Sänger Robin und Gitarrist Garo plötzlich wieder in ihren kleinen Heimatorten zu Hause bei den Eltern wieder, ohne Geld, ohne Band und fühlten sich zunächst wie im falschen Film: „the wrong side of 25“. Doch die Abgeschiedenheit entpuppte sich als Rettung: In einem Schuppen waren die üblichen Bedenken im Hinterkopf beim Musizieren plötzlich wie weggeblasen, die beiden konnten einfach drauf los spielen und endlich die Musik machen, die sie selbst anhören wollten. Von der klassischen Gitarre-Schlagzeug-Bass-Indierock-Struktur ist nicht mehr viel übrig. Stattdessen: vielschichtige, manchmal etwas ausufernde, aber immer feinmaschig arrangierte und mit Saxophon, Querflöte, Xylophon, Streichern und allerlei Geräuschen verzierte Lieder. Das Vogelgezwitscher bei „Goodbye Cruel World“ wirkt zunächst vielleicht ein bisschen arg kitschig (gerade in Kombination mit diesem Titel), aber spätestens nach Songs wie „Heaven’s My Destination“ und „The Heart Is The Place“ ist man selbst dafür bereit.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Kitty Solaris – Future Air Hostess (Solaris Empire) Singer/Songwriter wie Cat Power, Stina Nordenstam und der todtraurige Bill Callahan aka Smog sind die Vorbilder der Berliner Künstlerin Kitty Solaris und das bedeutet: Lieder voller Schwer- und Wehmut und Melancholie, bei denen das Scheitern, vor allem das Scheitern von Liebe und Beziehungen, immer mitgedacht ist. „I Said Fuck You“ singt Kitty Solaris denn auch sehr eindringlich in „I Can Post“. Dabei erinnert sie in ihrer Verzweiflung und mit dem düsteren Gitarrenteppich im Rücken fast an Kim Gordon von Sonic Youth, nur um ein Lied weiter in ihrer Zartheit schon fast wie die einzigartige Nico zu klingen. Im Ambiente von Hotelzimmern, Küchen und Bars schießt sie die Schnappschüsse für ihre Lieder, die sich anhören, als wären sie aus jeder Zeit herausgefallen. Zum ersten Mal trat Kitty Solaris in den 90ern auf einer Kunstausstellung in Berlin auf, wo sie in Blumenkleid, Perücke und Federboa ihre todtraurigen Lieder performte. Bisher hat sie ihre Platten im Eigenvertrieb veröffentlicht, und ich hoffe, dass sie mit diesen zwölf bezaubernden Songs zwischen Lo-Fi-Pop, Tagtraum und melancholischem Minimalismus endlich etwas bekannter wird.


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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Ingenting - Mycket Väsen För Ingenting (Labrador) Sie haben einen unaussprechlichen Namen, der noch dazu nichts bedeutet, sie verweigern Presse-Fotos und was sie singen, versteht man auch nicht, weil ingenting tatsächlich die einzig Schwedisch singende Band auf dem schönen schwedischen Label Labrador Records ist. Aber „Mycket Väsen För Ingenting“ (Viel Lärm um nichts) ist ein sehr hörenswertes Album geworden. Die ersten beiden Glamrock-Songs, „Mycket Väsen För Ingenting“ und „Punkdrömmar“, in dem sich Bandleader Christopher Sander nach seiner Jugend als Punk zurücksehnt, machen wahnsinnig gute Laune und wenn man die Sprache könnte, würde man sofort mitgrölen. Franz Ferdinand können es nicht besser. Dann wird’s plötzlich ganz klavierklimperig, gitarrenzupfig und glöckchenklingelnd ruhig und ich bin sehr dankbar, dass das Label wenigstens zu ein paar Liedern die Übersetzung mitgeschickt hat. Denn wenn Sander in "Bergochdalbanan" singt: „Jetzt ist es so lange her, dass ich da war, in diesem Club, von dem immer alle reden, ich bin zu Hause geblieben, seitdem du weg bist, es ist so lange her, dass ich betrunken war (…) Stockholm City, Neonlicht, coole Karamellmenschen, oh deine Wenigkeit Taxi, Türsteher, zerbrochenes Glas, Achterbahn, oh meine Wenigkeit, hier ist das, was übrig blieb“, wer könnte da noch widerstehen? Ich jedenfalls nicht.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Goose – Bring It On (Skint) Schwer vorstellbar, dass diese Rave-Rocker aus dem belgischen Kortrijk vor sechs Jahren als AC/DC-Coverband angefangen haben. Aber so ist es. Heute schwärmt die britische Musikpresse, Goose brächten den "Dancefloor zum schmelzen" und hätten die „interessanten Dancetracks seit Jahren" produziert und eine internationale Brause-Firma hat sie für ihre europaweite Promokampagne eingespannt. Auch hierzulande werden sie schon als die Newcomer 2007 gefeiert. Sie selber sagen: „Wir machen elektronische Rockmusik und bringen den Rockfaktor und die Synthesizer in den Club.“ Und wenn die ersten Syntheziser-Takte der großartigen Single „British Mode“ erklingen, kann man sich selbst am Büroschreibtisch lebhaft vorstellen wie die Tanzfläche zum Moshpit wird. Electroclash is Back. Juhuu. Hier kann man sich das Video zu British Mode anschauen.


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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

V.A. – Urban Africa Club (Outhere) Zu Hause in Johannesburg ist Zola ein Star: seine Fernsehshow sehen jede Woche sieben Millionen Menschen, er lieferte den Soundtrack für den Oscar-prämierten Film „Tsotsi“ und nahm mit Peter Maffay den Opener für dessen Album „Begegnungen“ auf. Hierzulande kennt ihn dennoch kaum jemand. Das ist schade, denn als ich seinen harten „Kwaito“ (einen Mix aus House und Hiphop gesungen in Zulu, mit dem die schwarze Jugend Südafrikas den Beginn einer neuen Ära feierte) das erste Mal hörte, hat mich diese Musik fast umgeblasen. Noch nie habe ich so etwas Aggressives und Mitreißendes gehört. Zola eröffnet diesen Sampler, auf dem uns das Münchner Label Outhere Records die vielen neuen, urbanen Musikstile und deren Stars vorstellt, die in den letzten Jahren in Afrika entstanden sind. Ein guter Einstieg in eine vielfältige und vor allem spannende Musikszene. Kitty Empire – Mélasse (Kollaps) Kitty Empire aus Augsburg, das ist postrockiger, noisiger Indie-Rock mit vielen Rückkopplungen à la Dinosaur Jr., Sonic Youth und frühen Notwist inklusive einer flehentlichen, distanzierten, hinter der Musik zurücktretenden Stimme und prägnantem Bass. Die Balance zwischen Lärm und Melodie, zwischen tosendem Ausbruch und Harmonie wird jedoch nie verloren und beim Hören fällt mir wieder ein, warum ich diese Musik so liebte und ich frage mich, warum sie eigentlich so aus der Mode gekommen ist. Außerdem sind diese Woche erschienen: Marlango – Automatic Imperfection (Emarcy) Hinter dem spanischen Trio Marlango stecken der Pianist Alejandro Pelayo, der Trompeter Oscar Ybarra und die Schauspielerin Leonor Watling, die mit Rollen in den "Hable Con Ella - Sprich Mit Ihr" und "La Mala Education - Schlechte Erziehung" von Regisseur Pedro Almodovar bekannt wurde. Die Mischung aus Chanson, Pop und Bar-Musik wurde in Spanien mit einer Goldenen Schallplatte ausgezeichnet und ist sehr schön melancholisch. Finkenauer – Beste Welt (Supersonic Records) Funkstörung – Appendix (!K7) Max Min – Bright Is The Silence (Kalinkaland)

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