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Reingehört: Mit Arcade Fire, Grinderman, Air und anderen

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Lied: "Intervention" von Arcade Fire Ausgesucht weil: Sänger Wim Butler hier den wahnsinnig tollen Satz singt: „Singin' hallelujah with the fear in your heart“ Ausgesucht aus: "Neon Bible", dem zweiten Album von Arcade Fire (City Slang)

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Wenn die Kritiker schon Wochen vor der Veröffentlichung eines Albums anfangen, darüber zu schreiben, dann heißt es: Aufgepasst – hier kommt die Platte des Jahres, wenn nicht gar des Jahrzehnts! Der Titel wichtigste Platte des noch jungen Jahrtausends ist schon vergeben: an die erste Platte von Arcade Fire „Funeral“. Ich werde normalerweise immer ganz schnell misstrauisch bei so was und denke, schon wieder so ein Hype. Bei der zweiten Platte von Arcade Fire aus Montreal ist das anders. Mit jedem Artikel wurde die Vorfreude größer und, um es erst kurz zu machen: das Album ist der Hammer. Verhalten, geradezu minimalistisch beginnen viele Songs, um dann über zahlreiche Klangschichten aus Mandolinen, donnernden Pauken, grollenden Bässen, vielen Streichern, Bläsern, Drehleiern, Akkordeon und Kirchenorgeln ins Symphonische anzuschwellen. Aber nicht ins Himmlische und Übersinnliche, wie man nach dem erhebenden Heilsarmee-Folkrock von „Funeral“ meinen könnte, der uns den Mut zu Utopien zurückgab, und wo das ganze Album doch in Kirchen aufgenommen wurde. Auf „Neon Bible“ wird nicht mehr musiziert, sondern vielmehr eine düstere Messe zelebriert, auf der von Tod, Teufel, Fanatismus, Gewitterwänden, Sintfluten und dem drohenden Weltuntergang verkündet wird. Manche meinen, hier werde in elf Liedern das Lebensgefühl einer Generation zwischen Terrorismus und Klimawandel vertont. Ich meine: mir ist das egal, diese Musik spendet bei all ihrer Düsternis einfach großen Trost und ist spektakulär. Lied: „No Pussy Blues“ von Grinderman Ausgesucht weil: Der Titel dieses Lieds einfach super ist und Grinderman alles andere als Musik für Waschlappen machen Ausgesucht aus: Grinderman (Mute)

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Wow, wer hätte das von dem alten Haudegen Nick Cave gedacht, dass der noch mal so richtig auf die Kacke haut und nicht nur düster ist, sondern noch dazu schrägen, bluesrockigen Krach macht. Mit Feedbackschleifen und rudimentären Melodien. Mit Grinderman hat Nick Cave seine alten Mitstreiter von The Bad Seeds noch mal aus der Gruft ausgegraben und knüpft an die schon ziemlich alten, aber um so dreckigeren Raubeinzeiten seiner ersten Band The Birthday Party an. Die gilt zwar als eine der einflussreichsten Post-Punk-Bands, ein Kritiker schrieb über sie aber auch mal, sie sei Furcht einflößender als John Cale und Alfred Hitchcock zusammen. Und auch Grinderman klingen wie aus dem Maschinenraum der Hölle aufgenommen. Nick Cave über seine neue Band: „Der Name fasst das zusammen, was wir tun. Wir schinden (engl. to grind).“ Und das tun sie sehr überzeugend. Manchmal nervt der Krach ein bisschen, meistens lässt er aber die spärlichen Harmonien umso kraftvoller strahlen. Jedenfalls wird einem einmal mehr klar, dass Rock schon mal ganz anders geklungen hat als er heute in Zeiten dominierender Britrock-Bands meistens klingt. Hier und hier kannst du "No Pussy Blues" hören. Lied: „I Wish I Could See You Soon” von Herman Dune Ausgesucht weil: Nach all dem Düsteren, jetzt mal was luftig, lustig Poppiges kommen muss. Ausgesucht aus: „Giant“ (Labels)

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Fröhlich scheppern, holpern, stolpern und galoppieren sich die Dunes, die sich bis zur letzten Platte noch Düne schrieben, durch ihre LoFi- und Antifolk-Welt und singen von schönen Alltäglichkeiten wie denen, ob man einen Drink will oder nicht. Die Lieder hören sich manchmal ein bisschen an wie das Leben der Band, das sich zwischen der Heimat Paris, New York und Berlin abspielt – flattrig, rastlos und nie ganz entschlossen. Jede Menge Perkussion und Bongos dengeln auf diesem Album daher, Flöten, Ukulelen sorgen für einen wohlig warmen Klang, der manchmal aber gar ins allzu Niedliche und Possierliche abgleitet und so ein „Unsere kleine Farm“-Gefühl vermittelt. Was mir aber an der ersten Single „I Wish I Could See You Soon” ausnehmend gut gefällt ist der Groove einer Bourbon-Bläsertruppe und dem zum Steine erweichenden Chor der Girlband The Woo-Woos, die die Dunes auf diesem Album unterstützen. Das macht einfach nur gute Laune. Hier und hier kannst du "I Wish That I Could See You Soon" sehen und hören. Lied: “Once Upon A Time” von Air Ausgesucht weil: weil Air und der Ausdruck „Once Upon A Time“ gut zusammen passen. Ausgesucht aus: „Pocket Symphony“ (Virgin)

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Bei Air muss ich immer automatisch an die Neunziger denken, obwohl nur „Moon Safari“ und die großartige 5-Track-EP „Premiers Symptomes“ Ende der Neunziger erschienen sind. Diese fließenden, weichen Elektronikklänge mit ein bisschen Gesang darüber, dieses entspannte Dahindümpeln und Durchatmen, mal schwerelos wie auf „Moon Safari“ und auch wie in dem ausgewählten Song „Once Upon A Time“, mal eher düsterer und seltsam wie auf „10000 Hz Legend“, das hat mir elektronische Musik ans Herz wachsen lassen. Aber irgendwann habe ich mich an dem Sound satt gehört und überhört. Ich habe das Gefühl in jeder Bar und Lounge liefen Air jahrelang rauf und runter und man nahm die Musik gar nicht mehr wahr, weil sie sich so perfekt jeder Umgebung anpasste. Auch bei dieser Platte habe ich das Gefühl, die Musik läuft so vor sich hin, ohne dass man viel mitbekommt. Irgendwie anschmiegsam und sich anpassend wie ein Chamäleon, aber ohne zwingende Töne. Durchaus schön, mit Xylophon und Klavier, gläserner Stimme hier und da, zarter Elektronik, manchmal gar Singer/Songwirter-esk mit akustischer Gitarre, aber ehrlich gesagt, ein bisschen fad.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert
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