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Reingehört: Mit LCD Soundsystem, The View und Frank Zander und Maria Taylor

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Lied: „Superstar Tradesman“ von The View

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Ausgewählt weil: Working Class rules okay! Ausgewählt aus: „Hats off to the Buskers“ (1965records) Muss man schon Band werden, wenn man aus Schottland stammt, doch dumm nur, wenn die Fatzkes von Franz Ferdinand die Deutungshoheit über Schotten-Pop etc pp haben. Was macht man da? Aus der Not eine Tugend, haben sich die – muss man zwingend so nennen: – Lads von „The View“ gesagt, die ihren Namen einst fanden, weil sie, wie schön, „im Hinterzimmer ihres Stammpubs „The Bayview Bar“ ihren eigenen Songs zu schreiben und einzuüben“ begannen, wie ich ungeübter, aber recherchefauler Pop-Kritiker dem beigelegten Informationszettel entnehme. Wie heißt das Ding in Pop-Sprech? Waschzettel, oder? Dufte, das nutze ich gleich zu einem Gleichnis, denn, täterää, so waschzettelwuschig kommt auch „The View“ in unser aller Lieblings-Pub spaziert, mit zierlichen Gitarren und hartem Akzent, was wunderbar klingt bei „Superstar Tradesman“. Der Waschzettel schreibt dazu: „Jedes Stück besitzt Hymnenqualitäten, besonders „Superstar Tradesman“, eine Sing-Along-Geschichte über die Plackerei in den Arbeitersiedlungen“. Keine Ahnung, was das heißen soll, aber ich würde mal sagen: Stimmt. Jede Wette, in Britpop-Bunkern wie dem hiesigen Atomic Café springen sich schon bald kleine Indie-Mädels und Jungs mit gelangweiltem Gesicht zu „Superstar Tradesman“ gegenseitig auf die Füße und erklären „The View“ aus Dundee zu den Nachfolgern von Franzens Ferdinand aus Glasgow. Schön auch: „The View“ sind „geradezu alarmierend jung“, wie der Waschzettel fabuliert – und wer möchte das bitteschön nicht sein, geradezu und alarmierend und jung? roland-schulz +++ Lied: „Oh Susi (Der zensierte Song)“ von Frank Zander

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Ausgewählt weil: George W. Bush sich endlich erleichtert zurücklehnen kann – die Weapons of Mass Destruction konnten gar nicht im Irak sein: Frank Zander war gerade dabei, sie zu vertonen Ausgewählt aus: „Frank Zander 2 CD Kult Editionen – die originalen Hits“ (Zett Records) Manchmal denke ich mir, die Christina von der Pop-Redaktion mag mich nicht – jetzt weiß ich es: Es ist ganz anders, sie liebt mich. Schließlich hat sie mir dieses Doppel-Album von Franz Zander zur Besprechung hingelegt, und das würde niemand seinem ärgsten Feind zumuten. Auf dem Album-Cover ist Frank Zander mit einem Wikinger-Helm drauf, die Lieder heißen „Dann Prost mein Freund“ oder „Bleib cool, Alter“ oder eben „Oh Susi (Der zensierte Song)“, und wäre ich jetzt so ein cooler alter Popkritiker wie der kranke Max, würde ich schreiben: Frank Zander steht im Rufe, ganz arg und tatsächlich: zu langweilen. Der Berliner, der schon musikalische Mitte war, als noch niemand von Mitte sprach, war auf dem Gebiet der BRD einst das musikalische Äquivalent der Abschreckung und hat uns vor dem Russen featuring Wolf Biermann beschützt, zeitigt nun aber doch massive Abnutzungserscheinungen, worüber auch seine seichten Hammond-Orgel-Sätze und sonsterlei Blendwerk im durchweg schlechten Songwriting nicht hinweg täuschen können. Da ich aber nicht der gute Max bin, der in seinen fein ziselierten Kritiken gerne das Florett gegen schlechte Musik ins Felde führt, sage ich: Scheiße, Scheiße, Scheiße. roland-schulz +++ Lied: „New York, I Love You But You Are Bringing Me Down“ von LCD Soundsystem

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Ausgewählt weil: Weil man nach einem hektischen Tag auch mal zur Ruhe kommen muss. Ausgewählt aus: „Sound of Silver“ Auf dem Cover des Vorgänger-Albums, das wie die Band LCD Soundsystem hieß, sieht man eine ramponierte Diskokugel – und man sieht sie in zahlreichen schönen Altbauwohnungen interessierter junger Menschen. Dort wird man, soviel kann man selbst als Laie prophezeien, bald auch die Überwachungskamera des Nachfolgers „Sound of Silver“ sehen. Denn LCD Soundsystem findet man gut. Auch ist die Band irgendwie sympathisch, obwohl mir spontan gar kein Lied einfiel, als ich „Sound of Silver“ zum Reinhören bekam. Das ist ungerecht, denn die Songs auf dem neuen Album lohnen sich alle neune. Ausgewählt habe ich aber den neunten, denn er hat den besten Titel: „New York, I Love You But You Are Bringing Me Down“ ist absolut untypisch für das Album. Eine weiche Männerstimme singt zu den Klängen eines sanften Pianos. Fast drei Minuten schunkelt das sehr ruhig und sehr gemütlich vor sich hin, dann bäumt sich der Song zum Ende des Albums auf und übernimmt kurz wieder das Tempo, das die acht Liedern zuvor auszeichnet. Diese sind der perfekte Soundtrack für eine atemlose Hast durch eine sonnige Innenstadt voller Hindernis-Menschen, die die Songs souverän umkurven und mit unvermindertem Tempo durch die Stadt jagen. Das lässt den Puls etwas steigen und die Laune sehr. Wenn man am Ende der sommerlichen Hast angekommen ist, die Sonne sich langsam senkt und etwas kühler wird, ist „New York I Love You“ der perfekte Song, um wieder zur Ruhe zu kommen. dirk-vongehlen +++ Lied: "Small Part Of Me” von Maria Taylor

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Ausgesucht weil: das das Lied für alle Zweifler und Hin- und Hergerissenen ist. Intim aber wuchtig. Ausgesucht aus: Lynn Teeter Flower (Saddle Creek Europe) Yuppsa, da folkts. SingerSongWriterin nennt man die gute Dame wohl. Die Maria Taylor ist propper anzuschauen, kann Gitarre und spielt beim arrivierten Laienhörer leider gegen die Verwechslungsgefahr mit Frauen ähnlicher Couleur an. Den Typus Gitarrenmädchen plus Ruch/Honig/Erotik in der Stimme gibt es ja nun schon an einigen Ecken. Die einen haben es zur Ex-Freundin von Lance Armstrong gebracht, die anderen machen optisch den Dixie Chicks Konkurrenz. Taylor reiht sich ein, und erinnert vielmals an Nelly Furtado, ist nur ein bisschen un-mainstreamiger. Und da sind wir beim Problem: Ich muss behaupten, dass die Unterschiede zu anderen Singerinnen und Songwriterinnen halt nur graduell sind. Ein Unterschied ist das schön gemeinte aber eher langweilig umgesetzte Duo von Taylor mit Conor Oberst. Wo wir aber schon beim Conor sind: Kann man durchaus so sehen, dass Maria Taylor das ideale Komplementär zu Herrn Oberst ist. Soft, smart, bisl eckig, zum Reinverlieben angedüstert, so stimmungsmäßig, top Sonntagnachmittagmusik, wenn der Frühling nochmal Boxenstopp einlegt. Und es darum geht, die Rest-Trauer der dunklen Jahreszeit zu verleben. Maria Taylor ist Traurigsein mit angezogener Handbremse und einem Schmunzeln in Gedanken. Und den Schlusssatz bekommt jetzt ein Zitat aus dem Waschzettel: "Das Lied Smile and Wave webt ein Bett aus strawberry-fields-esken Melotronstreichern mit Bändern aus Marias Stimme, … eine seekranke Orgel dazu in Marias Klage ein." +++ Lied: "Mun ja Mun" von Adjágas

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Ausgesucht weil: Dieses Lied dich in die gute alte samische Trance beamt. Ausgesucht aus: Adjágas (Ever Records) Dolgematki heißt das Lied Nummer zwei und es geht mir höllisch auf den Geist. Dieser blöde samische Sprechgesang ist nicht zu ertragen. Da hilft dann auch die Entschuldigung nichts mehr, es handele sich doch um die Volksmusik von zwei "Samen". So heißen die Bewohner von Lappland und von denen gibt es nicht mehr allzu viele, sind so um die 60.000. Vorsicht: der Minderheitenstatus beziehungsweise die Aussterbegefahr gilt bitte nicht als Grund, die Herrschaften dufte zu finden! Es liegt schon an der Musik, dass man Adjágas (abgesehen von diesem Dolgematki-Song) nicht sofort vom Dekstop schubsen mag. Irgendwas hat dieses Klimpfklampf schon, das Sara Mariella Gaup, 23, und Lawra Somby, 26 (männlich), beide Sami (oder Samen?) so aufzaubern. Es dürfte sich um gregorianische Gesänge für Nordmänner handeln. Sehr ruhig, sehr naturbelassen. Und sobald man diesen Satz während des Hörens geschrieben hat, dringen afrikanische Stammesmusik-Anklänge in die Ohrmuscheln. Gaup und Somby machen Stilmixerei, die man, jetzt hab ich´s: Weltmusik nennt. Bisl kryptisch, bisl verspielt, dann und wann sehr Country und alles in allem Mantra-lastig („Mannimannimanni" … usf.). All das klingt sehr nach Elchen und Schnee und hin und wieder klirren auch die Halsglöckchen an den Elchhälsen, rein gedanklich, und hinterdrein treibt der Wind sanft dem Samen an sich den Schnee ins Barthaar, während der Same an sich am Lagerfeuer „mannimanni“-singend in eine ungewisse Zukunft blickt. Und neben ihm sitzen: Sigur Ros und, ein bisschen weiter weg vom Feuer, der Conor Oberst. Den frierts dann wahrscheinlich. peter-wagner

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