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Wow: Leonhard Cohen und Cat Stevens rezensiert, außerdem mehrere Jungsbands

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Yusuf – An Other Cup (Ya Records) Ha, Yusuf Islam, das war früher der Cat Stevens, ist ja bekannt, oder? Seit ganz vielen Jahren schon ist er kein Christlein mehr, und wird deswegen von der Terrorabwehr der USA gelegentlich mal des Landes verwiesen - trotz über 40 Millionen verkaufter Alben in den 60er- und 70er Jahren. Gute 25 Jahre lang wollte er mit Cat Stevens nichts mehr zu tun haben, keine netten Gitarrensongs schreiben, kein „Father&Son“ trällern, stattdessen hat er fünf Kinder gezeugt und im Koran gelesen. Jetzt aber, zack, ein ganzes Album das so klingt, als hätte Harold&Maude erst gestern Premiere gehabt: Yusuf singt mit seiner Cat-Stevens-Stimme sanfte neue Cat-Stevens-Songs. Da gibt es nichts dran zu mäkeln. Das ist in etwa so als würde Uwe Seeler wieder anfangen für den HSV Tore zu schießen – hätte ja auch keiner was dagegen. Yusuf klimpert, singt seine typischen Stoppklatsch-Refrains, dichtet folkige Gutmenschenlieder von besserer Zukunft und schöner Liebe und so. Top Weihnachtsgeschenk für Eltern, Lehrer und ähnliche.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Flinch – Her Mascara Bleeds My Eyes (capital east road) Hm, irgendwie hat mich der Plattentitel angelockt, jetzt stehe ich da und lese, dass hier zwei Jungs aus dem Sauerland die Musik machen. Und höre, dass das erste Stück dieses unheimlich lästige: Wir-sprechen-erstmal-geheimnisvoll-ein-Intro – Theater abzieht, auf das ich genauso allergisch bin, wie auf Kurzfilmtage und Mitmachtheater. Liebe Bands, die Platten bitte immer gleich vernünftig beginnen und nicht so schüchterne Intros hinpfriemeln. Was danach kommt, bei Flinch aus dem Sauerland, ist aber doch einigermaßen versöhnlich: Düsteres Elektro&Gitarrengesounde, dazu eine dunkle Männerstimme. Nicht gerade Rasiermesser, aber doch blutige Löffel die da verteilt werden. Gehobene Jungmännerwut, sehr ordentlich produziert und vor allem nicht vergessen, auch gute Lieder zu schreiben, zum ganzen dunkelwolkigen Geschrubbe. Empfehlenswert.


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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

News At Six - News At Six (Bexrecords) Wenn wir gerade in den mitteldeutschen Niederungen rumkreuchen, nehmen wir halt auch noch die News At Six Aufs Korn. „Kölner Power Pop Band“ steht im Pressebeileger, was ja in schlecht gelaunten Wochen schon mal eine direkte Beförderung in die Ablage 13 bedeuten könnte – nicht heute! Heute nehmen wir uns Zeit und hören ganz aufmerksam hinein, das ist auch nicht schwer, denn diese Jungs hier beherzigen meinen mehrfach geäußerten Wunsch, dass Debüts auch mal gerne ein bisschen weniger als 17 Lieder haben dürfen. Mit acht kurzen Liedern, wachsen mir die News at Six (leider blöder Schülerband-Name) aber gleich dermaßen in die Aorta, dass es spritzt. Kölner können ganz gut Pop machen, das ist mir jetzt schon öfter aufgefallen, Timid Tiger war ja auch so eine unkomplizierte Spaßmaschine wie die hier - schneller, guteglaunter Gitarrenpop, nie zu viel, nie zu lang die Lieder, einfach solide runtergeschrubbt wie das zum Beispiel die Fountains of Wayne oder die frühen Miles gemacht haben. Ich mag das, Collegeradio-Pop natürlich und keine Pulitzer-Texte aber eben auch nicht so unsympathisch gestyled wie „Fotos“ sondern ehrlich, Jeanshose und T-Shirt an, Mädchenküssen und BMX fahren, hurra! Fankritik von tobias-wullert

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Zombie Nation - Black Toys Mit scheppernden Beats eröffnet der Münchener Zombie Nation sein neuestes Album „Black Toys“. Danach kommt der dicke Wumms und warme Basswellen fahren durch die Beine und beseitigen die letzten Vorurteile, Maschinenmusik sei eine kalte Angelegenheit. Drei Jahre sind seit seinem letzten Lebenszeichen „Absorber“ vergangen. Drei Jahre, die er vor allem auf Clubbühnen verbracht hat. Denn wer Zombie Nation wirklich erleben will, sollte sich den Münchner Elektroniker live nicht entgehen lassen. Ob er sich als zotteliger Bär oder Spacemonster verkleidet, oder hinter seinem Pseudonym John Starlight verborgen bleibt, bei Florian Senfter lauerte die letzten drei Jahre ein aggressiver Basstard in seinem Zombie Studio, der jetzt endlich losgelassen werden kann. Kaum zu glauben, dass der Underground Act Zombie Nation 1997 mit „Kernkraft 400“ sogar auf Viva auftauchte und in England die Charts stürmte, und so gleich zu Beginn sogar eine goldene Schallplatte einheimste. Auch die erste Platte, die auf Hells International DJ Gigolo Records, mit dem makabren Titel Leichenschmaus veröffentlicht wurde, scheint Ewigkeiten her zu sein. Der Erfolg war leider mehr Fluch als Segen, den jeder wollte am schnellen Ruhm mitverdienen, und so kam es immer wieder zum Ärger um Lizenzen. Vielleicht ist deshalb „Black Toys“, wie auch schon das Vorgängeralbum auf Zombie Nation’s eigenem Label erschienen. Wenn Zombie Nation jetzt seinen selbstzusammengebastelten Synthie-Maschinenpark hochfährt, sind solche Schatten nur noch Vergangenheit, denn auch auf seinem aktuellen Album „Black Toys“ wird immer noch die Lust zum Rave gepredigt. So eine Abfahrt braucht aber seine Zeit und so ist auf dem neuen Werk fünf Minuten schon die unterste Grenze. Wie man merkt, ist Zombie Nation live erfahren und bringt diese Erfahrung auch auf seiner Platte unter. Der Mann weiß eben an den richtigen Schrauben zu drehen oder die richtigen Verzerrer hintereinander zu schalten. Ein Platte mit dem richtigen Wumms oder wie sagte Bo vor Jahren so schön: „Wir brauchen Bass!“


Fankritik von caroline-vonlowtzow

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

V.A.- Leonard Cohen: I’m Your Man (Universal) Meine musikalische Sozialisation begann mit einer Kassette, die mir mein Bruder zu Ostern zusammen gestellt hatte: dem Osterhasen-Mixtape. Darauf waren die Rolling Stones mit „Ruby Tuesday“, The Smiths mit ihrem „William“ und Leonard Cohen mit „Suzanne” vertreten. An die anderen Lieder erinnere ich mich nicht mehr, aber ich dieses Tape so lange gehört, bis das Band riss. Und immer wenn Leonard Cohen die B-Seite mit den Worten „Suzanne takes you down to her place near the river“ eröffnete, lief mir ein Schauer über den Rücken. Auch als ich jetzt die Version von Nick Cave, Julie Christensen und Perla Batalla auf der Tribute-CD „I’m Your Man“ hörte, ging es mir wieder so. 2003 veranstaltete der US-Starproduzent Hal Willner in New York eine Leonard-Cohen-Tribute-Show, die danach in London und Sydney gezeigt und dort von Regisseurin Lian Lunson gefilmt wurde. Die CD „I’m Your Man“ ist der Soundtrack zu diesem Film. Seit den Osterhasen-Mixtape-Zeiten lösen Leonard Cohen Songs bei mir körperliche Reaktionen aus: Bei „Leaving Green Sleeves“ und „Hallelujah“ muss ich regelmäßig fast heulen, denn kein anderer Musiker hat Freude und Leid der Liebe derart existentialistisch bedichtet und vertont. Der heute 72-jährige Poet und Gesangsgrummler, wie ihn mal jemand nannte, ist einer der größten pathetischen Songschreiber, die es je gegeben hat. Das spürt man auch in jedem Song von „I’m Your Man“, auf der alle Protagonisten der heutigen „Pathos-Szene“ dem Kanadier huldigen: Rufus und Martha Wainwrights Interpretationen von „Chelsea Hotel No. 2“ und „Tower of Song“ sind zarte Annäherungen an den schweigsamen und öffentlichkeitsscheuen alten Mann, bei Falsettkaiser Antony bekommt der düstere Cohen einen himmlischen Einschlag und wenn Beth Orton „Sisters Of Mercy“ singt, weiß man: Wäre Cohen eine Frau, er wäre Beth Orton! Neben dem unglaublichen „Sisters Of Mercy“ ist aber tatsächlich das an sich tot genudelte „Suzanne“, interpretiert von Nick Cave, von dem man eigentlich auch nichts Großes mehr erwartet, das beeindruckendste Lied auf dieser Gänsehaut verursachenden Platte.


Hiphop und Artverwandtes mit hannes-kerber

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Glashaus – Vom Herzen – Das Beste (3p) Ach ja – Glashaus. In etwas trüber Stimmung und mit einem Fünkchen mehr Toleranz, als ich für deutschen Soul eigentlich aufbringen möchte, höre ich manchmal Glashaus ganz gern. Glashaus besteht aus der Sängerin Cassandra Steen, dem Songwriter Moses Pelham und dem Komponisten Martin Haas. Erstere kennt man schon seit dem ersten Freundeskreis-Album „Quadratur des Kreises“, außerdem war sie in den letzten Jahren immer wieder eine wirklich wohltuende Begleiterscheinung auf Rapalben, Mittleren kennt man von seinen Streitigkeiten mit Stefan Raab (Nasenbeinbruch) Xavier Naidoo (Bundesverfassungsgericht), Martin kenne ich gar nicht. Das Best-of-Album „Von Herzen – Das Beste“ gefällt dem, der Glashaus mag – denn auch die vier neuen Lieder haben den gewohnten Klang – und dem, der sich außerdem noch für Glashaus, deren 17 Musikvideos, Making-ofs und Video-Tagbuch noch interessiert.

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