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Schwanger!-Kolumne: Luis, Linus, Leon oder Paul?

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Urlaub um. Halbzeit vorbei. Endspurt in Sicht. Langsam werde ich nervös wegen der Namenssache. Max mag „Rocko“ nicht. Zu ironisch, sagt er. Könnte er Recht haben, finde ich. Also weitersuchen. Namensuchen ist wie Jeanskaufen: Erst freut man sich riesig darauf, weil man denkt, dass man jetzt die Chance hat, was ganz tolles Neues zu finden. Dann fängt man an zu suchen und nix passt. Zu kurz, zu lang, zu verspielt, zu altmodisch. Ab und an mag man ein Modell, aber dann sagt ein Freund oder ein Kollege irgendwas von „dicker Po“ oder „fieser Fußballspieler“ und schon sind Hose bzw. Name wieder gestorben. Es wächst der Frust. Die Lust sinkt. Und irgendwann kommt die Angst, dass man sein ganzes Leben in Jogginghosen bzw. mit einer Notlösung im Pass herumlaufen muss, weil es auf der Welt keine einzige Jeans/keinen Namen gibt, die/der wirklich hundertprozentig passt. In dieser Phase befinde ich mich gerade.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Ich sage ich, weil sich Max da raus hält. Typisch Typ. „Ja, ja, ich überleg schon noch, mach doch nicht so’n Stress, wir haben doch noch ewig Zeit“, sagt er. Und während ich den Zettel an der Küchenwand mit meinen täglichen Gedankenblitzen voll und voller kritzele, nuschelt er immer wieder mal „Linus“, weil er das irgendwo auf der Straße vor einer Kindergarteneinfahrt gehört hat. Max hat sich mit dem Thema Namensgebung anscheinend noch so wenig auseinander gesetzt, dass er nicht einmal weiß, dass "Linus" nicht geht, weil das ein total abgefranster Modename ist, mit dem unser Kind sein Leben lang immer auch gleich sein Geburtsjahrzehnt verraten würde! Das schreckliche allerdings ist: Es geht so vieles nicht. Um nicht zu sagen, fast alles nicht – und zwar weil: - Altmodische Namen wie Carl, Arthur, Fritz, Valentin oder Vinzent zwar gerade wieder modern sind und deshalb gefühlt auch nett klingen, ich da aber eine „Obi-Deutschlandfahnen-ans-Auto-stecken“- und „wieder-stolz-auf-unser-(Bayern)Land-sein“-Beklemmung bekomme. Weiß schon, klingt verkrampft, ist aber so. - Neumodische Namen wie eben Linus und fast alles andere mit „L“ (Leo, Leon, Luis, Luka ...), aber auch Matteo, Finn und natürlich der Paul für trendbewusste Menschen wie mich auch sehr hübsch klingen, aber eben auch sehr in und deshalb nur bedingt spielplatztauglich sind. Wenn man heutzutage vor einem Klettergerüst laut „Lukas, komm da runter!!“ brüllt, fallen die Kinder ja vom Gestänge wie Äpfel! - der Spielplatztest ebenfalls gegen zu ausgefallene bzw. nicht-deutsche Namen spricht, die intim geflüstert in 16 Jahren vielleicht mal ganz sexy klingen mögen, laut über den Sandkasten geschrieen allerdings jeder halbwegs normal tickenden Mutter die Schamesröte ins Gesicht treiben. Bitte ausprobieren mit Silan, Miguel, Mio, Fiete, Tjalf, Matz, Tyler, Anakin ... Oder gleich die Promischiene: Angel Iris (Mel B.), Sean Preston oder Jayden James (Britney), Summer Antonia Soraya (Sarah Conner) oder Henry Günther Ademola Dashtu bzw. Johan Riley Fyodor Taiwo Samuel (Heide Klum). - man mit Klassikern wie Max, Christian, Tim oder Michael zwar nichts falsch, aber eben auch nichts wirklich richtig machen kann. Namen wie blaue Levis-Jeans. Ohne Inhalt nix los, Schall und Rauch ... - Ironische Namen (also Rocko, aber auch Pimp, Falco oder Götz) auch irgendwie schwierig sind. Das alte Tätowierungsproblem: kurz lustig und dann ein Leben lang peinlich. Ihr seht schon: große Schwierigkeiten. Besonders als ein Leben lang Assoziationen zu Ostfriseusen und Trackerfahrerbräuten weckende „Linda“ verzweifele ich langsam an meiner Ratlosigkeit. Nichts hilft, nicht www.beliebte-vornamen.de, nicht „Knaurs Taschenlexikon Vornamen für Jungen“, nicht das allabendliche Scrabbel-Spiel mit Max nur mit Namen. Nicht einmal Lieblingsbücher-Protagonisten-Abchecken. Ich weiß nicht mehr weiter. Ihr vielleicht? Bitte bitte bitte Namensvorschläge zu mir! Wer die perfekte Jeans für meinen Sohn findet, bekommt ein Eis, einen Ausflug, 3 Liter Schwangerschaftsöl, eine Original-Illu dieser Kolumne (oder, Dirk? Katharina?), ein Glas alkoholfreie Erdbeerbowle und das hellblaue Namensbändchen aus dem Krankenhaus von mir! Illu: katharina-bitzl

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