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Schwanger!-Kolumne: Mein Körper, das Tier

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Erinnert sich noch jemand an die „Mami, Mami“-Witze aus den frühen 1990ern? Das waren so Witze mit Körpereinsatz und einer davon ging so, dass man sich die Kopfhaut mit beiden Händen seitlich flach an den Schläfen so weit es geht nach hinten ziehen musste, um dann mit auseinandergezerrten Lippen zu nuscheln: „Mami, Mami, kannst Du bitte den Zopf ein bisschen lockerer machen?“ So, genau so, sieht im Moment mein Bauchnabel aus. Wie ein mit Gewalt seitlich nach hinten auseinander gezerrter Mund, der Rand extrem gespannt, das Loch in der Mitte ein verfusselter Schlitz, die Haut außen herum weiß vor lauter Geziehe. Irgendwann dann, wenn er die Spannung nicht mehr aushält, wird es „Plopp“ machen und der Nabel nach außen ploppen und knubbelig gelassen in die Pampa hängen. Ich bin sehr gespannt auf diesen Moment. Wird es in der U-Bahn passieren und alle denken, mein Kind habe gepupst? Oder wird es, wie alle Mutationen bisher, leise, unmerklich im Schlaf geschehen? Es ist mir nach wie vor unerklärlich, wie mein Bauch jede Woche um einen tiefen Luftballon-Atemzug größer werden kann und man nichts, aber auch gar nichts von dieser Wachs-Bewegung sieht, selbst wenn man 30 Minuten extrem konzentriert hinstarrt. Neben der Bauchnabelmutation passierte mit meinem Körper in den letzten Wochen Folgendes: (zartbeseitete Jungs, die gerne igitt sagen, jetzt weglesen) Bauch wird dick, Brüste groß, logisch. Wobei groß bei den Brüsten vielleicht zu positiv klingt, zu sehr nach Baywatch und zu wenig nach Euter. Neben dem Volumen-Plus vergrößert sich nämlich auch der Tellerdurchmesser. Er nimmt eine Farbe zwischen dunkelbraun und lila an und die Nippel, ach die Nippel, da kommt, ähm, also ab und zu, ja, schon jetzt, zur Halbzeit, kommt da ein bisschen Milch raus. Nein, das ist nicht eklig, das ist Natur! Wobei ein bisschen eklig ist es vielleicht doch.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Individuelle Geschenke des lieben Gottes speziell an mich sind außerdem weiße Haare auf dem Kopf, ein leichter Flaum auf der Bauchdecke und geplatzte Äderchen im Dekollette, also so kleine rote Linien, wie man sie manchmal im Auge hat, wenn man den Kopf zu lange nach unten hängen lässt. Sieht nicht gut aus, geht aber auch nicht mehr weg. Nächstes Jahr, nach dem Stillen, vor dem Sommer, lass ich mir die Dinger weglasern. Und die Krampfadern auch gleich dazu, wobei, dagegen trag ich ja jetzt neue Kleidung: Stützstrümpfe, auch Kompressionsstrümpfe genannt, sind ganz enge, unbequeme Strümpfe, die sich kurz unterm Po im Oberschenkel festkneifen und verhindern, dass schwangere Frauen Krampfadern bekommen, weil der Bauch von oben auf die Venen drückt und die Gefäße geweitet sind. Die Dinger kosten 120 Euro, zahlt die Kasse. Damit sie passen, muss man sich in Unterhosen in den Hinterraum einer Apotheke stellen und von einem gruseligen Apotheker mit kalten Händen die Beine vermessen lassen, damit das ganze dann auch garantiert knalleng sitzt. So eng, dass man alleine, zumal mit Bauch, keine Chance hat in die Dinger reinzukommen. Max und ich machen das jeden Morgen so: Ich stehe auf, dusche, ziehe Unterwäsche an und lege mich auf den Rücken mit den Beinen nach oben wie ein kranker Käfer aufs Bett. Dann rufe ich „Maaaax!“ Max kommt im Halbschlaf angewackelt und greift intuitiv nach den Strümpfen. Er zerrt die Spitzen auseinander und macht „Gooaaaarg“ dabei. Wenn er es schafft, die Strümpfe bis über die Fußballen zu stülpen, ist das schlimmste vorbei. Wir brauchen dafür pro Bein etwa zwei, drei Versuche. Dann rolle ich den Rest des Strumpfes an meinem Bein nach oben und mache laut "Arrrrgh" dazu, während Max neben mir erschöpft auf die Matratze kippt. Interessant ist übrigens, dass von allen Männern, die ich in den letzten Monaten gefragt habe, ob sie nicht wenigstens ein kleines bisschen eifersüchtig auf uns Frauen sind, dass wir schwanger sein und Kinder bekommen können, nur ein einziger verstanden hat, was ich meine. Einer von mindestens 30 Gefragten! Alle anderen haben „bloß nicht!“ oder „Oh nee igitt!“ gerufen. Versteh ich nicht. Aber der Einzige, das war ein wirklich toller Junge! Ansonsten gilt zum Thema Mutationen während der Schwangerschaft, was meine Mutter auch zu großen Tortenstücken zu sagen pflegt: „Schee macht’s ned – aber glücklich!“ Illustration: katharina-bitzl

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