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Die Reise einer Gewehrpatrone

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Der Film: „Lord of War – Händler des Todes“ Das lernen wir: „Es heißt: Das Böse gewinnt, wenn gute Menschen es nicht schaffen zu handeln. Eigentlich sollte der Spruch lauten: Das Böse gewinnt immer.“ Menschen streiten, irgendwo, aus Streit wird Kampf wird Krieg, und zur gleichen Zeit stanzt irgendwo anders eine Maschine ein Stück Metall, bringt es in Form, befüllt es mit Pulver, bestückt es mit dem Projektil, fertigt so eine Patrone. Die Dinge sind in Bewegung. So beginnt der Film „Händler des Todes“: Der Weg eine Patrone wird da gezeigt – vom Anfang an folgt ihr die Kamera, in einer einzigen, ununterbrochenen Fahrt, durch die Laufbänder einer Waffenfabrik, auf der Fahrt um die Welt, während der Reise durch die Hände der Soldaten. Bis zum Ende, das unaufhaltsam näher kommt. Es ist das Ende, für das eine Patrone gefertigt ist. Es ist der Tod. Selten sieht man so eine Kamerafahrt wie die am Anfang von „Händler des Todes“ im Kino, doch das ist nicht der Grund für ihre atemberaubende Wirkung. Der Grund ist die unerbittliche Konsequenz, mit der diese Reise einer Gewehrpatrone verfolgt wird. Es gibt keine Pause und kein Atemholen zwischen Anfang und Ende, zwischen Entstehen und Einsatz dieser Patrone – sie wird gebaut, sie wird gebraucht, sie wird abgeschossen, fertig, aus. Wie nach einem bösen Gesetz scheint das Geschehen abzulaufen. Krieg, wie am Anfang, so auch jetzt und alle Zeit. Einen deprimierenden Film hat Andrew Niccol da gedreht. Seine Geschichte des Waffenhändlers Yuri Orlov (Nicolas Cage) ist vor allem eine Geschichte des Krieges selbst – und das Thema eigentlich schon nach der Kamerafahrt am Anfang klar: Kriege gab es immer, gibt es immer, wird es immer geben. Und mit ihnen Händler des Todes, also jene, die am Krieg verdienen. Menschen wie Yuri Orlov, der die „ungemütlichen kleinen Waffenembargos“ zu umgehen weiß, damit jedes Land ganz nach Gusto einen „respektablen Krieg“ führen kann, wie er sagt. Er verkauft alles, was schießen kann, und das an jeden, der zahlen kann. Er sieht Waffen so, wie es dieser Film in einer Szene aus Afghanistan zeigt. Da schießt ein Muhadschedin mit einer Kalaschnikow Dauerfeuer, das Ganze ist in Zeitlupe gefilmt, und jedes Mal, wenn der Auswurfhebel des Gewehrs zurückschlägt und eine abgeschossene Patrone ausstößt, hört Yuri Orlov das verheißungsvolle Klingeln einer Registrierkasse. Für die Hoffnung und die Ideale der guten Menschen, verkörpert von einem von Ethan Hawke gespielten Interpol-Agenten, hat er nur Spott übrig. „Weltweit sind mehr als 550 Millionen Waffen im Umlauf, das ist eine Waffe für jeden zwölften Menschen“, sagt er. „Die einzige Frage ist: Wie bewaffnen wir die anderen elf?“ So denkt Yuri, so hört man ihn oft aus dem Off sprechen – er ist ein Zyniker, der sagt, er sehe die Welt doch nur so, wie sie nun mal sei. Und das schlimme ist: Vielleicht hat er recht. Denn so unerbittlich wie die Kamerafahrt am Anfang des Films läuft auch Yuris Leben ab: seine Karriere vom kleinen Waffendealer bis zum Großhändler von Panzern und Kampfhubschraubern, sein Geschäft, das niemals endet, weil immer irgendwo Krieg ist, sein gewaltiger Erfolg – und sogar sein Niedergang, der keiner ist. Als die Guten ihn endlich haben, nach Jahren der Verfolgung, als sein Leben zerstört, als seine Familie vor der Wahrheit über Yuri Orlov geflohen, als wirklich alles im Arsch ist – da sagt diese verlorene Seele des Waffenhandels nur: „Lass mich mal sagen, wie es läuft.“ Und dann geht es einfach weiter, wie am Anfang, so auch jetzt und alle Zeit. „Lord of war – Der Händler des Todes“ läuft ab morgen im Kino. (Foto: 20th Century Fox)

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