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Schwänze für Mädchen

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Elke Kuhlen 27, arbeitet hauptberuflich als Bookerin in einer Konzertagentur und hat zusammen mit ihrer Freundin Nicole Rüdiger „Glück“ gemacht. Ein Pornoheft für Mädchen. Bis vor kurzem hieß „Glück“ noch „Lecker“, aber leider hat der Heinrich Bauer-Verlag eine Kochzeitschrift gleichen Titels und den beiden untersagt, den Titel weiter zu verwenden. Jetzt also „Glück“. Das sieht auf den ersten Blick aus wie eine hübsch gemachte Ausgabe der SPEX, ähnliches Layout, ähnliche Fotos. Bis man dann nach einigem Blättern auf Schwänze stößt. Schwänze, die an Jungs dran hängen und des öfteren durchaus auch stehen. Diese Jungs sehen, es gibt leider kein anderes Wort, richtig sympathisch aus. Und dass sie ihre Schwänze herzeigen und dabei in die Kamera blicken, macht nur am Anfang ein bisschen Angst.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Habt ihr vorher definiert, für welche Frau ihr das Magazin entwerft? Viele theoretische Überlegungen haben wir uns nicht gemacht. Wir wollten ein Heft für Mädchen machen. Und da haben wir eher an uns gedacht. Das Heft soll Spaß machen, all den Nippes enthalten, den wir brauchen und wir wollten eine coole Frau im Heft haben, aber nicht die ewig gleichen Nicole Kidmans dieser Welt. Auf Emanzipatorisches haben wir bewusst verzichtet, weil wir mit dem Heft nicht die Welt verbessern wollen und uns auch nicht als Powerfrauen präsentieren wollen. Das wären einfach nicht wir gewesen. Porno gut finden dürfen – ist das ein Ergebnis des postfeministischen „anything goes“? Also erst einmal: Das Heft heißt nur „Pornoheft für Mädchen“, weil das vom Gesetzgeber so vorgeschrieben ist: eine Erektion über 45 Grad ist Pornografie. Für mich sind die Fotos keine Pornografie. Porno fängt bei mir wo anders an, zum Beispiel bei kopulierenden Pärchen. Ob das nun postfeministisch ist oder nicht, kann ich nicht beantworten. Für mich waren solche Bilder schon immer okay. Ist der erigierte Schwanz das Erotischste an einem Mann? Ich finde, die Jungs würden auch ohne gut aussehen. Der erigierte Schwanz ist sozusagen das Tüpfelchen auf dem I-Punkt. Das fehlt sonst in anderen Heften. Aber wir haben auf jeden Fall Grenzen. Wir würden zum Beispiel nie ein Foto drucken, auf dem ein Typ ejakuliert. Die Intimität, die auf den Fotos ausgedrückt wird, ist sehr wichtig. Die männlichen Models sind alle Slacker-Typen, die angenehm nahbar wirken. Glaubst du, dass perfekte männliche Körper auf Frauen abschreckend wirken? Darum geht es in „Glück“ auch: eben nicht die muskelbepackten Holzfäller-Jungs zu zeigen. Das einzige Heft, das es in dieser Sparte in Deutschland gibt, ist ja „Playgirl“ und die machen genau das. Aber das kennt man und von dem perfekten Männerkörper ist man auch übersättigt. Ich jedenfalls will so einen Waschbrett-Typen nicht in meinem Bett haben. Dazu kommt auch, dass wir kaum Geld für die Produktion haben, das heißt, wir haben meist nur zwei Filme pro Shooting. Und dann wird nicht lange über die Foto-Auswahl diskutiert sondern es werden die Bilder genommen, die nicht zu dunkel sind. Unser Heft ist definitiv ein Nischending. Die Hälfte der Frauen aus unserem Bekanntenkreis sagen: „Ihh, nee, das will ich nicht sehen!“ Und die andere Hälfte ist ganz offen. Die finden es entweder prinzipiell total super oder finden es super, aber stehen nicht so recht auf die Jungs, die fotografiert sind. Wir kriegen übrigens auch von Jungs sehr viel Post, die sich beklagen, dass es das, was wir machen, nicht auch für Jungs gibt. Wie geht es weiter mit dem „Glück“? Wir haben vorher viel darüber geredet und dann gedacht: jetzt gucken wir mal, plündern unsere Sparbücher und wenn es nicht klappt, können wir wenigstens sagen: Wir haben nicht nur darüber geredet. Und jetzt, nach dem Heft, ist es immer noch so, dass wir sagen: wir machen weiter, bis unser Sparbuch weg ist. Wir werden von „Glück“ nicht leben können. Der Preis von 5 Euro ist ja überhaupt nicht realistisch kalkuliert. Wir lassen 1000 Stück drucken, das kostet schon mal 3.800 Euro. Und dann geht man am Abend nach Hause, schaut sich die Konto-Auszüge an, schreibt die Adressen auf Umschläge, tütet das Heft ein und schickt es ab. Der Aufwand steht in keinerlei Verhältnis zum Erlös. Von dem aktuellen Heft haben wir bisher 150 Exemplare verkauft. Wenn wir 720 Hefte verkauft haben, können wir weiter machen. Die aktuelle Ausgabe von "Glück" ist auf der Homepage bestellbar: gluecksheft.de

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