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Sexstudien und ihre tiefere Botschaft - Teil 2: Die sexuelle Teleologie

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Was soll ich tun, Stuart Brody? Der sexuelle Akt, vollzogen vor stressigen Aufgaben, beruhigt die Nerven. Das zumindest vermeldete kürzlich, mit anzüglich geschwungener Feder, das populäre Wissenschaftsmagazin NewScientist. Im Verlauf von zwei Wochen führten 22 Jungs und 24 Mädchen unter Aufsicht des englischen Psychologen Stuart Brody kleine Beischlaftagebücher, in denen sie protokollierten, wie oft es zur Sache ging. Statistisch signifikant wird der Zusammenhang zwischen guten Leistungen und Bettschweiß aber erst, wenn Penetration im eigentlichen Sinne stattfindet. Der so genannte penile-vaginal-intercourse (PVI). Masturbation und andere nicht-koitale Spielereien wurden zwar in der Liste der Probanden festgehalten, sind aber, wie sich später herausstellte, nicht für die wahre Entspannung geeignet. Am Morgen des fünfzehnten Tages mussten die Probanden Kopfkunststücke durchführen, von denen gemeinhin behauptet wird, dass sie Stress auslösen. Eine Rede halten beispielsweise, oder vor Publikum eine mathematische Gleichung lösen. Die Freiwilligen, die sich selbstlos in den Dienst der Wissenschaft gestellt haben, und nur PVI-Aktivität vorzuweisen hatten, waren am wenigsten gestresst. Ihr Blutdruck, der in aufregenden Situationen stark ansteigt, pendelte sich am schnellsten wieder in normalen Höhen ein. Wie in jeder Studie, die etwas auf sich hält, gab es auch hier eine Kontrollgruppe. Keuschheit als Placebo sozusagen. Die Reihen der Abstinenzler waren am wenigsten stressresistent. Brody macht das „paarbindende“ Hormon Oxycotin für die bessere Stressverarbeitung verantwortlich. Eine weitere gute Nachricht: nicht nur direkt nach dem Höhepunkt, sondern bis zu einer Woche kann dieser Effekt anhalten. Am Ende des Akts steht also nicht nur die bloße Bedürfnisbefriedigung, vielmehr ist er auch mit einem Metaziel verbunden. Die Handlungsanweisung, die sich daraus ergibt ist klar. Ficken gegen den Stress der Zeit und damit für mehr Erfolg in Job und Studium. Dank Brody dürfte auch die alte, drängende Frage geklärt sein, ob Sex vor dem Fußballspiel erlaubt ist. Unter Sepp Herberger war das ja noch anders, der verordnete seinen Jungs erst mal eine Extrarunde Kopfballtraining, wenn sie sexuelle Bedürfnisse verspürten. Aber damals war Deutschland ja auch noch Weltmeister und neugierige Wissenschaftler hatten mit ihren Notizblöcken in anderer Leute Schlafzimmer nichts zu suchen. Was darf ich hoffen, Eric Bressler? Die Sexyness so manches begnadeten Humoristen beinhaltet, gelinde ausgedrückt, einiges an Diskussionsbedarf. Eine Studie, die vor einigen Wochen im Wissenschaftsblatt Nature publiziert wurde, könnte diese These nun widerlegen. Eric Bressler, der am Westfield State College in Massachusetts forscht, zeigte über 200 Collegestudenten Bilder von Menschen des anderen Geschlechts. Unter den Photos befand sich eine Zeile mit mehr oder weniger lustigen Sprüchen. Etwa „mein Highschool war so schwer, dass wir unseren eigenen Totengräber hatten“, oder „ich gehe lieber zur Schule als den Bus zu nehmen.“ Bei späterer Untersuchung zeigte sich, dass die Geschlechter den Humor ihres Counterparts unterschiedlich bewerten. Frauen finden lustige Männer gemeinhin auch attraktiver als unlustige. Die Männer hingegen, zeigten sich gänzlich unbeeindruckt vom weiblichen Witz. Sie waren vielmehr darauf bedacht, dass ihre Humorperformance auch angemessen gewürdigt wird. Einer anderen Studie zufolge, die der Psychologe Geoffrey Miller an der Universität von New Mexico durchgeführt hat, bevorzugen Frauen witzige Männer, weil diese Eigenschaft ein Anzeichen für ein aktives und potentes Gehirn sein kann. Und damit eben auch für die feine Qualität der Gene, die sich dahinter verbergen. Das legt die Vermutung nahe, dass sexuelle Selektion der Grund sein ist, wieso die Menschheit überhaupt einen Sinn für Humor entwickelt hat. Sex macht demnach nicht nur Spaß, sondern ist auch verantwortlich dafür, dass wir ihn überhaupt empfinden können. Vielen Dank, Evolution. Humor signalisiert also ein großes Gehirn und ist damit nur Mittel zum Zweck in zwischengeschlechtlichen Beziehungen, deren hauptsächliches Ziel es doch ist, letzten Endes engumschlungen das Nachtlager zu teilen. Wir hoffen also darauf, in der nächsten Zeit viel Anerkennung für unseren Schabernack zu bekommen. Denn nicht das Austauschen zweideutiger Blicke, sondern schallendes Gelächter ist Indikator für einen erfolgversprechenden Flirt.

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