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Die behutsame Wandlung von Hot Chip

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Zehntausende schwitzende Menschen aus ganz Europa auf einem Betonplatz in Barcelona, wummernde Klänge treiben durch die Nacht. Hot Chip hat es wieder einmal geschafft. Sie haben ein Meer von Tänzern beschworen. Es ist der Auftakt einer Tour, die Hot Chip bis in den Spätsommer um die ganze Welt führen wird, doch von einem Warm-up kann hier nicht die Rede sein. Im Gegenteil, die neue Platte muss ihre härteste Reifeprüfung direkt zu Beginn bestehen: Auf dem Sónar Festival, das dieses Jahr mit 98.000 verkauften Tickets einen Besucher-Rekord vorzuzeigen hat, müssen Hot Chip direkt alles geben. The Roots, New Order oder Metronomy – auf dem Messegelände in Barcelona laufen die Konzerte gleich dreispurig den Gehörgang herunter. Ein berühmter Bandname allein genügt nicht, um auf solch einem Festival aufzufallen. Aber wenn es eine Band schafft, das bunt gemischte Publikum zusammen zu bringen, dann ist es Hot Chip - sollte man zumindest meinen. Schon 2008 bewiesen sie, dass sie das Zeug für Chart-Hits haben. Aber das ist auf dem Festival gar nicht unbedingt gefragt, im Gegenteil: Hot Chip müssen beweisen, dass sie sich nicht auf den Mainstream eingefahren haben, sondern wie seit ihrer Gründung vor 12 Jahren immer noch nach vorne preschen. Man darf diesbezüglich durchaus optimistisch sein, denn für viele gelten sie immer noch als Wegweiser des Elektropops und gehören zweifelsohne zu den beständigsten Bands in diesem Genre. Seit zwölf Jahren machen sie in nahezu gleicher Besetzung nonstop Musik, im hektischen, unbeständigen Popgeschäft von heute ist das so sympathisch wie selten. Wenn man sich ihr neues Album anhört, fragt man sich, warum solche eine Band es noch nicht in die allererste Liga geschafft hat. Mit dem Wechsel zu dem kleineren Label Domino bestätigen Hot Chip, dass das ohnehin nie ihr erklärtes Ziel war. Ein Geheimrezept, welches die einzigartige Langzeitbeziehung am Leben hält und zu immer neuen Abenteuern antreibt.  Von diesen musikalischen Abenteuern war auch in Barcelona das Publikum sofort begeistert. Bemerkenswert auch deswegen, weil der Großteil der neuen Songs noch nicht lange "in their heads" sein konnten. Die impulsiven Beats kommen bei den tanzenden Mengen des Sónar gut an. Vielleicht haben sie deswegen die A-Seite bevorzugt gespielt, mit den Songs, die am ehesten an ihre feiertauglichen ersten Platten erinnern. Ruhigere Stücke wie Always Been Your Love oder Look At Where We Are, die erst nach mehrmaligem Hören ihr Potenzial entfalten, wurden wohl bewusst ausgelassen. Die Wandlung der Band, die auf dem Album zu spüren ist, manifestiert sich bei ihren Live-Auftritten noch nicht. So gleicht der einstündige Auftritt der Band einer einzigen riesigen Party. Die Leute jubeln, grölen ihre großen Hits wie Hymnen mit. Der Song Ready for the Floor aus dem Jahr 2008 markiert den Höhepunkt des Auftritts. Danach bleibt eine Frage auf der Bühne zurück. Hat eine Band ihre beste Zeit bereits hinter sich, wenn auf einer Album-Tour ein alter Song der stärkste ist? Vielleicht kommt der Schritt, zu einem neuen, kleineren Independent-Label zu wechseln, genau zum richtigen Zeitpunkt. Vielleicht ist es nur das Ausholen zu einem größeren Sprung nach vorne. +++ Unter dem Label Sonar_Blog berichten Studenten der Hochschule für Gestaltung in Karlsruhe auf jetzt.de vom Sonar-Festival in Barcelona. Das Festival dauerte vom 14. bis 16. Juni. Text: roman-zimmermanns - und philipp-schell

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