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Die Legenden der Zukunft

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Wäre das Sónar Festival in Barcelona ein Mensch, hätte es schon graue Schläfen, in seinem Gesicht sähe man die Spuren einer party-intensiven Vergangenheit und es würde vermutlich ein bisschen schlecht hören. Aber man würde diese Zeichen des Alterns nicht bemerken. Das Sonar, das am Donnerstag wieder beginnt, gibt es schon seit 18 Jahren, damit ist es so etwas wie der Opa der Festivals für elektronische Musik. Obwohl es aber auf eine so lange Vergangenheit zurückblicken kann, richtet es seinen Blick aber am liebsten nach vorn, sucht nach Neuem wie ein hungriger Teenager, der das Leben noch vor sich hat. Von Altersschwäche keine Spur: Das Sónar fährt, im Gegensatz zu manch anderen altgedienten Festivals, keinen Sicherheitskurs und bucht nicht nur die ganz großen Namen, damit der Peso rollt.

Neben Legenden aus Techno, Electronica oder Hip Hop (in diesem Jahr zum Beispiel Richie Hawtin, Mouse On Mars und The Roots) kommen insbesondere aufstrebende und weniger bekannte Musiker aus aller Herren Genres an die Küste Kataloniens. Es gehört zur Leitidee des Sónar, diesen regelmäßig eine Plattform zu bieten und den Sound der Zukunft in Barcelona aufzuzeichnen. Georgia Taglietti, die fast seit der ersten Stunde für Sónar arbeitet, erklärt: „Ein Festival zu kuratieren hat nicht nur damit zu tun, Musik zu hören oder zu reisen, um neue Sounds zu entdecken – es ist eine Netzwerk-Aufgabe.“ Man müsse das ganze Jahr über Kontakt mit Labels und Musikern, Medien und Künstlern auf der ganzen Welt halten. „Dadurch wird die elektronische Kultur gefüttert und wächst, und wir können die Sounds der Zukunft kennen lernen. Wenn wir ein neues Talent gefunden haben, ist die wichtigste Frage: Ist er oder sie bereit, zu spielen und live zu performen? Wenn wir davon überzeugt sind, ist er dabei!“

Nicht selten sind so schon große internationale Karrieren genau hier gestartet – beispielsweise die von „Skream oder Goldfrapp, um nur ein paar wenige zu nennen“, erzählt Georgia Taglietti. „Von Beginn an haben wir das 'Showcase'-Format integriert und gefördert, eine Plattform, neue Talente auf der ganzen Welt zu promoten.“ Showcase heißt, dass ein Label einige seiner Künstler – vor allem die unentdeckten – gebündelt auf dem Festival vorstellt. Aber auch Einzelpersonen können eine solche Talentschau kuratieren: 2007 präsentierte die britische DJane Mary Anne Hobbs das erste Mal den UK-Trend Dubstep und einige seiner relevanten Akteure einem internationalen Festival-Publikum auf dem Sónar. In diesem Jahr gibt es Showcases vom Brainfeeder-Label rund um den Beat-Bastler Flying Lotus und dem Dubstep-Imprint Hyperdub.

Ein Hauptaugenmerk des Sónar 2012 liegt aber auf den neuen Talenten aus Spanien. Ganz anders als in England, Deutschland oder auch den Benelux-Ländern und den USA gibt es nicht viele spanische Vertreter der elektronischen Musik, die auch außerhalb ihres Heimatlandes bekannt sind. Im Gegenteil: Seit einigen Jahren machen sich Horden spanischer Rave-Touristen allwochenendlich in die Rave-Hauptstadt Berlin auf. Auf Ibiza spielen derweil DJs aus London oder Frankfurt. Nur selten schaffen es spanische Musiker, beispielsweise Óscar Mulero, sich auch über die iberische Halbinsel hinaus einen Namen zu machen.   Allerdings scheint sich die Außenwirkung Spaniens in jüngster Zeit etwas zu verändern: Der Erfolg von Produzenten wie John Talabot und Pional, oder auch dem Label Hivern Discs aus Barcelona lässt mit neuen Ohren auf die Halbinsel hören. Talabot führt den Spanien-Schwerpunkt auf dem Sónar 2012 als bekanntester Musiker an. Neben ihm spielen rund 30 weitere Landsmänner Live-Shows und DJ-Sets – in einer beeindruckenden stilistischen Bandbreite: Der sehnsüchtige Synth-Pop von Stand Up Against Heart Crime steht neben den verzerrten Noise-Sounds von d.Forma. Deep House aus dem Baskenland in Person von El Txef A will genauso entdeckt werden wie die elektronisch-akustischen Komponisten des gebürtigen Andalusiers Arbol. Mit Sicherheit wandert die Musik dieser Künstler nach dem Festival auch in so manche Regale und Lautsprecher von Besuchern aus Italien und Deutschland.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



Wer sich von der Vielfalt elektronischer Musik und ihrer ständig nachwachsenden Genres überzeugen möchte, ist auf dem Sónar richtig. In Barcelona findet es jährlich im Juni statt. Mittlerweile muss man aber nicht mal in Europa wohnen, um dabei zu sein: Seit zehn Jahren gibt es Schwester-Events an wechselnden Orten in der ganzen Welt, beispielsweise in Sao Paulo, Toyko und Kapstadt. Neben dem riesigen Musik-Programm und der Förderung aufstrebender Künstler integriert das Festival außerdem aktuelle elektronische Kunst und ein vielfältiges Workshop-Angebot von Musiktechnik bis zu Business-Themen in sein Programm. Alt sieht anders aus.

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Unter dem Label Sonar_Blog berichten Studenten der Hochschule für Gestaltung in Karlsruhe auf jetzt.de vom Sonar-Festival in Barcelona. Das Festival dauert vom 14. bis 16. Juni, danach findest du im Sonar_Blog Berichte, Interviews in Text- und Videoform.




Text: friedemann-dupelius - und Marie Falke; Fotos: Advanced Music

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