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Stars auf Entzug: Das Stilogramm zum "Rehabilitation Centre"

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Britney ist nach knapp drei Wochen wieder draußen, Robbie Williams hat es ein bisschen länger ausgehalten, lässt dafür jetzt ordentlich die Sau raus. Genauso wie Lindsay Lohan. Das ehemalige Disney-Herzchen hat während ihres Aufenthalts sogar einen Film fertig gedreht und ist seitdem wieder jeden Abend unterwegs. Vergangenen Montag ist der TV-Schauspieler Jesse Metcalfe (manchen bekannt als der Gärtner aus „Desperate Housewives“) rein gegangen. Alle wegen durchgeknallter Aktionen unter dem Einfluss von Alkohol, Drogen, Red Bull und/oder dem Genuss von verschreibungspflichtigen Medikamenten. Aber nicht nur deshalb lassen sich amerikanische Schauspieler in letzter Zeit gehäuft einweisen: Der Schauspieler Isaiah Washington (spielt einen Arzt in „Grey’s Anatomy“) hat sich für eine Weile in eine Rehab zurückgezogen, weil bekannt wurde, dass er einen (schwulen aber noch nicht öffentlich bekennenden) Kollegen am Set als „faggot“ (also: Schwuchtel) beschimpft hatte. Als auch seine halbherzigen Entschuldigungen nichts halfen, zog er die Notbremse und begab sich in Behandlung.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Britney Spears. (Foto: afp) Ebenso Mel Gibson, der betrunken über Juden herzog, nachdem ihn die Polizei aus dem Verkehr gezogen hatte. Nachdem er über seinen Publizisten der Öffentlichkeit seine Zerknirschtheit übermitteln ließ, begab auch er sich in eines von hunderten Rehalb-Zentren rund um Hollywood. Zur Besserung. Angesichts dieser geradezu inflationären Selbst-Einweisung bekannter Schauspieler und Musiker in die „Rehab“ liegt die Frage nahe, was das eigentlich ist und warum amerikanische Prominente in weniger als 30 Tagen schaffen, was Andere nur nach Jahrelanger Psychotherapie und langwieriger Teilnahme an Suchthilfe-Programmen zustande kriegen. Eines sollte man sich bewusst machen: Der Aufenthalt in einem dieser „Rehabilitation Centres“ ist oft weniger ein Entschluss des betroffenen Prominenten, als eine Form von Notbremsung, die ein Manager zu nutzen weiß, wenn sein Schützling außer Rand und Band geraten ist.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Robbie Williams. (Foto: dpa) So ein PR-Manager kann einen Ausfall hin und wieder verdecken, kann die üblichen verdächtigen Zeitschriften durch exklusive Deals zum Schweigen bringen und auch sonst an allerlei Rädchen drehen. Aber wenn einer so richtig ausflippt, und das auch noch unter den Augen der Öffentlichkeit, dann bleibt ihm kaum eine andere Wahl, als die Einweisung in die Klinik. So weiß er sein Sorgenkind für eine Weile außerhalb der Beobachtung und kann womöglich noch das Beste aus dem Umstand "Rehab-Aufenthalt" herausholen. Dass ein Star sich freiwillig einweisen lässt, zeigt seinem geneigten Fan, dass er sich seiner Probleme bewusst ist, sich aktiv dafür einsetzt, seinem Leben eine neue Richtung zu geben. Außerdem zeugt es von Einsicht und Reue. Da können selbst die größten Eklats leicht vergeben werden. Am Beispiel Britney Spears lässt sich das kurz darlegen: Die war nach der Trennung von ihrem Gatten Kevin Federline vollkommen gaga durch Hollywood gerannt, gerne auch ohne Scham und Höschen, ließ sich vollaufen, kotzte ins Auto, rasierte sich das Haupthaare und ging mit einem Regenschirm auf Paparazzi los. Alles selbstverständlich minutiös von eben jenen dokumentiert. Mit einer einfachen Entschuldigung und dem Verweis auf ihre Jugend und die anstrengende frühe Elternschaft war es da nicht mehr getan. Besser war: rein in die Klinik und ein paar Wochen von der Bildfläche verschwinden. Zur Verdeutlichung der lauteren Absichten und zur Erholung des geplagten Stars und seines PR-Managers.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Mel Gibson. (Foto: afp) Was bei uns noch immer einen schweren Schaden am Image eines Stars verursachen könnte – nämlich öffentlich einzugestehen, dass man suchtkrank ist und Hilfe braucht – wird in Amerika etwas lockerer gesehen. Was vielleicht auch damit zusammen hängt, dass es dort eine andere Einstellung zum eigenen Körper gibt. Sich selbst zu optimieren, sei es durch kosmetische Operationen, die Einnahme hochdosierter Vitamine oder den Besuch beim Analytiker, wird dort viel selbstverständlicher betrachtet, als im alten, verklemmten Europa. Und so nimmt das amerikanische Publikum einen Aufenthalt in der Rehab eher als Teil der ewigen Hollywood-Saga wahr. Die Geschichte des geliebten Helden, der strauchelt, in die Knie geht und dann wieder aufsteht. Der Star wird menschlich, weil er Fehler hat und zugibt. Und er bleibt Star, weil er wieder aufsteht. Das lieben Kinogänger am allermeisten.

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