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Stilogramm: Sie haben die "Bild" geschrumpft

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Erst was man aufbläst, kann man sehen. So ist es mit Heißluftballons und der "Bild"-Zeitung. Viele, die den Namen des Blattes mit gespieltem Ekel nicht nennen wollen, reden von der „Zeitung mit den großen Buchstaben“. Das stimmt ja auch, man muss eine Weile suchen, ehe man Drucksachen auftreibt, die ihre Nachrichten auch mit 120 Punkt-großen Überschriften in die Welt blasen. Es ist anzunehmen, dass die "Bild" ihre deutschlandweite Wahrnehmung zu einem erheblichen Bruchteil der massigen Aufmachung verdankt. Die "Bild" liest man, weil sie optisch krass prellt. Vielleicht darf man auch gar nicht so sehr von "lesen" sprechen, man "schaut" sie ja eher. Aber diese Zeiten könnten bald rum sein. Der Springer-Verlag testet seit Montag in München eine neue Version der "Bild"-Zeitung. Sie ist nur noch halb so groß wie die herkömmliche Version und wird vor allem über Zeitungskästen, die sogenannten „stummen Verkäufer“ vertrieben. Das Ganze ist ein Versuch, sagt der Verlag. Das Ergebnis ist eine Zeitung im Tabloid-Format, die man in der U-Bahn auch neben kräftigen Menschen blättern kann. Die Frankfurter Rundschau erscheint zum Beispiel in dieser Größe.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Screenshot von der Website der Bildzeitung: Ein Redakteur mit der selben Ausgabe in zwei Größen. Abgesehen von der Tatsache, dass Bilder und Text einfach herunterskaliert wurden und nun angeblich selbst junge Münchner manchmal Probleme haben, die kleinen Meldungen zu lesen, gibt es zur Umstellung nicht allzuviel zu sagen. Nur eines fällt auf. Es ist sogar sowas wie eine kleine Erkenntnis, die sich nach mehreren Tagen einstellt, an denen man durch das Ding geblättert hat: Das Mini-Format entschärft die "Bild". Die schlagzeilige Wucht scheint sich in Luft zu lösen, einer Zeitung in diesem putzigen Format traut man das Krawallige nicht mehr zu. Fast eine Woche dauert der Verlagsversuch nun und man ist versucht zu glauben, die Verkleinerung des Boulevard-Blatts habe den öffentlichen Raum entschärft. Während einen die Titelzeile früher im Vorbeigehen anfiel wie ein Hund, muss man sich nun aktiv für sie interessieren, muss nah ran gehen. Die "Bild" hatte und hat in ihrer Machart immer etwas Eskalierendes an sich. Nehmen wir an, dass dieses eskalierende Moment nicht nur auf die boulevardesken Inhalte sondern tatsächlich auch auf die Aufmachung zurückzuführen ist, dann ist aus München von einer angenehmen De-Eskalation zu berichten. Es gibt einen Terrier weniger, der einen am Morgen ankläfft. Irgendwie ist das ganz nett und man wünscht sich das neue Format für's ganze Land, nach dem Prinzip: Form follows Inhalt.

Text: peter-wagner - Foto: Screenshot

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