Süddeutsche Zeitung

Unsere Kernprodukte

Im Fokus

Partnerangebote

Möchten Sie in unseren Produkten und Services Anzeigen inserieren oder verwalten?

Anzeige inserieren

Möchten Sie unsere Texte nach­drucken, ver­vielfältigen oder öffent­lich zugänglich machen?

Nutzungsrechte erwerben

Zwischen Stammtisch und Popkonzert: der politische Aschermittwoch

Teile diesen Beitrag mit Anderen:

Bier ist Trumpf - Endmund Stoiber, Franz Müntefering und Guido Westerwelle nehmen einen tiefen Schluck aus ihren Humpen. Einmal im Jahr wird Niederbayern zum Nabel der Politik. Denn Kulminationspunkt des politischen Aschermittwochs ist traditionell das Donaustädtchen Passau – gleich zwei Parteien treffen sich hier, um die politischen Gegner verbal aufzumischen, die FDP und die CSU. Deftig geht’s zu und das nicht nur wegen Bier und Sauerhering. Nein – filigrane Argumentation wird es am Aschermittwoch nicht geben. Politik wird zum Popkonzert – und so richtig schlimm findet das niemand. Man zehrt noch vom Laisser-Faire Gefühl der vergangenen Tage. Der frühere bayerische Ministerpräsident Strauß machte den Politischen Aschermittwoch der CSU ab 1953 zum bundesweit beachteten, feucht-fröhlichen Spektakel. Die anderen großen Parteien zogen schnell nach. Seitdem, meinen einige, sei hier eine besondere Atmosphäre zu spüren. Emotionale und mitreißende Reden und eine gelöste Stimmung beim Publikum, das mit Zurufen und Gejohle reagiert, wie es sonst für Fußballstadien typisch ist. Die bierseligen Besucher lassen sich gerne einlullen. So denkt man einmal im Jahr, dass Politik auch Spaß machen kann, bevor man wieder in seiner Politikverdrossenheit versinkt. Am vorigen Freitag wurde schon CSU-Generalsekretär Markus Söder von der Kette gelassen. „Rappelvoll“ werde es wieder sein, kündigte er an. Wie jedes Jahr, wenn die Menschen in Bussen zur Veranstaltung gekarrt werden. Stoiber wird auch dieses Jahr vom Rednerpult hinunterfuchteln „Das Motto ist: mehr Stammtisch und weniger Popkonzert“, sagt Söder. Wobei die Grenzen wohl fließend sind. Also die Ausländer und den Kapitalismus kritisieren – und „klar machen, dass Deutschland eine bürgerlicher Leitkultur braucht.“ Auch dieses Jahr werden trotz Unmuts an der Parteibasis die „Edmund, Edmund“-Sprechchöre wohl nicht ausbleiben. Neuartige politische Konzepte oder detaillierte Sachkritik werden von niemandem erwartet. Es gilt, die eigenen Reihen zu schließen, Parteianhänger zu motivieren und den politischen Gegner zu verunsichern. Schmähreden, den ganzen Tag, die später zu einem zehnsekündigen Fernsehspot destilliert werden. Politainment wird das dann gerne genannt oder Polemik. Dazu gehört jedoch vor allem auch eine intellektuelle Qualifikation und subtiler Einsatz. Zudem ist das Grundanliegen jeglicher ernstzunehmenden Polemik konstruktiv – am politischen Aschermittwoch wird nicht polemisiert sondern gestänkert. Politik sei zum größten Teil Bullshit, sagte der Philosoph Harry Frankfurt der Zeit in einem Interview letzte Woche. Phoenix überträgt tagsüber von den einzelnen Veranstaltungen. [li]CSU-Chef Edmund Stoiber wird den Partei-Mitgliedern in der Passauer Dreiländerhalle ordentlich einheizen. [li]Die FDP trifft sich ebenfalls in Passau, hier reden Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Guido Westerwelle und Max Stadler. [li]Die SPD kommt in Vilshofen zusammen. Hier reden Matthias Platzeck, Ludwig Stiegler und Franz Maget [li]Die Grünen werden sich in Biberach treffen. Redner werden hier Reinhard Bütikofer, Fritz Kuhn, Oswald Metzger und Stefan Kretschmar sein. [li]Erstmals beteiligt sich auch die Linke. PDS mit einer eigenen Veranstaltung an der Tradition des politischen Aschermittwochs. Gregor Gysi (PDS) und Oskar Lafontaine werden am Abend in Saarbrücken erwartet. (Fotos: AP)

  • teilen
  • schließen