Süddeutsche Zeitung

Unsere Kernprodukte

Im Fokus

Partnerangebote

Möchten Sie in unseren Produkten und Services Anzeigen inserieren oder verwalten?

Anzeige inserieren

Möchten Sie unsere Texte nach­drucken, ver­vielfältigen oder öffent­lich zugänglich machen?

Nutzungsrechte erwerben

Punkte haben kein Herz – Punkt!

Teile diesen Beitrag mit Anderen:

Ein ganz normaler Nachrichtenaustausch zwischen zwei Freunden:

A: Sollen wir heute noch etwas trinken gehen?

B: Klingt gut.

Fällt dir etwas auf? Nein?

Diese Antwort hat ein Problem. Es ist klein, rund und steht ganz am Ende: der Punkt. Der Punkt war mal ein harmloses Satzzeichen, aber in Zeiten von SMS-Flatrates und Whatsapp sorgt er manchmal für ein komisches Gefühl. Er lässt den Satz irgendwie abgehackt und rau wirken. Der Punkt steht da und klingt unfreundlich. Beendet jemand seine Kurzantworten immer mit einem Punkt, wirkt es so, als sei die Person gestresst, genervt oder sogar sauer. Schon vor zwei Jahren wurden Wissenschaftler auf dieses Phänomen aufmerksam (auch wir haben darüber geschrieben): Ein Linguist erklärte, dass das Ende eines Satzes in der digitalen Kommunikation eher mit einem Zeilenumbruch als mit einem Punkt markiert werde. Nach jedem Satz wird einfach auf Senden geklickt. Der Punkt ist also eigentlich unnötig. Wenn er dann doch gesetzt wird, fragt man sich natürlich, wieso.  

Default Bild

„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

„„The period was always the humblest of punctuation marks. Recently, however, it’s started getting angry. I’ve noticed it in my text messages and online chats, where people use the period not simply to conclude a sentence, but to announce ‚’I am not happy about the sentence I just concluded.’“ “

Nun wurde die These vom bösen Punkt von einer Studie bestätigt. Forscher der Binghamton University in den USA haben ihren Testpersonen Unterhaltungen vorgelegt, die, wie in unserem Beispiel, eine Einladung mit einer kurzen Antwort darstellten. Einmal handschriftlich und einmal als Textnachricht. Das Ergebnis: Wenn die Antwort bei den Textnachrichten mit einem Punkt abgeschlossen wurde, empfanden die Probanden sie als weniger herzlich und aufrichtig als ohne Punkt. Bei den handschriftlichen Nachrichten hingegen spürten sie keinen Unterschied.

 

Denn was wir in der Face-to-Face-Kommunikation mit Gestik, Mimik und Stimme ausdrücken können, übernehmen bei Textnachrichten eben Emojis, Lautmalereien und die Satzzeichen, sagen die Forscher. Und unter den Satzzeichen ist der Punkt so etwas wie der abfällige Blick, die verschränkten Arme oder die mir-ist-alles-scheißegal-Stimme. Der Punkt hat sich also innerhalb der SMS- und Chatkommunikation selbstständig gemacht und ist vom harmlosen Satzzeichen zu einer subtilen Beleidigung aufgestiegen. Was sagt uns das? Zum einen lernen wir mal wieder, dass die zwischenmenschliche Kommunikation voll von Missverständnissen ist – egal ob digital oder real - und das wir uns den Punkt bei SMS, Whatsapp und Co vielleicht lieber sparen sollten, wenn wir Wert darauf legen, nicht als gefühlskalter Eisklotz zu gelten.

 

Eine große Frage bleibt allerdings: Sind Leute, die jede Antwort mit einem Punkt beenden, tatsächlich gefühlskalt und herzlos oder wollen sie vielleicht einfach nur grammatikalisch korrekt schreiben? Dazu sollte es dringend mal ne Studie geben. Punkt.  

  • teilen
  • schließen