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Das Leben ist kein Ponyhof

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[b]Angestrichen:[/b] "Dani dankt Jan für seine Liebe, Jan dankt Dani für ihre Liebe, Jana und Rike danken Nanette dafür, dass sie zum selben Mobilfunkanbieter gewechselt ist, um immer stundenlang kostenlos mit ihnen telefonieren zu können, Atina dankt Stephanie für ihre tiefe und enge Freundschaft, und Michael dankt seinen Eltern für deren Unterstützung und Vertrauen in all den Schuljahren." [b]Wo steht das denn?[/b] Auf Seite 115 von Lara Fritzsches Buch "Das Leben ist kein Ponyhof" über "die unbekannte Welt der Abiturienten". Die Autorin, deren Abi selbst erst sechs Jahre zurückliegt, begleitet mehrere Kölner Gymnasiasten durch ihr letztes Schulhalbjahr und das, was danach kommt. Dabei wird die Jugend von heute einmal ordentlich durchleuchtet und auf alle wichtigen Themen hin untersucht: Was halten die von der Bildungspolitik (nicht viel), wie ist das Verhältnis zu ihren Eltern (viel zu gut), wie stellen sie sich ihre Zukunft vor (zu viele Möglichkeiten). Es gibt typische Elternthemen (Flatrateparties) und typische Schülerthemen (dass man nämlich ständig den 2. Weltkrieg durchnimmt, aber nie das, was danach kam). Besonders wichtig ist scheinbar das Thema Jugend und Internet. So hat jedes Kapitel einen Untertitel, der aus dem Namen einer populären SchülerVZ-Gruppe besteht, es werden die Chatgespräche der Protagonisten wiedergegeben und ihr Netzgebrauch ausführlich geschildert und analysiert. Das Problem ist nur, dass dabei nicht wirklich etwas Neues herauskommt. Das Ganze ist zwar sehr treffend beschrieben, fasst aber im Grunde nur die Diskussionen zusammen, die in den letzten Jahren in diversen Feuilletons und Talkshows geführt wurden. Ebenso verhält es sich bei der Frage, warum Jugendliche heute nicht mehr rebellieren. Das endet wieder im Porträt einer pragmatischen Jugend, die vom sicheren Job und heiler Familie träumt. Einzig bei Themen wie Sex, Beziehungen und dem Verhältnis zum eigenen Körper wird der Leser überrascht – weil die Aussagen so extrem sind. Da ist von Gruppen- und ungeschütztem Disko-Sex die Rede, von One Night Stands und Brust-OPs. Das sei eben "wilder Partysex", nicht zu vergleichen mit "zärtlichem Pärchensex". Man fragt sich dann, ob die Protagonisten wirklich so repräsentativ sind für ihre Generation. Mehrfach entsteht der Eindruck, dass es sich bei ihnen bloß um die "Coolen" handelt, diese besondere Clique, die in der Oberstufenhackordnung ganz oben stehen. Wo bleiben die anderen, die Streber, die Nerds, die Normalos? Sie werden nebenbei und viel zu kurz abgehandelt. Wahrscheinlich waren sie einfach nicht spannend genug. Dieser Eindruck verstärkt sich, wenn man ganz am Ende des Buches den viel zu klein gedruckten Hinweis darauf findet, dass die Autorin an verschiedenen Schulen recherchiert und ihre Charaktere "in ihren persönlichen Merkmalen typisiert" hat. Im Einband wird noch vorgegaukelt, Fritzsche habe lediglich eine Abschlussklasse begleitet. Wie viel Sachbuch kann das dann noch sein? Letztendlich ist "Das Leben ist kein Ponyhof" eine leicht wegzulesende Generationenstudie, die für all jene, die dieser Generation angehören, zwar keine Neuigkeiten enthält, wohl aber die Gelegenheit, sich noch mal in die eigene Abizeit zurückzuversetzen. Bleibt nur die Frage, ob man das überhaupt will. [b]Steht im Regal zwischen:[/b] "Generation Internet – die Digital Natives" von John Palfrey und Urs Gasser und dem Spiegel Special "Wir Krisenkinder: Das Selbstporträt einer Generation". [i]"Das Leben ist kein Ponyhof – die unbekannte Welt der Abiturienten" von Lara Fritzsche, erschienen bei Kiepenheuer & Witsch, 215 Seiten, 17,95 Euro[/i]

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