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Dein Körper ist eine Kathedrale

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Cover: Heyne angestrichen: Die universelle, großartige ERWARTUNG, die Tatsache, dass kein lebender Mensch ihr tatsächlich entsprechen kann. Nicht mal die arme Mom, mit ihren Workout-DVDs von Reverend Earl und dem Spezial-Wirkstoff, der sie angeblich dünner machen soll. Trotz der ganzen Einkauferei, der Pisserei, dem Stress wegen Frisur und Make-up hat Mom keine Chance, denn auch sie wird den Erwartungen nicht gerecht, und um das Ganze für sie noch schlimmer zu machen, hat sie auch noch eine Tochter, die den Erwartungen nicht entspricht. Wo steht das denn? Annie ist zu dünn. Sie lebt in einer Welt, in der der perfekte Körper alles bedeutet. Wer einen perfekten Körper hat, ist heilig. Denn die Welt in der Zukunft, die Kit Reed in ihrem Roman "Körperkult" entwirft, ist Anhänger der Religion von Reverend Earl Sharpneck. Dieser betreibt aber nicht nur Fitnesscenter und Schönheitsfarmen, sondern ihm gehören auch Fast-Food-Ketten und ein Fernsehsender, über den er seine Parolen ausruft. Die dünne Annie wird von ihren Eltern in eine Anstalt gesteckt, damit sie wieder isst. Dort freundet sie sich mit der dicken Kelly an, die abnehmen soll. Beide bringen im Laufe des Buches das Imperium des Fitnesspapstes ins Schwanken. Kit Reed schreibt in ihrem Roman von einer Zukunft, in der erschreckend viele Gemeinsamkeiten mit dem heutigen Schlankheits- und Fitnesswahn zu finden sind. Sie spitzt die heutigen Trends so lange zu, bis eben ein ganzer Gesellschaftsentwurf daraus entsteht. Das liest sich spannend und zwischendurch kann sich der Leser ein Lachen nicht verkneifen, wenn als Reverend Earl der "Fitnesspapst“ von heute, der alberne Dr. Strunz vor dem geistigen Auge auftaucht. Steht im Bücherregal zwischen: "Willkommen in Wellville" von T. C. Boyle, einer Satire über den Gesundheitsfanatiker und Sexualabstinenzler Dr. Kellog und George Orwells "1984", der Dystopie eines totalitären Überwachungsstaates. "Körperkult" von Kit Reed. Erschienen bei Heyne. 382 Seiten, 12 Euro.

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