Süddeutsche Zeitung

Unsere Kernprodukte

Im Fokus

Partnerangebote

Möchten Sie in unseren Produkten und Services Anzeigen inserieren oder verwalten?

Anzeige inserieren

Möchten Sie unsere Texte nach­drucken, ver­vielfältigen oder öffent­lich zugänglich machen?

Nutzungsrechte erwerben

Der Wind in den Segeln der Bachelor-Kritiker

Teile diesen Beitrag mit Anderen:

Angestrichen: Mit dieser Studie wird den notorischen Kritikern an der Bologna-Reform der Wind aus den Segeln genommen. Wer sagt das? Die Bundesbildungsministerin Annette Schavan. Sie hat eine neue Studie gelesen, nach der es Bachelorstudenten gar nicht so schlecht geht, wie immer alle sagen. Was sagt uns das? Diese ganze Sache mit der Umstellung der Studiengänge auf Bachelor und Master dauert nun schon mehr als zehn Jahre. Die Proteste waren (und sind) erheblich - bei Studenten und auch bei Professoren. Und all die Debatten über die Umstellung haben zwei Seiten. Manchmal sind die Diskussionen wunderbar spannend und man bedauert jetzt schon die nächsten Generationen, die sich vielleicht nicht so substanziell mit dem Aufbau und dem Wie und dem Warum ihres Studiums auseinandersetzen müssen, weil die Dinge dann schon allesamt geregelt sind. (Wäre ohne die Reform zum Beispiel das hier entstanden? Vermutlich nicht.) Manchmal sind die Debatten aber auch lähmend, weil die Umstellung ja kein singuläres Ereignis ist, sondern einen Verlauf darstellt. In diesem Verlauf entstehen immer neue Diagnosen von immer anderen Doktoren. Und alle sind sie auf ihre Art ernst zu nehmen. Wenn einzelne Studenten aufschreien und irre Wochenstundenpläne aufnotieren und veröffentlichen, bekommt man Respekt vor der Härte der Reform. (Und wenn es in einer ersten Feststellung heißt, dass die Zahl der Studienabbrecher mehr wird, bekommt auch Respekt.) Gleichermaßen gibt es aber allerhand Hochschulen, die nun straffe aber gute Studiengänge anbieten und nach und nach auch die Freiheit nutzen und den Bachelor zum Beispiel siebensemestrig anbieten, damit mehr Zeit für Ausland und Leben bleibt. So wechselt sich in der Bewertung der Hochschulreform Grund zur Aufregung mit Grund zur Hoffnung. Und heute ist wieder so ein Tag, an dem einem Grund zur Hoffnung suggeriert wird. Bisher wusste man ja immer nicht so genau, wie tauglich der Bachelorabschluss eigentlich ist. Die Frage hat man sich am Internationalen Zentrum für Hochschulforschung in Kassel gestellt, das auf den Kurznamen INCHER hört. Mit Förderung des Bundesbildungsministeriums wurden Daten von 70.000 Absolventen der Jahrgänge 2007 und 2008 erhoben. Wie geht es ihnen? Es scheint ihnen nicht schlecht zu gehen, geht man nach Annette Schavan.

Default Bild

„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Frau Schavan Einerseits heißt es aus der Studie, dass eineinhalb Jahre nach dem Abschluss genauso viele Bachelorabsolventen arbeitslos sind wie in den alten Studiengängen. Die Dinge haben sich in dieser Beziehung nicht geändert, aber auch nicht verschlechtert. (Dazu muss man wissen: Gut 78 Prozent der Studenten studieren nach dem Bachelor weiter. 90 Prozent von ihnen in einem Masterstudiengang.) Eine echte Freude scheinen die Verantwortlichen der Studie aber vor allem an einem Fakt zu haben. In einer Pressemitteilung der Hochschulrektorenkonferenz, die die Studie sehr gut findet, steht: „Auch die Befürchtung, Studenten könnten sich nach der Studienreform ein Semester im Ausland aus Zeitgründen nicht mehr leisten, trifft nicht zu. Im Gegenteil: Mehr als ein Viertel (27 Prozent) aller Bachelor- und Masterstudenten haben eine Zeit lang im Ausland studiert. Das bedeutet eine Zunahme von 50 Prozent gegenüber den „alten“ Studiengängen, von deren Absolventen nicht einmal jeder Fünfte (19 Prozent) einen Teil seines Studiums im Ausland absolviert hat." Bundesbildungsministerin Annette Schavan glaubt, dass damit schon etwas erreicht ist: „Eines der Ziele des Bologna Prozesses lautet, dass bis 2020 mindestens 20 Prozent der Studierenden ein Auslandssemester oder ein Praktikum in einem anderen Land absolviert haben sollen. Dieses Ziel haben wir schon zehn Jahre früher erreicht.“ Dass die notorischen Kritiker im Angesicht dieser Zahlen ihre Haltung ändern, muss man wirklich nicht glauben. Die Ergebnisse taugen noch nicht für ein ordentliches Resümee zur Umstellung auf den Bachelor. Deshalb war der Donnerstag bloß einer der interessanteren Tage im Leben der Hochschulreform. Und die ist eben eher so ein Verlauf. Mal spannend. Mal weniger spannend.

Text: peter-wagner - Foto: ddp

  • teilen
  • schließen