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Die Angst des Ingenieurs vor einem neuen Titel

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Angestrichen: Es geht darum, ein bewährtes Markenzeichen zu erhalten. Der 'Dipl.-Ing.' eine sehr gut tradierte Marke. Die Vertreter ingenieurwissenschaftlicher Studiengänge machen sich dafür stark, dass der Diplomingenieurtitel auch weiterhin geführt werden kann. Das Wissenschaftsministerium arbeitet im Moment einen Vorschlag aus, der bei der Kultusministerkonferenz vorgestellt soll, um für diesen Punkt Lösungen zu finden. Wer sagt das? Jochen Laun, der Sprecher des Ministeriums für Wissenschaft und Kunst in Baden-Württemberg in einem Interview mit dem Deutschlandfunk.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Was ist der Hintergrund? Das Jahr 2010 ist was besonderes. Der Bologna-Prozess wird fertig oder soll zumindest zu einem Ende kommen. So war das 1999 nämlich gedacht, als sich die Kultusminister Europas zusammengesetzt hatten, um einen einheitlichen Hochschulraum zu vereinbaren. Die Umstellung auf die neuen Abschlüsse und Studierweisen war eine zähe Chose. War aber erwartbar. Wenn was wegkommt und was neu wird, hakt es eben. Deswegen wird gerade immer noch zu recht protestiert von den Studenten. Ist auch gut so, man soll nicht alles schlucken. Wahrscheinlich haben sie sich das jetzt auch im Wissenschaftsministerium in Stuttgart gedacht. Elf Jahre nach dem Treffen von Bologna soll ganz nebenbei nochmal an der Substanz der Reform gerüttelt werden. Der Diplom-Ingenieur soll wieder eingeführt werden, die Hochschulen sollen ihn hochoffiziell neben den Master of Science auf das Zeugnis schreiben können. Im Mai hatte das in Bayern schon ein Landtagsabgeordneter der CSU gefordert und die Urheber dieses Anliegens werden hier wie da bei den Technischen Hochschulen vermutet. Die finden es doof, dass FHs und Unis nun die gleichen Abschlüsse vergeben können, dass man also nicht mehr so leicht nachvollziehen kann, ob ein Absolvent auf einer Uni war oder auf einer FH. Hinzu kommt der Wunsch von Abgeordneten, ein bißchen Klientelpolitik zu machen. Viele Mittelständler im Land wundern sich über die neuen Titel und behaupten, der Verlust des Diplom-Ingenieurs sei kaum zu verschmerzen. Weil er doch ein Markenzeichen sei und international geachtet. Das klingt ein bißchen so, als müsse man sich in Asien nur mit "Grüß Gott, Diplom-Ingenieur" vorstellen um einen Job zu bekommen. In Wahrheit gibt es ziemlich viele Ingenieure, die davon berichten, wie sie im Ausland sehr umständlich ihren Abschluss erklären mussten. Manche Professoren berichten sogar von Anrufen von Arbeitgebern aus dem Ausland, die wissen wollten, wie sie den Diplom-Ingenieur den einstufen sollten? Vielleicht muss man die Stuttgarter ihren Vorschlag einfach ausarbeiten und durchsetzen lassen. Wenn es ihnen gut tut - sollen sie machen. Wenn nochmal elf Jahre vergehen, wird keiner mehr nach dem Diplom-Ingenieur fragen. Es wird ihn einfach niemand mehr kennen und trotzdem wird es gute Absolventen geben.

Text: peter-wagner - Foto: dpa

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