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Die Uni ist nix für dich!

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Angestrichen:
"An deutschen Schulen und Universitäten hat eine systematische Niveaunivellierung stattgefunden, die das Ergebnis einer wachsenden Scheu ist, den Lernenden gegenüber Grenzen zu ziehen, schlechte Leistungen als solche zu benennen, Unterschiede zu sehen und zu akzeptieren, anstatt allen – ob sie dafür geeignet sind oder nicht – alles eröffnen zu wollen."

Wo steht das?
In einem FAZ-Gastbeitrag von Hannah Bethke, Dozentin für Politikwissenschaft an der Universität Greifswald. 

Worum geht's?
Laut Textüberschrift bei FAZ ("Studenten können keine Rechtschreibung mehr") um die angeblich schwindende Rechtschreib- und Grammatikkompetenz deutscher Studenten. Das klingt erstmal nach einem schon oft beschworenem Bildungspessismus und macht nicht gerade Lust, sich weiter in die Sache zu vertiefen. Doch in Bethkes Text steckt ein interessanter Kern. Er ist nämlich auf den zweiten Blick eine gute Kritik an dem großen „Jeder muss Abi machen und dann auch studieren, sonst droht ihm das sichere Hungertuch "-Irrtum, der seit Jahren durch alle Gesellschaftsschichten geistert.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Ein Studium ist halt nicht für jeden das Richtige...

Bethke schreibt, es sei „eklatant" was sich einem Dozenten bei der Korrektur schriftlicher Arbeiten biete. In Hausarbeiten würden reihenweise Fehler gemacht, „mit denen man nicht einmal einen Hauptschulabschluss kriegen dürfte": Nicht nur handele es sich dabei um Rechtschreibfehler wie „hier führ", "ein Probartes Mittel" oder „Wiederstand", sondern vor allem um fehlerhaften Satzbau oder eine völlig fehlende Satzlogik.
Selbst Erasmus-Studenten, schreibt Bethke, bewiesen mittlerweile eine bessere Kenntnis deutscher Grammatik als deren Kommilitonen mit Deutsch als Muttersprache. Sobald man diesen Missstand jedoch öffentlich artikuliere, sei man sofort dem Vorwurf ausgesetzt, man sei zu streng, mute den Studenten zu viel zu oder diskriminiere womöglich jene Menschen, die unter einer Rechtschreibschwäche litten.

Solche Pathologisierungen natürlicher Begabungs- und Wesensunterschiede (Bethke führt hier auch ADHS-Diagnosen als Beispiel an) machen für die Autorin einen Teil des Grundproblems aus. Sie bezeichnet sie als Versuch der Gleichmacherei. Ungeachtet individueller Stärken und Schwächen werde mittlerweile jedem jungen Menschen vorgegaukelt, er habe das Zeug zu allem. In der Konsequenz fürchten sich Dozierende, einem Studenten Chancen zu verbauen, und vergeben daher inflationär gute Noten.

Bethke beteuert zum Schluss, sie wolle mit diesen Aussagen ganz sicher nicht „den Untergang des Abendlandes" heraufbeschwören. Sie glaube ohnehin daran, dass sich diese Probleme früher oder später von selbst erledigen müssen, da alles andere zu einer nachhaltigen Verdummung der Gesellschaft führe.

Was lernen wir daraus?
Dass Bethke sich zwar manchmal ein bisschen zu pauschal erregt (sie bringt unter anderem das völlig unreflektierte "Junge Leute lesen wohl keine Bücher mehr"-Argument), dass sie in vielen Punkten aber leider auch völlig Recht hat.

Jeder, der schon einmal das Exzerpt, Forschungsexposé oder die Hausarbeit von Kommilitonen gelesen hat, kann bestätigen: Oft gleichen diese Schriftstücke tatsächlich eher dadaistischen Fremdwortcollagen als ernstzunehmenden Dokumenten. Gerade in den Geisteswissenschaften bekommt man als Erstsemester den Eindruck vermittelt, das Wichtigste am Studium seien die Formalien, all die hochgestochen klingenden Worte, die Verwendung sehr wichtig und lateinisch klingender Abkürzungen wie „sic!". Was dann tatsächlich drin steht - whatever.

Wenn aber das relativ sinnfreie Ergebnis hinterher mit einer unverhältnismäßig guten Note bewertet wird, denkt man entweder: "Cool, ich bin hier ja besser als früher in der Schule!" oder - und das beweist dann doch die intellektuelle Kompetenz des Betroffenen - man ist völlig desillusioniert von jeglichem Bildungsprestige und denkt: "Boah, wenn das so ist, kann das ja echt jeder!"

Und es kann ja auch mittlerweile fast jeder. Genauso, wie fast jeder Abi machen kann. Grundsätzlich ist das ja auch gut. Nur darf es auf keinen Fall mit einer totale Kritiklosigkeit einhergehen, denn dann beraubt sich das liberale System seiner Funktionsgrundlage: der natürlichen Selbstregulierungskraft. Irgendwann muss einem mal jemand sehr ehrlich sagen, was man besser und was man schlechter kann, damit man seine Stärken und Schwächen erkennt.

Und was ist die Konsequenz?
Das Abi gilt mittlerweile als nötige Voraussetzung für fast jedes Berufsziel. Dadurch ist die Universität schon längst kein Ort der freiwilligen Bildungsmöglichkeit mehr, sondern die Zwangsfortführung der Schule, die alle durchlaufen müssen, die später nicht unter der Brücke landen wollen. Logisch, dass da das Studien-Engagement oft zu wünschen übrig lässt. Und wenn man damit durchkommt, wieso sollte man etwas daran ändern?

Man kann es fragwürdig finden, einen durchschnittlich bildungshungrigen Menschen in ein wissenschaftlichtes Uni-System zu schleusen, wenn von vorneherein klar ist, dass er das ganze Zitier- und Fußnoten-Getue niemals wieder brauchen wird. Vielen reicht ja einfach schon das Wissen, dass Foucault irgendwie der Meinung war, dass was als "richtig" und was als "falsch" gelte, keinesfalls in Stein gemeißelt sei. Foucault Ende, weiter geht’s. Da draußen wartet ja noch so viel mehr. Die Wissenschaft sollte also besser denen gehören, die wirklich Lust auf Wissenschaft haben. Dafür muss man aber erst einmal wissen, ob sie einem taugt oder nicht. Aber erstens wird man in der Schule darauf denkbar schlecht vorbereitet, heißt: schlecht darüber informiert. Und zweitens bekommt man in der Uni ein denkbar schlechtes Feedback, das einem hilft, sich selbst als guten oder schlechten Wissenschaftler einzuordnen.

Es sollte also wieder mehr Wert darauf gelegt werden, dass Menschen an Unis gehen, die Wissenschaftler werden wollen. Und an der Uni selbst sollte es ehrlicher zugehen, schlechte Noten sollten erlaubt sein. Ansprüche sind dazu da, sich an ihnen zu messen, daran zu scheitern oder sie zu erfüllen. Wenn einem niemand vorgaukelt, dass man es schon irgendwie schaffen kann in der Wissenschaft, obwohl eigentlich klar ist, dass man nur durchgeschleppt wird, funktioniert auch die Selektion. Alle, denen das Studium eine Nummer zu verkopft ist, würden durch ehrliche Benotung und schärfere Kritik sicher nicht in eine lebensverneinde Depression gestürzt. Scheitern ist völlig in Ordnung, vor allem, wenn man 20 ist. Und dann kann man die Bibliothek erleichtert verlassen und etwas Handfestes lernen.

Text: martina-holzapfl - Foto: John Dow / photocase.com

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