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Cover: Fischer Taschenbuch Verlag angestrichen: Wir taumeln in Retro-Trainingsjacken durch unsere Epoche und sehen die Welt durch getönte Pilotenbrillen. Wir glauben an nichts mehr, und weil wir an nichts mehr glauben, glauben wir jeden Mist. Weil wir keine Haltung haben, gehen wir mit jeder Mode und drehen uns doch nur im Kreis. Wir sind uns nicht sicher, wann das angefangen hat, aber wir haben eine vage Ahnung, dass es so nicht weitergehen kann. Wo steht das denn? So sind wir, meint Sascha Lehnartz in seinem Buch ‚Global Players – Warum wir nicht mehr erwachsen werden’, und versucht sich an einer Vivisektion der so genannten ‚Multioptionsgesellschaft’. ‚Wir’, das sind angeblich die Menschen unter 30. Getriebene von Globalisierung, Pop und postmodernem Ironiezwang, die trotzdem, oder gerade deshalb, zu träge oder zu ängstlich sind, um erwachsen zu werden. Im reiferen Alter ein buntes Paar Turnschuhe zu kaufen ist für Lehnartz kein Modestatement, sondern ein subversiver Akt gegen die demografische Ordnung. „Wer keine Haltung hat, braucht Moden“, versucht der Autor zu provozieren. Aufgrund welchen Symptoms er aber dieses Fehlen von Attitüde diagnostiziert, bleibt unklar. So schafft er mit einer großen Portion Polemik nur ein Klischee-Kaleidoskop, und vergisst dabei, dass Hyperbeln nicht immer ein hilfreiches Mittel sind, um Glaubwürdigkeit und Distanz zu schaffen. Untersuchungen und Zitate aus 70 Jahren Gegenkultur, Hipstertum und juveniler Rebellion zeigen, was sich manch einer wohl schon immer dachte: Nonkonformismus ist eigentlich konformistisch und „jugendlicher Widerstandsgeist ist der Exportschlager der Kulturindustrie.“ Der kausale Zusammenhang dieser Thesen mit der Konstitution einer, bereits reichlich oft bemühten, Peter-Pan-Generation will sich jedoch nicht so recht erschließen. Gelegentliche Anekdoten aus seinem Privatleben sowie der Untertitel verraten, dass sich der Autor auch selbst als Betroffener dieses Phänomens begreift. Für diejenigen, die sich ähnlich deformiert fühlen und auf der Suche nach einem Ausweg sind, sei gesagt, dass Sascha Lehnartz einen Lösungsvorschlag schuldig bleibt. Wer etwas neu machen will brauche dafür auch eine neue Idee, so seine Schlussfolgerung. Doch seit langem scheint keine solche mehr in Sicht und falls doch, ist sie mit Sicherheit schon urheberrechtlich geschützt. Steht im Bücherregal zwischen: „Schöne junge Welt“ von Claudius Seidl und einem Stapel Neon-Magazine „Global Players“ von Sascha Lehnartz. Erschienen bei Fischer Taschenbuch Verlag. 285 Seiten, 12 Euro 90.

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