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Lobbydenken im Musikstreit: Böse Piraten berauben gute Industrie

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Angestrichen: "Im kommenden Jahr wird die Zahl der Strafanträge deutlich erhöht.“ Wo steht das denn? Fast möchte man sagen: Überall. Denn der Plan von Peter Zombik scheint aufgegangen zu sein: Der Geschäftsführer des Bundesverbandes der phonographischen Wirtschaft hat die meldungsarme Weihnachtszeit genutzt, um der Nachrichtenagentur AP zu erläutern, was er über Internet-Tauschbörsen denkt. Darin kann man nicht nur den obigen Satz lesen, sondern auch erfahren, wie der Phonoverband auf moderne Technologien und verändertes Kaufverhalten seiner Kunden reagiert: "Wir haben seit Beginn der Aktion im Jahr 2004 in insgesamt 20.000 Fällen Strafanzeige gestellt, davon in 10.000 Fällen allein im Jahr 2006", wird der Musiklobbyist zitiert. Und zwar in zahlreichen Medien, die Zombiks einseitige Rechtsauffassung auch entsprechend angstschürende verpacken: "Internetpiraten bläst bald ein rauherer Wind entgegen", meldet zum Beispiel Blick Online aus der Schweiz und in der Wirtschafts Woche heißt es „Musikindustrie sagt Internetpiraten den Kampf an“.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Piratengegner Zombik (links) bei der Eröffnung der Popkomm 2001, Foto: AP Aber selbst vermeintlich seriöse Medien, die ohne die unklare Zuschreibung der Piraten auskommen, fallen auf Zombiks Kampagne rein: "Allein 2005 wurden 439 Millionen CD-Alben kopiert, was einen rechnerischen Verlust von 5 Mrd. Euro bedeute", schreibt die Financial Times Deutschland und suggeriert damit, das Kopieren einer CD sei verboten und würde zu einem direkten Verlust bei der Musikindustrie führen. Beides ist unrichtig. Nach aktueller Gesetzeslage macht man sich eben nicht strafbar, wenn man eine CD zur Sicherung brennt. In Apple Musikladen itunes wird man dazu sogar aufgefordert. Bei spiegel.de wird einfach die gesamte Agenturmeldung veröffentlicht. Ergänzt hat das Online-Portal des Spiegel jedoch einen weiteren merkwürdigen Begriff: „Musikindustrie vs. P2P-Nutzer“ steht über der Überschrift des Textes. Hier wird mit der unrichtigen Annahme gespielt, dass die Nutzung eines P2P (Peer to Peer)-Netzwerkes verboten sei. Auch das ist falsch: Jedermann kann solche Tauschbörsen nutzen, um Dateien, an denen er oder sie die entsprechenden Rechte hat, zu tauschen. Sicher hat Herr Zombik gute Gründe für sein Vorgehen. Immerhin will er die Interessen seines Verbandes vertreten. Traurig ist jedoch, dass dieser plumpe Lobbyismus sich tatsächlich so ungebremst im Netz verbreitet. Einer offenen Debatte, die ein modernes Urheberrecht dringend bräuchte, hilft es sicher nicht. Mehr zum Thema in der Übersicht Urheberrecht auf jetzt.de.

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