Süddeutsche Zeitung

Unsere Kernprodukte

Im Fokus

Partnerangebote

Möchten Sie in unseren Produkten und Services Anzeigen inserieren oder verwalten?

Anzeige inserieren

Möchten Sie unsere Texte nach­drucken, ver­vielfältigen oder öffent­lich zugänglich machen?

Nutzungsrechte erwerben

"Tochter, ich wünsche dir tollen Sex!"

Teile diesen Beitrag mit Anderen:

Angestrichen:  

"Look, I love sex. It’s fun. And because I love my daughter, I want her to have all of the same delights in life that I do, and hopefully more. I don’t want to hear about the fine details because, heck, I don’t want those visuals any more than my daughter wants mine. But in the abstract, darling, go out and play." 


Wo steht das?  

In einem Artikel auf The Good Men Project, einem amerikanischen Blog, der sich einem modernen, aufgeklärten Männerbild verschrieben hat, sozusagen dem Gegenpart von FHM.  

Default Bild

„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



Und worum geht’s?  

Um Sex! Und zwar, besonders heikel, um das Sexleben der eigenen Tochter. Ein amerikanischer Science-Fiction-Autor namens Ferrett Steinmetz hat Anfang der Woche eine Art offenen Brief an seine Tochter veröffentlicht, in dem er mit dem weitverbreiteten Selbstverständnis von Vätern aufräumt, sich als Gralshüter über das Liebesleben der eigenen Tochter zu sehen.  

Als Steinbruch für seine Argumente dient ihm eine beliebte Sammlung von "10 Rules for dating my daughter", die seit Jahren kichernd im Netz geteilt wird. Eine der harmloseren Regeln darin lautet: "Du berührst meine Tochter nicht vor meinen Augen. Du darfst sie angucken, aber nur oberhalb des Halses. Wenn du deine Augen oder Hände nicht vom Körper meiner Tochter fernhältst, werde ich sie entfernen."  

Mit seiner Replik auf diese Liste hat sich Steinmetz keine ganz leichte Aufgabe gemacht. Schließlich sind die Regeln in einem humorvollen Ton geschrieben, und es ist bekanntlich schwer bis unmöglich, Ironie mit einer ernsten Antwort zu kontern, ohne dabei komplett humorlos zu wirken.  

Er versucht es trotzdem. Indem er die Mechanik dieser Art von väterlichem Territorial-Anspruch entlarvt, der im Prinzip immer auf dasselbe hinauslaufe: "Jungs sind bedrohliche Flegel, Sex ist schrecklich, wenn Andere ihn haben, und meine Tochter ist eine Puppe, deren Schicksal ich kontrollieren kann."  

Er sagt also seiner eigenen Tochter: Sex ist eine der schönsten Sachen der Welt – und wer bin ich, dir reinzureden, wen du dir dafür als Partner aussuchst? Einvernehmlicher Sex ist nichts, was Männer dir "wegnehmen", es macht dich nicht zu einem Opfer, einem Mann Lust zu bescheren, wenn du selbst Lust darauf hast und Spaß daran. Im Grunde entlarve sich ein Vater, der im Liebhaber der eigenen Tochter seinen Feind sieht, selbst als Frauenfeind. Weil er ihr das Urteil abspreche, selbst zu entscheiden, wer oder was gut für sie ist.  

Und was ist daran neu?  

Man kratzt sich tatsächlich ein bisschen am Kopf, was denn am schlichten Aussprechen der Formel "Tochter, ich wünsche dir guten Sex" so bahnbrechend sein soll – dass der Text aber (zumindest in den USA) einen durchaus wunden Punkt im Kopf vieler Eltern berührt, zeigt die Wucht, mit der der Artikel seit Dienstag im Netz geteilt wird. 

Der Autor hat die Auswirkungen seines Textes inzwischen selbst beschrieben: Er werde von tausenden Eltern abwechselnd als guter oder füchterlicher Vater bezeichnet. Die einen klopfen ihm auf die virtuelle Schulter, weil sie selbst sich als Teenager einen so aufgeschlossenen Dad gewünscht hätten. Die anderen fragen in boshaftem Ton: "Wenn es dich nicht stört, wenn ich mit deiner Tochter schlafe - kann ich dann bitte ihre Nummer haben?"  

Steinmetz hat auch darauf eine klare Antwort: "Wenn sie dir ihre Nummer geben möchte, darf sie das gerne. Aber ich glaube, wenn ich ihr eines beigebracht habe, dann ist es, die allergrößten Vollidioten nicht zu vögeln."

Text: jan-stremmel - Foto: Stewart Black/Flickr

  • teilen
  • schließen