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Türhitler, Stylenazis und Bösewichte

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Die Geschichte des Hitlerblogs ist eine Geschichte voller Missverständnisse. In den Kommentaren des Blogs werde ich wahlweise als Nazi oder als linksradikale Zecke beschimpft. Ein Berliner Stadtmagazin sah mich wegen des Blogs gar als Provokateur. Nichts dergleichen ist zutreffend. "Die endgültige Zerstörung des Mythos Hitler - das ist die Aufgabe des Hitlerblogs" lauten Credo und Ziel - in Anlehnung an ein Zitat von George Tabori und Clodwig Poths Auftrag an das Satiremagazin Titanic.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Im Grunde ist das Blog bloß eine Dokumentation dessen, was in den deutschen und internationalen Medien, in Politik, Werbung, Film und Fernsehen mit Hitler, den Nazis und dem Dritten Reich so angestellt wird. Mich interessiert dabei weniger die eigentliche Aufarbeitung der Geschichte, der historischen Tatsachen oder der Status Quo der deutschen Rechten, sondern vielmehr wie die historischen Figuren in Medien, Kunst und allgemeiner Wahrnehmung ein Eigenleben entwickeln. Denn das tun sie durchaus. Etwa wenn Hitler als Cartoonfigur in einer koreanischen Werbung neben einem Heizkörper aus deutscher Produktion abgebildet wird und der Händler mit dem Slogan "Kampf der Kaltfront" wirbt. Oder wenn in Indien einer auf die Idee kommt, seine Lounge ins Zeichen des Hakenkreuz zu stellen und mit Hitlerbildern zu dekorieren. Und auch eine chinesische Kondomwerbung mit Hitler, Stalin und Saddam Hussein oder die Nutzung von "Hitler" und "Nazi" als Schmähbegriff zeugen davon, dass Hitler - den man in diesem Zusammenhang eigentlich immer in Anführungszeichen setzen müsste - heute zum Inbegriff des hassenden, intoleranten Bösen geworden ist. Wo unsere Großeltern noch den Teufel riefen, sprechen wir immer häufiger von den Protagonisten des Dritten Reichs. Stylenazi? Türhitler? Eben. Schuld am Hitlerblog sind Geschichte-LK und Titanic-Abo. Diese Kombination war der Anfang einer privaten Sammlung an "Hitlereien". 2005, als "She Said Destroy" noch der Maßstab aller Blogs war, fand diese ihren Weg zunächst in ein irrsinnig dilettantisches und tatsächlich auf Krawall gebürstetes Blog mit dem abwegigen Namen "The Fucking German Nazi Kids" - und später in die von der Z.I.A. initiierte Riesenmaschine. Als dann aber die taz ihre Blogs startete und die Hitler-Fundstücke in der Riesenmaschine überhand nahmen, war der ideale Ort gefunden: Im Rahmen der taz, dachte ich, sei die Intention des Hitlerblogs unmissverständlich. So war es dann auch. Denn trotz all der Missverständnisse ist das Hitlerblog auch eine Erfolgsgeschichte. Selbst dann, wenn diese Abarbeitung an der Symbolik des Dritten Reichs eine Sysiphosaufgabe und der Mythos Hitler niemals zu zerstören sein sollte.

Text: jetzt-redaktion - Illustration: Katharina Bitzl

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