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Wenn ich wiederkomme, dann nur als Abgeordneter - das waren meine Worte, als mich während meines Praktikums im Europäischen Parlament meine Vorgesetzte fragte, ob ich nach dem Studium zurückkommen wolle. Ich konnte es schwer mit ansehen, dass der schnell ausgebildete und Anzug tragende Bürokratennachwuchs die vermeintliche Elite der Politik sein sollte. Aber ich dachte, dass ich mit meinem mittelmäßigen Abi, einem Jurastudium in Bremen und ein paar Zeitungspraktika nicht gegen ihre Hochglanzlebensläufe anstinken könnte. Mein Ausruf war eher ein trotziger Scherz. Heute weiß ich, dass darin viel Wahrheit steckte.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



Drei Jahre später wählten mich die Grünen auf einen aussichtsreichen Platz zur Europawahl. Ich nahm mir fest vor, den Menschen in Europa wieder Gehör zu verschaffen und für ihre Bürgerrechte und für demokratische und rechtsstaatliche Regeln unseres Zusammenlebens zu kämpfen. Ich hatte mir viel vorgenommen. Als ich das erste Mal ehrfürchtig auf einem der klobigen Ledersessel im Plenarsaal des Europäischen Parlaments in Straßburg Platz nehmen durfte, fühlte ich mich wie im Konföderationsrat bei „Star Wars“. Ich hielt viele Reden, schrieb haufenweise Anträge, informierte die Presse, leistete Überzeugungsarbeit - was ein Politiker eben macht. Bis mir langsam klar wurde, dass die Entscheidungen immer noch an mir vorbeigingen. Sie fielen in den großen Fraktionen, bei ihren Vorsitzenden, den Kommissaren und Regierungen, offenbar ohne dass es jemand wie ich beeinflussen konnte.


Über Jahre hatte ich mit einigen Gleichgesinnten mit guten Argumenten gegen das internationale Handelsabkommen Acta gestritten. Unsere Warnungen hatten niemanden interessiert. Wir hatten Resolutionen und Pressemitteilungen geschrieben, Gutachten beantragt, doch wir wurden nie gehört. Es war wie verhext. Kurz vor den entscheidenden Abstimmungen im Juli wurde unsere Kritik plötzlich wahrgenommen. In Polen gingen Zehntausende Menschen gegen Acta auf die Straße und kämpften für die Freiheit im Internet. Es folgten europaweite Proteste. Auf einmal kamen die entscheidenden Personen, die uns bislang wie lustige Hobbits im Auenland betrachtet und ignoriert hatten, in Bedrängnis, mussten sich vor der aufgebrachten Menge rechtfertigen. Da wurde mir klar, wie wenig Parlamentarier ohne Öffentlichkeit bewirken können und wie wichtig es dennoch ist, immer wieder aufs Neue die gleichen Fragen und Forderungen zu stellen, bis sich die Verantwortlichen nicht mehr entziehen können. Das ist mühsam. Manchmal kann es Jahre dauern. Und manchmal frustriert es. Wenige Monate vor unserem Erfolg gegen Acta saß ich in Straßburg in der Internet-Arbeitsgemeinschaft der grünen Europafraktion und wollte alles hinschmeißen, weil uns der verantwortliche EU-Handelskommissar mit seinen ewig wiederholten Plattitüden als unbedeutende Minderheit darstellte. Doch dann entstand quasi über Nacht große Aufmerksamkeit für unser Thema. Viele Menschen schauten hin, brachten sich ein, bewegten etwas. Die Demokratie lebte.

Ich habe diese positive Erfahrung wohl auch deshalb machen können, weil ich mich nicht abschrecken ließ von den eingespielten Vorgängen der großen Politik. Denn mit den Jahren war mir klar geworden, was zunächst platt klingt: Auch dort sitzen nur Menschen. Menschen, die der mühsamen Aufklärung politisch komplexer Vorgänge oft müde geworden sind und sich mit den vermeintlich unumstößlichen Rahmenbedingungen arrangiert haben. Das aufzubrechen ist mühsame Kleinstarbeit. Bei Acta ist es gelungen - das Europäische Parlament hat das Abkommen abgelehnt. Die Hartnäckigkeit hat sich gelohnt!

Text: jan-philipp-albrecht - Foto: Felix Krüger

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