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Frohes neues Jahr

Text: missbutterfly
Es fühlt sich ein bisschen an wie ein einsames Silvester, alleine mit einem Glas Wein in der Hand am Fenster zu stehen und das Feuerwerk zu betrachten.



Der erste Abend, den ich ganz alleine verbringe, ohne eine tröstende Mama oder Freundin, die mir helfen die plötzliche Einsamkeit auszuhalten, beginnt mit zwei Tüten asiatischer Nudelsuppe und einer Flasche Weißwein.



Tapfer setze ich mich auf die Couch und lese. So richtig kann ich mich nicht konzentrieren, ständig schweifen meine Gedanken ab, so macht lesen auch keinen Spaß. Wie es ihm wohl geht? Bestimmt ist er unterwegs und betrinkt sich, das ist ja schließlich das männliche Ritual in solchen Situationen. Schließlich habe ich mich auch schon ins Klischee gefügt, war beim Friseur und habe mir unglaublich unpraktische Schuhe gekauft. Mit Absätzen, zum sexy fühlen. Und ich war mich betrinken.



Nichtsdestotrotz sitze ich jetzt hier alleine auf dieser Couch und weiß nichts mit mir anzufangen. Weil mich das Buch nun so gar nicht ablenkt, schalte ich den Fernseher an und sehe mir einen idiotischen Film mit Whoopi Goldberg an. Wie gemein, dass gerade heute Abend kein guter Film im Fernsehen kommt. Irgendein Liebesfilm zum mitheulen wäre genau das richtige.



Schließlich halte ich es nicht mehr aus, ich brauche eine Aufgabe. Also gehe ich Zigaretten holen; leider ist der Automat direkt gegenüber, bis ich wieder in der Wohnung bin, vergehen bloß fünf Minuten, ich bin kein bisschen müde und der Abend ist noch so endlos lang. Whoopi Goldberg hat Pause, zum Glück, auf Arte läuft „Der Himmel über Berlin“, den wollte ich schon immer mal sehen, hat auch gerade erst angefangen. Schön. Eine Zeitlang liege ich auf gemütlich auf der Couch, trinke den Wein, rauche zuviel und schaffe es, kaum an ihn zu denken.



Ein lauter Knall, ein zweiter, schnell die Rolladen hoch und aus dem Fenster geschaut. Zwischen den Bäumen hindurch, hinter der Brücke funkelt ein Feuerwerk. Ich mache das Licht aus, um es besser zu sehen und stelle mich mit dem Glas in der Hand wieder ans Fenster, der Film läuft weiter und ich sehe den Funken zu wie sie verglühen und höre dem Gedicht zu, das im Film immer wieder vorgetragen wird: “Als das Kind Kind war...“.



Eine plötzliche Ruhe kommt über mich und der Abend gehört mir allein, keine Einsamkeit mehr, sondern nur noch Ruhe. Das Feuerwerk scheint ewig zu dauern und es ist nur noch für mich allein. „Frohes neues Jahr“ flüstere ich und proste meinem Spiegelbild im Fenster zu, „alles Gute und Liebe für dein Leben“.











„Als das Kind Kind war,

war es die Zeit der folgenden Fragen:

Warum bin ich ich und warum nicht du?

Warum bin ich hier und warum nicht dort?

Wann begann die Zeit und wo endet der Raum?

Ist das Leben unter der Sonne nicht bloß ein Traum?

Ist was ich sehe und höre und rieche

nicht bloß der Schein einer Welt vor der Welt?

Gibt es tatsächlich das Böse und Leute,

die wirklich die Bösen sind?

Wie kann es sein, daß ich, der ich bin,

bevor ich wurde, nicht war,

und daß einmal ich, der ich bin,

nicht mehr der ich bin, sein werde?

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