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Eine Nacht in Bilbao
Es war schon nach zehn Uhr abends als ich in Bilbao ankam und es dämmerte. Morgen um halb sieben würde mein Flieger nach Deutschland gehen.
Sollte ich für die Nacht wirklich noch ein Hotel suchen? Wofür war ich jung und wild. Mann oder Memme. Abenteurer oder Spießer dachte ich. Also beschloß ich mein Gepäck wegzuschließen und mich in das Nachtleben der nordwestbaskischen Hafenstadt. Zunächst nahm ich die Metro in das Altstadtviertel 7 Calles, wo es einige urige (urchige, wie der Schweizer sagen würde) Kneipen zu geben schien, wie ich in meinem australischen Reiseführer gelesen hatte. Dem U-Bahnschacht entstiegen hatte ich zunächst einige Orientierungsprobleme, was mit den Straßennamen zusammenhing. Diese stehen normalerweise auf Spanisch und Baskisch (Euskadera) auf den Schildern. Allerdings ist es eine gängige Praxis der jugendlichen Sympathisanten der baskisch- nationalistischen Untergrundorganisation ETA (Euskadi ta Askatasuna = Baskenland und Freiheit) den spanischen Teil der Schilder zu übermalen. Die ETA betrachtet das Baskenland als von Spanien besetzt und kämpft für die Unabhängigkeit.
Ich verließ mich also auf meinen Orientierungssinn, ging in die nächstbeste Kneipe, bestellte mir ein Bier und nahm mir ein paar Tapas. Im Baskenland sind besonders die Tapas mit Meeresfrüchten zu empfehlen, aber es gibt auch die üblichen Jamon (Schinken) und Käsevarianten. Tapas-Hopping ist eine meiner absoluten Lieblingsbeschäftigungen in Spanien. Man tourt durch verschiedene Kneipen und kostet die verschiedenen tapas. Seltsamerweise sind die dreckigsten Kneipen mit dem meisten Müll auf dem Boden dabei oft die besten. Nachdem ich mich bis halb eins durch die Altstadt gefressen hatte, beschloß ich das neue Guggenheim-Museum zu besuchen, das natürlich geschlossen hatte, aber ein imposantes Beispiel moderner Architektur darstellte. Die Stahl- und Glaskonstruktion gleicht einem riesigen gestrandeten Walfisch. Sie sollte der Industriestadt Bilbao künstlerischen Glanz verleihen. Glanz hin, Glanz her, aber mir war es kalt geworden, weil in der Nähe des Hafen ein kalter Wind wehte und deshalb beschloß ich in eine Disko zu gehen, weil es da nicht kalt war und die Gefahr einzuschlafen auch nicht so groß war.
Kaum hatte ich die Disko betreten und meine Jacke ausgezogen, da kam ein ziemlich schickes junges Mädchen auf mich zu. Sie trug einen kurzen lindgrünen Minirock und ein passendes bauchfreies Oberteil mit einem Ausschnitt unter dem sich einiges erahnen ließ. Sie hatte dunkle Augen und dunkelbraune Haare, die sie irgendwie mit Spangen und Spray zu einer komplizierten Frisur verarbeiten hatte. „Hola Guapo, Vamos a Bailar“, sagte sie und zog mich in die Mitte der Tanzfläche. Ich tanze schlecht wie alle Deutschen, aber das war hier nicht wichtig, denn wir gingen so gleich zum Küssen über. Sie war etwa einen Kopf kleiner als ich, jedoch schlank und das sagte mir zu. Auf einmal kramte sie in ihrer Handtasche und drückte mir etwas in die Hand. Zuerst dachte ich, es sei ein Bonbon, aber beim zweiten Hinsehen wurde mir mein Irrtum bewußt: Es war ein Kondom. Mit einer gewissen Eile zog sie mich in Richtung Toilette.
Es war mein erstes Mal auf einer Toilette. Die Toilette war eng und stank. Eine Behindertentoilette wäre besser gewesen. So wie die von unserem Institut. Egal, in der Not frißt der Teufel Fliegen. Das ganze dauerte den Umständen entsprechend kaum zwanzig Minuten, während denen sich allerdings eine Schlange vor dem WC bildete und das einzige, woran ich mich deutlich erinnere ist ein Tattoo auf ihrer Rückseite, das eine Spinne in ihrem Netz darstellt.
Als wir den Tatort verlassen , kommt uns ein Schrank von einem Mann entgegen. „Shit, mi novio“, flüstert sie mir zu und ich habe kapiert, daß es jetzt auf schnelle Beine ankommt. Ich verlasse die Disko im Stile eines Carl Lewis und sprinte um die nächste Ecke. Ich weiß um meine schlechte Kondition, deshalb verstecke ich mich in einer Hecke, dummerweise mitten in Dornen und Brennesseln. Er rennt vorbei. Ich warte einige Minuten, dann hole ich meine Jacke in der Disko. Als ich endgültig entkommen bin, löst sich meine Anspannung in einem Lachen.
Einige Stunden später sitze ich im Flugzeug neben einer Nonne, die nach Santiago de Compostela gepilgert ist. Sie fragt mich ob ich auch ein Pilger bin. „So eine Art Pilger, antworte ich lachend, so eine Art Pilger“ und ich überlege ob es Gotteslästerung wäre, wenn ich im Dom eine Dankeskerze für den glimpflichen Ausgang meines Abenteuers anzünden würde.
Sollte ich für die Nacht wirklich noch ein Hotel suchen? Wofür war ich jung und wild. Mann oder Memme. Abenteurer oder Spießer dachte ich. Also beschloß ich mein Gepäck wegzuschließen und mich in das Nachtleben der nordwestbaskischen Hafenstadt. Zunächst nahm ich die Metro in das Altstadtviertel 7 Calles, wo es einige urige (urchige, wie der Schweizer sagen würde) Kneipen zu geben schien, wie ich in meinem australischen Reiseführer gelesen hatte. Dem U-Bahnschacht entstiegen hatte ich zunächst einige Orientierungsprobleme, was mit den Straßennamen zusammenhing. Diese stehen normalerweise auf Spanisch und Baskisch (Euskadera) auf den Schildern. Allerdings ist es eine gängige Praxis der jugendlichen Sympathisanten der baskisch- nationalistischen Untergrundorganisation ETA (Euskadi ta Askatasuna = Baskenland und Freiheit) den spanischen Teil der Schilder zu übermalen. Die ETA betrachtet das Baskenland als von Spanien besetzt und kämpft für die Unabhängigkeit.
Ich verließ mich also auf meinen Orientierungssinn, ging in die nächstbeste Kneipe, bestellte mir ein Bier und nahm mir ein paar Tapas. Im Baskenland sind besonders die Tapas mit Meeresfrüchten zu empfehlen, aber es gibt auch die üblichen Jamon (Schinken) und Käsevarianten. Tapas-Hopping ist eine meiner absoluten Lieblingsbeschäftigungen in Spanien. Man tourt durch verschiedene Kneipen und kostet die verschiedenen tapas. Seltsamerweise sind die dreckigsten Kneipen mit dem meisten Müll auf dem Boden dabei oft die besten. Nachdem ich mich bis halb eins durch die Altstadt gefressen hatte, beschloß ich das neue Guggenheim-Museum zu besuchen, das natürlich geschlossen hatte, aber ein imposantes Beispiel moderner Architektur darstellte. Die Stahl- und Glaskonstruktion gleicht einem riesigen gestrandeten Walfisch. Sie sollte der Industriestadt Bilbao künstlerischen Glanz verleihen. Glanz hin, Glanz her, aber mir war es kalt geworden, weil in der Nähe des Hafen ein kalter Wind wehte und deshalb beschloß ich in eine Disko zu gehen, weil es da nicht kalt war und die Gefahr einzuschlafen auch nicht so groß war.
Kaum hatte ich die Disko betreten und meine Jacke ausgezogen, da kam ein ziemlich schickes junges Mädchen auf mich zu. Sie trug einen kurzen lindgrünen Minirock und ein passendes bauchfreies Oberteil mit einem Ausschnitt unter dem sich einiges erahnen ließ. Sie hatte dunkle Augen und dunkelbraune Haare, die sie irgendwie mit Spangen und Spray zu einer komplizierten Frisur verarbeiten hatte. „Hola Guapo, Vamos a Bailar“, sagte sie und zog mich in die Mitte der Tanzfläche. Ich tanze schlecht wie alle Deutschen, aber das war hier nicht wichtig, denn wir gingen so gleich zum Küssen über. Sie war etwa einen Kopf kleiner als ich, jedoch schlank und das sagte mir zu. Auf einmal kramte sie in ihrer Handtasche und drückte mir etwas in die Hand. Zuerst dachte ich, es sei ein Bonbon, aber beim zweiten Hinsehen wurde mir mein Irrtum bewußt: Es war ein Kondom. Mit einer gewissen Eile zog sie mich in Richtung Toilette.
Es war mein erstes Mal auf einer Toilette. Die Toilette war eng und stank. Eine Behindertentoilette wäre besser gewesen. So wie die von unserem Institut. Egal, in der Not frißt der Teufel Fliegen. Das ganze dauerte den Umständen entsprechend kaum zwanzig Minuten, während denen sich allerdings eine Schlange vor dem WC bildete und das einzige, woran ich mich deutlich erinnere ist ein Tattoo auf ihrer Rückseite, das eine Spinne in ihrem Netz darstellt.
Als wir den Tatort verlassen , kommt uns ein Schrank von einem Mann entgegen. „Shit, mi novio“, flüstert sie mir zu und ich habe kapiert, daß es jetzt auf schnelle Beine ankommt. Ich verlasse die Disko im Stile eines Carl Lewis und sprinte um die nächste Ecke. Ich weiß um meine schlechte Kondition, deshalb verstecke ich mich in einer Hecke, dummerweise mitten in Dornen und Brennesseln. Er rennt vorbei. Ich warte einige Minuten, dann hole ich meine Jacke in der Disko. Als ich endgültig entkommen bin, löst sich meine Anspannung in einem Lachen.
Einige Stunden später sitze ich im Flugzeug neben einer Nonne, die nach Santiago de Compostela gepilgert ist. Sie fragt mich ob ich auch ein Pilger bin. „So eine Art Pilger, antworte ich lachend, so eine Art Pilger“ und ich überlege ob es Gotteslästerung wäre, wenn ich im Dom eine Dankeskerze für den glimpflichen Ausgang meines Abenteuers anzünden würde.