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Der kleine Bruder meiner Freundin

Text: Sommernachtshimmel
„Tausend Mal hatte ich ihn schon gesehen....“



Jeden Tag in der Schule. An der Bushaltestelle.

Er war immer einfach nur der kleine Bruder meiner Freundin.

Doch dieses mal war es anders.

Samstag Nachmittag, ich hatte ein Klaviervorspiel.

Wie ich es hasse, ich bin immer so aufgeregt dass ich vor lauter Zittern die Tasten nicht treffe, und außerdem sollte ich noch so ein beschwingtes aber irgendwie nichtssagendes Stück spielen, eine Sonatine, vierhändig.

Im Programm las ich, das er, auch spielen würde, überflog seinen Namen, so wie alle anderen.

Dann kam er, mit meiner Freundin, seinen Eltern, seinem besten Freund, alle wollten ihn spielen hören.

Doch zuerst war ich dran. Ich ratterte mein Stück runter, ging zurück zu meinem Platz, an ihm vorbei, ohne ihn zu beachten.

„Du hast gut gespielt.“ Ich drehte mich um...und wieder weg...und wieder hin..

„Äh äh äh danke...“ Warum fing ich denn plötzlich an zu stottern? Es war doch nur der kleine Bruder meiner Freundin. Doch auf einmal war er nicht mehr nur der kleine Bruder meiner Freundin...er hatte jetzt einen eigenen Namen...zwanzig Mal las ich mir seinen Programmpunkt darauf hin im Programmheft durch...um mich danach zu wundern warum ich von den letzten 3 Stücken überhaupt nichts mitbekommen habe.

Auf einmal fing ich an zu überlegen, wie ich meine Hände falte, wie ich meine Beine überschlage, wie sieht es wohl am besten aus?

Dann spielte er. Ein selbstkomponiertes Lied, für mich das schönste dieser Welt in diesem Moment. Ich ging alle Varianten durch, was ich zu ihm sagen könnte, wenn er zurückkäme, nach einer kleinen Verbeugung, schüchtern lächelnd.

Doch er ging andersherum.

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