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Eskimos

Text: nenn_mich_moewe
Kater ist dienstags zu schön für ein Glas Wasser auf dem Balkon, sein Pullover kratzt an den Enden die Knöchel wund, sein Bauch wölbt sich ein Stück weit und die Beine sehen eigentlich immer schlank aus.
Was er zärtlich machen kann ist Niveacreme auf meinen Händen zu verreiben, die nicht in unser Leben passen wollen, „möwe, wir könnten auch deine Hände abschneiden, dann malst du weniger und bist trotz allem flexibel.“
Ich schmunzele dann und ziehe die Nase kraus, weil sie bekommt dann so einen kleinen Knick und ich weiß, dass auf den Knick ein Kuss folgt und auf den Kuss ein Glas Rotwein und die Sonne mag nicht untergehen, schön ist das.
Wir löffeln in den Morgenstunden Marmelade aus Pappschalen, wo woher noch Pommes waren, dabei liegen wir auf dem Rücken und starren an die Decke und stellen uns vor die einzigen Menschen auf der Welt zu sein, die sich nicht berühren.
Jeder Montag ist ein blauer Tag und Augen geformt, wie Ovale, in denen ich mein Gesicht sehe, aber selten kater.
Montage sind Tage, an denen du durch die Straßen streunst, das gehört sich so, ich bleibe da wo ein Fleckchen Wärme mich erreicht, ich friere so schnell und knirsche mit den Zähnen, die so winzig sind, als wären sie aus Milch gemacht.
Du magst keine Nähe haben, nur in der Distanz findest du Zweisamkeit und möwen wollen doch frei sein, also binden wir uns nicht aneinander und umkreisen uns im stillen Einverständnis beider Parteien.
Ich benutze dieses eine Wort nicht gerne, genauso wenig, wie das Wörtchen „Tschüss“, aber ich weiß was du tust, wenn du streunst, dass du dich durch die Matratzen schläfst vogelfrei und kaum an mich denkend.
Keine Tragödie und doch reißt die Haut auf den Händen nur an Montagen und sie kriegt keine Luft zum verheilen, weil ich sie in Fäustlinge packe und wir uns sowieso nur küssen, wie Eskimos das machen und ich friere doch so schnell, kater.
Wir haben uns eine Miniaturwelt konstruiert, ich besitze die Fingerfertigkeit und du die Kontrolle, du sprichst so selten über die Realität, dass ich oft vergesse, wo wir uns eigentlich befinden und mich oft erschrecke, wenn ein Flugzeug in der Ferne blinkt oder sich ein Auto schlotternd in Bewegung setzt.
Ich habe mir immer einen Kater gewünscht, als du dann vor meiner Türe standest und ein Bild kauftest, war ich der festen Überzeugung, dass ich begabt bin und sobald ich beginnen zu zeichnen und zu schattieren es real wird und beinahe schon greifbar. Mittlerweile glaube ich mehr an einen Fluch, da du nicht greifbar bist, aber auch nicht fort.

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