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leben aus zweiter hand (mediengesellschaft)

Text: boardbabe
unser dasein inmitten einer von medien in wort,bild und ton reproduzierten welt wird oft als "leben aus zweiter ahnd" bezeichnet. doch was ist damit gemeint, und vorallem ist der kritische unterton der aussage berechtigt?

wenn wir uns zum beispiel im fernsehen eine reportage über ein land oder eine stadt ansehen, wissen wir, wie es dort aussieht, welche sehenswürdigkeiten es dort gibt, wie die menschen aussehen und was sie für bräuche und traditionen haben, ohne jemals da gewesen zu sein. eine kamera ist für uns an diesen ort gereist und "erzählt" uns hinterher, was sie gesehen hat. so tauchen wir in die erinnerungen der kamera ein, während wir gemütlich in unserem wohnzimmer sitzen.

auch wenn wir im radio ein fußballspiel verfolgen und kein bild sehen, wie im fernsehen,hören wir doch das geschrei der zuschauer und können uns anhand des kommentators das spiel vorstellen, obwohl es viele kilometer entfernt stattfindet.

die medien versuchen alles , uns das gefühl zu vermitteln selbst teil eines ereignisses zu sein, gerade nicht auf der wohnzimmercouch zu sitzen, sondern durch die sahara zu ziehen um nomadenstämmen zu begegnen , oder in der ersten reihe des schon seit monaten ausverkauften robbie-williams-konzerts zu stehen.

an dieser stelle entdecken wir den kritischen unterton , der in der aussage mitschwingt. natürlich finden wir es toll diese ganzen informationen realitätsnah übertragen zu bekommen; die nachrichten helfen uns ja auch sehr, die geschehnisse in der welt zu verstehen, und heutzutage sind wir informierter denn ja, was unsere mitmenschen, unsere nachbarländer,deren politiker, deren berühmtheiten, genauso wie länder, die auf der anderen seite der erde liegen, betrifft.

aber dennoch ist es nicht dasselbe, etwas im fernsehen zu sehen, wie selbst dort zu sein und den ort oder das land oder das ereignis zu erleben. denn wenn wir die erinnerung der kamera sehen oder die erzählung des kommentators hören, können wir keine eigenen eindrücke sammeln, weswegen wir nicht so beeindruckt sind , wie wenn wir uns unser eigenes bild machen können. und zudem: wie lange erinnert man sich schon an ein fußballspiel , das man im fernsehen vefolgt hat, im gegensatz zu einem, bei dem man selbst im stadion saß und sein team angefeuert hat? die bilder bleiben uns wesentlich kürzer erhalten, da es einfach nicht unsere erinnerungen sind, sondern eben erinnerungen aus zweiter hand.

somit denke ich , dass der leise anklang von kritik in dem ausdruck "leben aus zweiter hand" durchaus seine berechtigung hat. auf der anderen seite aber hätten wir ohne die medien nur noch einen bruchteil der doch oft hilfreichen informationen, die sie uns liefern.im vergleich zu den menschen von früher, die noch ohne fernsehen, radio und computer lebten, haben wir wahrscheinlcih sehr viel weniger eigene, selbsterlebte erinnerungen. aber die menschen entwickeln sich mit der zeit, und wir haben uns an unser "leben aus zweiter hand" gewöhnt, nutzen dessen vorteile , versuchen die nachteile zu verdrängen und leben eben mit den medien als ein teil von uns.

solange man sich bewusst ist, dass das, was wir im fernsehen sehen, nicht unsere eigenen eindrücke sind, und dass eine soap nichts mit der wirklichkeit zu tun hat, können wir weiterhin die vorteile unserer mediengesellschaft genießen. Wir dürfen die medien zu einem teil unseres lebens machen, jedoch nicht in den medien leben

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