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Seelischer Masochismus

Text: emotionalerSondermuell
Gibt es so etwas wie seelischen Masochismus?

Angstsyndrome deichseln durch persönlichen Misserfolg oder Schmerzzuführung, nur dass diese nicht darin besteht sich die Arme mit einer Rasierklinge aufzuritzen sondern seelischen Schmerz in Form von Trauer, Einsamkeit oder grenzenlosem Gefühlschaos unbewusst oder bewusst heraufzubeschwören.

Besonders funktional ist diese Art der Selbstverstümmelung im Bereich der Liebe.

Man schafft sich einen bestimmten Rahmen: stürzt sich beispielsweise in Beziehungen oder Affäre mit Menschen, von denen man genau weiß, dass sie einem selbst bzw. ihrem Leben nicht gut tun könnten. (Das wäre auch ein Ansatz zur unergründlichen „warum-Frauen-immer wieder-von-Arschlöchern-flachgelegt-werden-wollen“-Theorie ,doch das wäre im Moment zu speziell). Man sucht also Charaktere , die nicht zu einem passen, die man in manchen Punkten vielelleicht belächelt oder einfach nur verachtet um allzu große Gefühle zu vermeiden. Man kann aber auch Situationen inszenieren, von denen man den Handlungsablauf schon längst kennt, manchmal reicht es auch sich einfach nur bestimmte Szenen vorzustellen oder schöne Momente in unrechtes Licht rücken, um sich eine Person schlecht zu denken, Gefühle zu unterdrücken oder deren Keim sofort zu ersticken. Es kommt also zu endlos dramatischen Seifenoper- oder meinetwegen auch telenovelaartigen Konstellationen der Akteure. Man wird betrogen, ist enttäuscht, dass ein Mensch aufeinmal doch einen schlechten Charakter hat und fühlt sich unverstanden. Einsam. Mit den Gedanken allein gelassen. So viel zum Thema Schmerz zuführen, wobei man sagen sollte, dass dies nur eine minimale beispielhafte Aufzählung ist. Die Kreativität der seelischen Masochisten ist nicht einfach einzuzäunen, wie ein stück Weideland im wunderschönen Mecklenburg Vorpommern, geschweige denn, dass man sich wagt sie in irgendeiner Art und Weise einzuschätzen.

Manchmal betrügt der seelische Masochist sich auch selbst und ernennt sich zum Kaiser der Bosheit, den der andere ja gar nicht verdient habe, dem man aber hoffentlich schöne Stunden schenkte oder zumindest guten Sex.

Das Schlimmste jedoch an diesem Krankheitsbild ist, dass der Betroffene oftmals die Paradoxie seines Handelns erkennt, aber trotzdem oder gerade deswegen nicht in Therapie gehen will.

Er kennt die Heilungsmethoden: ob systematische Desensibilisierunug oder Schocktherapie.., du kannst sie auf ein Sofa legen und sie zählen dir alles auf, was sie falsch machen,

denn anzufügen ist, dass diese Härtefälle der psychischen Verdrehtheit meist intelligent, interessant und vielmaschig gestrickt sind.

Sie sind konditioniert auf gewisse Reize zu reagieren: wohlgeformte Körper, ansprechende Charaktere, unterhaltsame Zeit zu zweit = Angriff!

Konsequenzen, Gefühle eingestehen, Beziehung = Flucht!

Nicht einmal Wikipedia, geschweige denn Google hat eine dienliche Antwort auf die Frage wie diesen Menschen zu heilen sind parat, doch verlangen die seelischen Masochisten, dass wir damit umgehen können, denn auch sie sind liebesdurstig, einige sogar streichelgierig und notorische Knuddler, doch bloß nicht in der Öffentlichkeit! Das würde zuviel Offenbahrung sein, man würde vielleicht die Chance verpassen jemandem, der mit in der Bahn sitzt ein lächeln zu schenken.

Treffen nun zwei Erkrankte durch einen Zufall, anders mag man das gar nicht nennen, aufeinander wird die ganze Angelegenheit skandalös, unhaltbar, gar würdelos. Epidemische Großstadt..

Doch für heute wollen wir es bei dem Krankheitsbild belassen. Es folgen Risiken und Nebenwirkungen, die wirklich auf keiner Packungsbeilage stehen also lasst mich eure Apothekerin sein.


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