Süddeutsche Zeitung

Unsere Kernprodukte

Im Fokus

Partnerangebote

Möchten Sie in unseren Produkten und Services Anzeigen inserieren oder verwalten?

Anzeige inserieren

Möchten Sie unsere Texte nach­drucken, ver­vielfältigen oder öffent­lich zugänglich machen?

Nutzungsrechte erwerben
Aus der ehemaligen jetzt-Community: Du liest einen Nutzertext aus unserem Archiv.

Was ist das Leben

Text: k_antonia_r
Ein schwedisches Märchen





An einem schönen Sommertage war um die Mittagszeit eine Stille im Wald eingetreten. Die Vögel steckten ihre Köpfe unter die Flügel. Alles ruhte. Da steckte der Buchfink sein Köpfchen hervor und fragte: "Was ist das Leben?"



Die Rose entfaltete gerade ihre Knospe und schob behutsam ein Blatt beiseite. Sie sprach: "Das Leben ist eine Entwicklung."



Weniger tief veranlagt war der Schmetterling. Lustig flog er von einer Blume zur anderen, naschte da und dort und sagte: "Das Leben ist lauter Freude und Sonnenschein."



Drunten am Boden schleppte sich eine Ameise mit einem Strohhalm, zehnmal länger als sie selbst, und sagte: "Das Leben ist nichts anderes als Mühe und Arbeit."



Geschäftig kam eine Biene von einer honighaltigen Blume zurück und meinte dazu: "Das Leben ist ein Wechselspiel von Arbeit und Vergnügen".



Die weisen Reden hörte der Maulwurf und steckte seinen Kopf aus der Erde. Er sagte: "Das Leben ist ein Kampf im Dunkeln."



Es hätte fast einen Streit gegeben, wenn nicht ein feiner Regen eingesetzt hätte, der sagte: "Das Leben besteht aus Tränen, nichts als Tränen."



Dann zog er weiter zum Meer. Dort brandeten die Wogen und warfen sich mit aller Gewalt gegen die Felsen und stöhnten: "Das Leben ist ein stets vergebliches Ringen nach Freiheit"



Hoch über ihnen flog majestätisch ein Adler seine Kreise, der frohlockte: "Das Leben, ja, es ist in Streben nach oben!"



Nicht weit davon stand eine Weide, die hatte der Sturm schon gebogen. Sie sagte: "Das Leben ist ein Sichneigen unter eine höhere Macht."



Dann kam die Nacht. Mit einem lautlosen Flug glitt ein Uhu durch das Geäst des Waldes und krächste: "Das Leben heißt: Die Gelegenheit nutzen, wenn andere schlafen."



Und schließlich ging ein junger Mann durch den menschenleeren Wald. Er kam von einer Lustbarkeit nach Hause und sagte vor sich hin: "Das Leben ist die ständige Suche nach Glück und eine Kette von Enttäuschungen."

Mehr lesen — Aktuelles aus der jetzt-Redaktion: