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Dialog mit dem Tod

Text: rasenmaeherkaputtmacher
Es war früh am Morgen. Und mein Kopf war schwer und die Sonne ging gerade auf und meine Füße traten meinen Kopf – zumindest fühlte es sich so an. Immer rein in den Hirnmatsch – Schritt für Schritt und das war kein Kater, das war ein kotzender riesiger Löwe, und ich beugte mich über den Wegesrand und kotzte. Und kotzte und hörte erst einmal nicht mehr auf damit. Der ganze Schnaps musste raus, der ganze Schweiß, einfach alles!



Und dann ging ich weiter und hinter mir kam die Sonne zum Vorschein und überall hingen zwitschernde Vögel verkehrt herum in den Bäumen, zumindest kam es mir so vor und ich kotzte noch mal, vielleicht wird dann alles besser.

Vor mir kam eine Gestalt und sie wankte in meinem Blick und als sie näher kam und mein Blick langsam nüchterner und schaler wurde, sah ich sie in aller Deutlichkeit und je näher sie kam, desto nüchterner wurde ich, denn der schwarze Mantel mit tiefer Kapuze und die Sense in der Hand verrieten mir: da kommt der, auf den mein Opa so lange warten musste – der Tod in Person.



Mir wurde Angst und Bange und eigentlich durfte mir nicht Angst und Bange werden, weil ich seit zwei Stunden meine Füße in meinem Kopf spüre, so besoffen war ich und da geht der Tod an mir vorbei und hebt nicht mal den Kopf und er hat es eilig.

Bestimmt holt er Steve, der lag vorhin schon drei Stunden im Bad und kam nicht mehr raus, obwohl das Badewasser lief. Oder Nadine, die hat Crack geraucht, die konnte danach sogar den großen Kaktus im Wintergarten umarmen. Und zum Glück bin ich nicht Raoul. Da muss ich wenigstens nicht die ganzen kaputten Leute aus meinem Haus entsorgen. Und auf einmal hatte ich die Idee.



Ich drehte mich schnell auf meinen Absätzen um und das war viel zu schnell, die Bewegung, so dass ich erstmal tief Luft holen musste, um nicht zu kotzen und auf einmal blendete die Sonne in meinen Augen und alles war so still und hell und friedlich auf einmal. Nur der Tod, der ging 150 Meter vor mir gerade aus weiter. Und ich beeilte mich, um ihn einzuholen.



„Eyy Tod!“ rief ich. „Warte mal.“ Ich wankte mich zu ihm und er blieb tatsächlich stehen. „Tod, kann man dich anrufen? Also ich meine, wenn mir mal so was wie Raoul passiert, dann muss ich die Leute nicht wegwischen, sondern…“

„Hallo mein Freund.“, sagte der Tod und - mein Gott - seine Stimme Klang wie Marge Simpson. „Ich kann mir die Stimme von den Menschen, die ich mir hole, zu Eigen machen, nur mit der Frisur klappt das nicht so ganz. Und ich muss eigentlich weiter.“

„Ja, aber eigentlich…also, ja … ähm…deine Nummer…“. Ich stammelte wie ein Idiot und ich war besoffen und eigentlich sah der Tod in seiner Kluft wie der letzte Penner aus.

„Ich habe keine Nummer, gewöhnlich rufe ich die Leute an und nicht umgekehrt.“

„Ach so, verstehe. Was wäre eigentlich, wenn du mal tot umfällst? Geht das?“

„Ja nee. Also dann gäbe es ja keinen Tod mehr.“

„Das würde kleine Kinder glücklich machen.“ Ich erinnerte mich, wie ich als kleines Kind Angst hatte, in den Keller zu gehen.

„Aber nicht doch.“, lachte der Tod. „Das würde nämlich bedeuten, dass es etwas schlimmeres gäbe als den Tod. Möchtest du dir so etwas vorstellen?“

„Nee. Lieber nicht.“

Dann ging er schnellen Schrittes weiter, die nächsten Fragen ignorierte er ganz gezielt. Wahrscheinlich freute er sich nicht auf Raouls Haus, weil da lagen noch Annika und die Leute und Arne und die Leute und Pete und die Leute lagen noch im Garten...



Aber eine Frage beantwortete er mir noch: „Aber Tod, wieso läufst du eigentlich der Sonne entgegen. Ich meine, nachts hast du mehr Stil.“

„Na ja, also alle toten Menschen werden mal Sterne, - das wisst ihr nur noch nicht. Nur ich muss jemanden zurückholen.“

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