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Der rechtsdrehende Supermarkt

Text: lauschblume
Es sollte eigentlich eine klitzekleine Aufgabe werden, die man so am Rande in seinen Tagesplan einschiebt. Nichts Spektakuläres, einfach nur Kaffeepads kaufen nach dem Sport. Das ist an sich keine große Aufgabe und leicht zu erledigen, allerdings sollte diesmal alles ganz anders kommen.













Der neue Supermarkt neben meinem Sportzentrum ist nämlich ein rechtsdrehender Supermarkt und damit komme ich erschreckend schlecht zurecht. Als ich den Laden betreten will, knalle ich zunächst mal mit der Nase gegen die Schiebtür. Direkt unter dem rot leuchtenden Einbahnstraßenschild auf Augenhöhe prangt nun ein Nasenfettfleck.

Die rechte Tür ist in einem rechtsdrehenden Supermarkt nämlich immer die Ausgangstür. Ganz im Gegensatz zu den Supermärkten, die ich sonst frequentiere, alles linksdrehende Supermärkte. Die betritt man immer und überall durch die rechte Schiebetür und dann geht’s im Groben gesagt immer links herum, bis man wieder bei der Kasse landet. Somit verläuft der Einkaufsparcour also immer in einer gedachten Linkskurve, linksdrehend eben.



Das ist wichtig zur Orientierung. Genauso wichtig, wie die logische Aufteilung des Warensortiments, die sich im Groben in den Läden entspricht. Die Warenumsortierung und Neuausrichtung kann durchaus irritierende Auswirkungen für den überzivilisierten Mensch haben.

Erst neulich wurde in einem der Supermärkte meines Vertrauens völlig ohne Vorwarnung die Anordnung der Waren vertauscht, so dass ich eine halbe Stunde länger für meinen Einkauf brauchte. Die Konserven waren im Bereich haltbare Milchprodukte und Backen, der Wein da, wo die Waschmittel hingehören, und – was mich persönlich besonders erschreckte – die Knabbereien im Bereich Tierfutter.



Ähnlich durcheinander bringt mich nun der rechtsdrehende Supermarkt. Erst einmal ist der Kaffee nicht zu finden. Er ist nicht logisch ins Warensortiment eingegliedert. Kaffee finde man normalerweise in der ersten Gasse meist links, in jedem Fall aber in der Nähe der Warengruppen Brot, Gebäck, Zwieback, süße Brotaufstriche (Marmelade, Honig), Getreideflocken, Müsli – also ganz grob gesagt: in der Warenfamilie Frühstück. Nicht hier. Hier kommt zuerst der Kloopapier- und Küchenrollenbereich, die Wischzone, das irritiert mich.



Aber es soll noch irritierender werden, denn ausgerechnet diese Woche hat der rechtsdrehende Supermarkt Kaffeepads im Angebot. Normalerweise habe ich nichts gegen Sonderangebote, aber nun bin ich überfordert. Es gibt Kaffe am Wühltisch in attraktiven Sondermischungen wie Orange Marzipan, Mandel Karamell und Lebkuchen. Nun weiß ich zwar, trotz der milden Temperaturen, dass Winter ist, aber diese Kaffees will ich trotzdem nicht trinken - das liegt nicht am Wetter.



Kurz werde ich panisch: Was, wenn dieser Supermarkt nur diese Kaffees in Padform anbietet?

Selber Schuld! weise ich mich streng zurecht. Ich musste mir ja so ein supersnobistisches specialhightech Schaumschlägergerät zulegen, anstatt Filterkaffee zu trinken wie jeder normale Mensch.

Aber selbst Filterkaffee habe ich hier noch nicht entdeckt. Den finde ich erst um einiges später neben den Nudeln. Hmm, vielleicht ein italienischer Geschäftsführer?

Erleichtert stelle ich jedoch fest, dass nebem dem Filterkaffee (neben den Nudeln) auch Pads für Supersnobschaumschläger wie mich angeboten werden. Dies söhnt mich mit mir und dem italienischen Geschäftsführer wieder etwas aus.



Mit meinen Pads bin ich schließlich anstatt auf Kassenkurs auf dem Weg zurück zum Eingang. Das fällt mir allerdings erst auf, als ich wieder in der Wischzone mit dem Küchenpapier ankomme. Möglichst unauffällig wechsle ich die Richtung, verweile kurz zur Tarnung vermeintlich interessiert beim mehrlagige Toilettenpapier und folge dann wieder nach dem rechtsdrehenden Supermarktprinzip dem Warenverlauf Richtung Kasse.



Auf dem Parkplatz muss ich mein Auto suchen. Ich hätte schwören können, ich hätte den Laden Richtung Osten verlassen. Das wäre auch der Fall gewesen, wenn der Laden ein linksdrehender Supermarkt gewesen wäre, so wie ich es gewohnt bin. Aber durch die rechte Drehung bin ich westlich aus dem Laden gekommen und da ich nördlich geparkt habe muss ich jetzt nach Süden... also nach dem linksdrehenden Prinzip...- Nach dem Stand der Sonne zu urteilen steht mein Auto also grob geschätzt Richtung.... Alaska???



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Bild: www.pixelquelle.de

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