Aus der ehemaligen jetzt-Community: Du liest einen Nutzertext aus unserem Archiv.
I'd like to wish you happy painting and God bless my friend. Bob Ross

www.bobross.nl
Heute schaute ich zu, wie Bob Ross einen schneebedeckten Berg malte und sagte: Wir sind hier ja in einem Fernsehstudio, da muss man leise sein!
Bob senkte also seine Stimmlage auf ein beruhigendes Flüstern und verteilte weiterhin mentale Unterstützung an die Zuschauer in Form einer happy little Wolke.
Ich wartete nur noch auf das ultimative künstlerische Highlight, wenn Bob den obligatorischen Riesenbaum in der Leinwandmitte versenkt und somit alles bisher Gemalte verdeckt. Ich wurde nicht enttäuscht und selbst Bob musste etwas in die Kamera grinsen.
Trees are his friends.
Ich schwor mir, sofort ein Bob Ross-Lernvideo inklusive Marihuana zu kaufen, um endlich in die künstlerischen Geheimnisse eingeweiht zu werden, beispielsweise wie tolerant die Ross'sche Einstellung ist, wenn ein Nachwuchskünstler mal malerische Masskrüge malen will anstelle der immergleichen Landschaften zu verschiedenen Jahreszeiten.
Um ein paar Inspirationen fuer meine malerische Zukunft zu sammeln, beschloss ich, mal bei Atlantis vorbeizuschauen und zu beobachten, wie ein Space Shuttle galant in den Weltraum abhebt.
Nach über einhundert Meilen und zwei Stunden im Auto konnte ich erneut bestätigen, dass Amerikaner auch drei Jahre nach meiner Ankunft in den USA noch kein Auto fahren können. Die rechte von drei Spuren war grundsätzlich verwaist, während sich links alles staute. Ich übte mich in Autobahnraserei und fand ein paar ausgeschlafene Amerikaner, die sich bis Titusville an meinen Auspuff hängten.
Dort angekommen, kreuzte ich auf allen möglichen Parkplätzen herum und entschied letztendlich, eine neue Parkordnung zu entwerfen, indem ich mich einfach quer irgendwo hinstellte. Auf einer Wiese nahe des Meeres mit bestem Blick auf das Kennedy Space Center breitete ich eine Decke mit Bärenmotiv, die ich vor zehn Jahren beim Ottoversand gewonnen hatte, aus und stellte entsetzt fest, dass ausgerechnet zwei Engländer neben mir campten. Um ein womögliches Gespräch über englische Fussballniederlagen und darauffolgende Nazibeschimpfungen aus dem Weg zu gehen, unterhielt ich mich mit einem West Palm Beacher vor mir namens Dan.
Gegen 19.38 flippte die Menschenmasse um uns herum aus, als eine gigantische weisse Rauchwolke entstand und daraus ein als Lagerfeuer verkleidetes Space Shuttle emporstieg. Rund eine halbe Minute nach dem Start hallten mehrere Donnerschläge und kurz darauf war Atlantis nur noch ein kleiner Stern, von welchem andere Sterne gen Meer plumpsten. Die Menge klatschte und johlte, packte Kühlboxen, Liegestühle, Kameraausrüstung, Decken, Handtücher und Nahrung für zwei Wochen ein und spazierte Richtung Parkplatz. Ich verabschiedete mich von Dan und brauchte zwanzig Minuten, um vom Wiesenchaos auf eine feste Strasse zu kommen.
Zurück in Jacksonville hielt ich beim Hobbyland und kaufte eine drei mal drei Meter grosse Leinwand, um Atlantis, umsäumt von riesigen Tannen, nach Bob Rossscher Art für immer festzuhalten. Nach besonders gelungener Vollendung betrachtete ich mein Werk solange, bis sich die Katze dazu entschied, zirkusreif durch das Bild zu springen.
Und dabei hatte ich noch gar kein Marihuana gekauft.

Reuters