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Fremde Sprache? - Der Tagesticker vom 22.08.2007

Text: Der_Tagesticker
„Der Geheime Rath von Viereck soll sich meritiret machen, nicht zu viel à l’Hombre spielen, diligent und prompt in seiner Arbeit sein, nicht so langsam und faul, wie er bisher gewesen.“, schrieb König Friedrich Wilhelm I. seinem Kultusminister ins Dienstzeugnis.










Urvater der Germanisten?



Ein Dienstzeugnis von 1731 unterscheidet sich dann doch deutlich von den heutigen, wiewohl dies auch auf das Fehlen eines allgemeinen Gleichstellungsgesetzes zurück zu führen ist. Dennoch fiele es heutigen Sittenwächtern schwer, die Vorwürfe konkret zu machen: was heißt denn meritieret, was diligent?



Auch hundert Jahre später, wenn Fontane schreibt, dass er zur klassischen Leidenschaft kein rechtes Fiduz hat, können wir Nachgeborenen nur raten. Dabei gilt er als einer der großen Schriftsteller in deutscher Sprache. Deutsch?



Nicht verwechseln:










le Fontane










la Fontaine



In seinen Texten wimmelt es von Worten, die – offenkundig aus dem Französischen entlehnt – damals zumindest allgemein verständlich waren. Franzözismen? In solchen Momenten kann man mit den eigenen Großeltern nachfühlen. Heutzutage wird gegoogelt, gesimmst, ein Blog geführt, gedownloadet und die Kidz bashen stylermäßig Fashionvictims, die nicht bitchig genug sind.



Zwar war es vor hundert Jahren auch schon ein furchtbares Manquement, wenn man Plüsch-Ameublements honett fand und jedermann wurde ganz desparat aus Furcht vor dem Ridikül. Ihren Sentiments gehorchend, renommieren Frondeure und balanzierten wie von alters her das Ende der Welt. Es ist schon eine Malaise.










sogar die Schrift sah anders aus...



Selbstverständlich gab es auch schon damals die Sprachpuristen, die das Ende der deutschen Sprache bejammerten und dem welschen Sprachmüll den Garaus machen wollten. Wie so viele professorale Toren verkannten sie die Dynamik von Sprache und begriffen Veränderungen nicht als Bereicherung, sondern als Bedrohung. Dabei wird es recht einsichtig, wenn wir stolz darauf verweisen können, uns sei etwas gleich oder egal, während. einem Franzosen etwas nur egal aber nicht gleich sein kein.



Wir könnten in Sachen Sprachvielfalt andere Völker aber nicht nur 2:0, sondern 3:0 schlagen, wenn wir die verloren gegangenen Ausdrücke wiederbelebten. Eskimos haben 300 Worte für „Schnee“? Na und, wir hätten dann 500 Worte für „Angst“!



Magst Du dieses altertümliche Deutschösisch unserer Vorväter? Googelst Du, wenn Du nicht weißt, was embeliert heißt? Flichst Du gelegentlich ungebräuchliche Redewendungen in deine Texte? Reicht es, die Bedeutung von „Ridikül“ zu erahnen oder braucht es zu einer Textinterpretation die genaue Kenntnis des Kontextes? Bist Du deligent und meritierest Du fleißig oder frondierst Du gegen solche Ansinnen?



Den heutigen Tagesticker präsentiert der puster und widmet ihn den Kosmos-Germanisten.

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