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Die Symptome der Schlafapnoe
Sie hat geweint, nachdem wir versucht hatten, zu ficken. Ich habe nichts gegen Weinen. Man kann beim Autofahren weinen, im Kino oder gerne auch beim Tanzen. Aber nicht im Bett, wenn jemand nackt neben einem liegt.
Ich war ziemlich früh ziemlich betrunken. Als die Band auftritt, ist schon alles in einen Nebel getaucht, wie man so sagt. (Ich weiß überhaupt nicht, was für ein Nebel damit eigentlich gemeint sein soll. Kein erfrischender Morgennebel an einem zauberhaften Frühlingstag jedenfalls.) Ich habe die ganze Zeit das Gefühl, die Keyboarderin würde mich von der Bühne herab anschmachten und stelle mir vor, wie wir nach dem Konzert miteinander rummachen. Nach der Zugabe dränge ich alle, so schnell wie möglich zum Kiosk zu gehen, weil ich weitertrinken will. Ich will nicht, dass das schöne Gefühl nachlässt. Wir sitzen gegenüber von der alten Fabrik, auf der in großen Buchstaben Eingang Beratungsstelle hier geschrieben steht und ein Pfeil aufgemalt ist, der auf eine verrammelte alte Tür weist. Ich schreibe Nicole, ob sie auch vorbei kommt. Zuerst schreibt sie, sie würde zuhause bleiben, dann ist sie doch mit ihren Freunden auf dem Weg. Die Mülheimer kommen an und wir gehen tanzen, Back in the UDSSR läuft. Ich schreibe eine Kurzmitteilung, nicht an Nicole. Es geht um Mixtapes, die längst vergessen wurden, und andere Betrunkenheitsscheiße. Ich kriege eine angemessen betrunkene Antwort, including Tippfehler: Das Lied sei top, aber erinnern könne sie sich wirklich nicht mehr.
Am Tanzflächenrand steht ein Mädchen, das extrem gelangweilt dreinschaut. Nicht cool gelangweilt, gelangweiltgelangweilt. Es dauert keine zehn Sekunden, bis einer der Mülheimer sie entdeckt hat und irgendwas zu ihr sagt. Irgendwas, was Leute leider so zu einem sagen, wenn man gelangweilt am Rand der Tanzfläche steht. Sie soll sich nicht verunsichern lassen, rufe ich ihr gegen die Musik ins Ohr und frage sie zweimal, ob sie was trinken will. Aber sie will nicht. Dann fällt mir auch noch meine Zigarette aus dem Mund, als ich ihr eine anbieten will. Ich hebe sie auf, rauche weiter und lasse das Mädchen mit ihrer Langeweile allein. Im Spiegel auf den Toiletten sehe ich merkwürdig gut aus, auf dem Rückweg laufe ich Nicole in die Arme und begrüße sie überschwänglich. Eine ihrer Freundinnen hält mich für schwul. Nicole hat mich auch schon selbst für schwul gehalten, als wir uns das erste Mal begegnet sind, auf der anderen Seite der Stadt. Irgendein Typ ist mit ihr da, der sie auf einem Foto gesehen hat und jetzt gut findet. Ich weiß nicht, ob ich störe, aber lasse es mal darauf ankommen. Irgendwann sitze ich mit Nicole draußen und wir machen rum.
Nicole ist die Ex-Freundin von Christian. Ich glaube aber, es wäre ihm ziemlich egal, wenn er uns jetzt sehen könnte. Er ist gerade mit irgendeiner neuen Freundin sechs Tage in den Urlaub gefahren, in die Türkei. Er und Nicole waren länger nicht mehr zusammen, danach hatten sie noch so eine Sexgeschichte, bei der ich nicht richtig durchgeblickt habe. An seinem Geburtstag jedenfalls ist Nicole ausgerastet, hat rumgeschrieen und Christian ist nicht mehr mitgekommen, als wir in die Stadt gefahren sind. Seitdem können sich die beiden nicht mehr leiden, glaube ich. Nicole fragt immer Wer?, wenn ich Christians Namen erwähne. Im Übrigen hat er irgendwann mal versucht, mich mit ihr zu verkuppeln, so weit ich mich mit meinem betrunkenen Kopf richtig erinnern kann.
Später liegen wir in meinem Bett. Ich habe dem Taxifahrer viel zu viel Trinkgeld gegeben, dafür habe ich ihn aber auch vollgelabert, aus Rache für die all die Taxifahrer, die mich jemals vollgelabert haben und weil ich nicht schweigend neben Nicole sitzen wollte. Die sechzig Euro, die ich dabei hatte, sind jetzt auch weg. Sie hat sich im Badezimmer meinen Schlafanzug angezogen und ich versuche sie dazu zu bewegen, da zu bleiben, glaube aber gleichzeitig, dass es eh nur eine Masche ist, wenn sie sagt, sie wolle gehen. Immer wieder steckt sie ihre Hand in meine Shorts. Wenn ich sie dann anfassen will, schubst sie mich weg. Das Spielchen geht eine zeitlang hin und her, manchmal sitzt sie schon auf dem Bettrand und will aufstehen, bis ich sie wieder zurückziehe zu mir. Besonders viel Widerstand leistet sie nicht. Plötzlich sagt Nicole Jetzt ist es eh egal und zieht sich in einer Bewegung meine Schlafanzughose und ihre Unterhose aus. Ich weiß nicht mehr genau, was danach passiert. Jedenfalls verbrauche ich einige Kondome, bis ich einsehe, dass ich für Sex wirklich zu betrunken bin. Irgendwann schlafe ich ein, während Nicole weiter mein Gesicht streichelt. Eigentlich seltsam, normalerweise bin ich der Idiot, der nicht schlafen kann und aus Langeweile am anderen rumfummelt.
Irgendwann, es muss schon Mittag sein, wachen wir auf. Wir sitzen im Bett, schauen kurz Fernsehen, ich esse Schokomüsli, sie will nichts. Wir versuchen es noch mal, aber so richtig klappt es bei mir immer noch nicht. Irgendwie muss ich bei dem Versuch auch nicht besonders euphorisch geschaut haben, jedenfalls dreht sie sich danach weg und weint. Zumindest ein paar Tränen. Ich fühle mich furchtbar und wünsche mich woanders hin. Ich verstehe Nicole überhaupt nicht. Wenn man sich dem Klischee hingibt und Bestätigung darin sucht, mit Menschen zu schlafen, die einem weiter nichts oder wenig bedeuten ich befürworte es, denn es kann nie schlecht sein, sich Klischees hinzugeben. Aber wenn es nur um Bestätigung geht, ist es doch egal, was passiert, nachdem ich meine Bereitschaft signalisiert habe. Meine Unfähigkeit ist doch nicht ihre Schuld.
Das ist jetzt alles schon länger her. Vor kurzem habe ich mich bei Nicole beschwert, ich sei immer so müde. Schlafapnoe, hat sie geantwortet. Ich würde sicher an Schlafapnoe leiden. Ich habe die Symptome nachgelesen. Müdigkeit. Depressionen. Impotenz.

Ich war ziemlich früh ziemlich betrunken. Als die Band auftritt, ist schon alles in einen Nebel getaucht, wie man so sagt. (Ich weiß überhaupt nicht, was für ein Nebel damit eigentlich gemeint sein soll. Kein erfrischender Morgennebel an einem zauberhaften Frühlingstag jedenfalls.) Ich habe die ganze Zeit das Gefühl, die Keyboarderin würde mich von der Bühne herab anschmachten und stelle mir vor, wie wir nach dem Konzert miteinander rummachen. Nach der Zugabe dränge ich alle, so schnell wie möglich zum Kiosk zu gehen, weil ich weitertrinken will. Ich will nicht, dass das schöne Gefühl nachlässt. Wir sitzen gegenüber von der alten Fabrik, auf der in großen Buchstaben Eingang Beratungsstelle hier geschrieben steht und ein Pfeil aufgemalt ist, der auf eine verrammelte alte Tür weist. Ich schreibe Nicole, ob sie auch vorbei kommt. Zuerst schreibt sie, sie würde zuhause bleiben, dann ist sie doch mit ihren Freunden auf dem Weg. Die Mülheimer kommen an und wir gehen tanzen, Back in the UDSSR läuft. Ich schreibe eine Kurzmitteilung, nicht an Nicole. Es geht um Mixtapes, die längst vergessen wurden, und andere Betrunkenheitsscheiße. Ich kriege eine angemessen betrunkene Antwort, including Tippfehler: Das Lied sei top, aber erinnern könne sie sich wirklich nicht mehr.
Am Tanzflächenrand steht ein Mädchen, das extrem gelangweilt dreinschaut. Nicht cool gelangweilt, gelangweiltgelangweilt. Es dauert keine zehn Sekunden, bis einer der Mülheimer sie entdeckt hat und irgendwas zu ihr sagt. Irgendwas, was Leute leider so zu einem sagen, wenn man gelangweilt am Rand der Tanzfläche steht. Sie soll sich nicht verunsichern lassen, rufe ich ihr gegen die Musik ins Ohr und frage sie zweimal, ob sie was trinken will. Aber sie will nicht. Dann fällt mir auch noch meine Zigarette aus dem Mund, als ich ihr eine anbieten will. Ich hebe sie auf, rauche weiter und lasse das Mädchen mit ihrer Langeweile allein. Im Spiegel auf den Toiletten sehe ich merkwürdig gut aus, auf dem Rückweg laufe ich Nicole in die Arme und begrüße sie überschwänglich. Eine ihrer Freundinnen hält mich für schwul. Nicole hat mich auch schon selbst für schwul gehalten, als wir uns das erste Mal begegnet sind, auf der anderen Seite der Stadt. Irgendein Typ ist mit ihr da, der sie auf einem Foto gesehen hat und jetzt gut findet. Ich weiß nicht, ob ich störe, aber lasse es mal darauf ankommen. Irgendwann sitze ich mit Nicole draußen und wir machen rum.
Nicole ist die Ex-Freundin von Christian. Ich glaube aber, es wäre ihm ziemlich egal, wenn er uns jetzt sehen könnte. Er ist gerade mit irgendeiner neuen Freundin sechs Tage in den Urlaub gefahren, in die Türkei. Er und Nicole waren länger nicht mehr zusammen, danach hatten sie noch so eine Sexgeschichte, bei der ich nicht richtig durchgeblickt habe. An seinem Geburtstag jedenfalls ist Nicole ausgerastet, hat rumgeschrieen und Christian ist nicht mehr mitgekommen, als wir in die Stadt gefahren sind. Seitdem können sich die beiden nicht mehr leiden, glaube ich. Nicole fragt immer Wer?, wenn ich Christians Namen erwähne. Im Übrigen hat er irgendwann mal versucht, mich mit ihr zu verkuppeln, so weit ich mich mit meinem betrunkenen Kopf richtig erinnern kann.
Später liegen wir in meinem Bett. Ich habe dem Taxifahrer viel zu viel Trinkgeld gegeben, dafür habe ich ihn aber auch vollgelabert, aus Rache für die all die Taxifahrer, die mich jemals vollgelabert haben und weil ich nicht schweigend neben Nicole sitzen wollte. Die sechzig Euro, die ich dabei hatte, sind jetzt auch weg. Sie hat sich im Badezimmer meinen Schlafanzug angezogen und ich versuche sie dazu zu bewegen, da zu bleiben, glaube aber gleichzeitig, dass es eh nur eine Masche ist, wenn sie sagt, sie wolle gehen. Immer wieder steckt sie ihre Hand in meine Shorts. Wenn ich sie dann anfassen will, schubst sie mich weg. Das Spielchen geht eine zeitlang hin und her, manchmal sitzt sie schon auf dem Bettrand und will aufstehen, bis ich sie wieder zurückziehe zu mir. Besonders viel Widerstand leistet sie nicht. Plötzlich sagt Nicole Jetzt ist es eh egal und zieht sich in einer Bewegung meine Schlafanzughose und ihre Unterhose aus. Ich weiß nicht mehr genau, was danach passiert. Jedenfalls verbrauche ich einige Kondome, bis ich einsehe, dass ich für Sex wirklich zu betrunken bin. Irgendwann schlafe ich ein, während Nicole weiter mein Gesicht streichelt. Eigentlich seltsam, normalerweise bin ich der Idiot, der nicht schlafen kann und aus Langeweile am anderen rumfummelt.
Irgendwann, es muss schon Mittag sein, wachen wir auf. Wir sitzen im Bett, schauen kurz Fernsehen, ich esse Schokomüsli, sie will nichts. Wir versuchen es noch mal, aber so richtig klappt es bei mir immer noch nicht. Irgendwie muss ich bei dem Versuch auch nicht besonders euphorisch geschaut haben, jedenfalls dreht sie sich danach weg und weint. Zumindest ein paar Tränen. Ich fühle mich furchtbar und wünsche mich woanders hin. Ich verstehe Nicole überhaupt nicht. Wenn man sich dem Klischee hingibt und Bestätigung darin sucht, mit Menschen zu schlafen, die einem weiter nichts oder wenig bedeuten ich befürworte es, denn es kann nie schlecht sein, sich Klischees hinzugeben. Aber wenn es nur um Bestätigung geht, ist es doch egal, was passiert, nachdem ich meine Bereitschaft signalisiert habe. Meine Unfähigkeit ist doch nicht ihre Schuld.
Das ist jetzt alles schon länger her. Vor kurzem habe ich mich bei Nicole beschwert, ich sei immer so müde. Schlafapnoe, hat sie geantwortet. Ich würde sicher an Schlafapnoe leiden. Ich habe die Symptome nachgelesen. Müdigkeit. Depressionen. Impotenz.
