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Ägypten – eine Reise durch 1001 Nacht

Text: Gamila
Ägypten? Manche denken dabei an das Land der Pharaonen, manche an ein Taucherparadies im Roten Meer, andere aber auch an Armut, an ein Entwicklungsland – Ägypten ist all das, aber auch noch viel mehr..

Kairo, die Hauptstadt Ägyptens und die größte Stadt Afrikas, ist eine ausdrucksstarke, außergewöhnliche Metropole, sie ist riesig und verzaubert dich sofort mit ihren ganz speziellen Gerüchen, kann dich aber auch wegen der vielen Menschen und den zahlreichen, manchmal unfertigen Hochhäusern erdrücken, doch wenn du dann den Nil entdeckst, der so majestätisch und unergründlich wirkt, bist du wieder von dem Zauber Ägyptens gefangen. Wenn du durch die kleinen, staubigen, belebten Gassen von Khan El-Khalili, dem wohl bekanntesten Basar Ägyptens, schlenderst, weißt du oft gar nicht, wohin du zuerst schauen sollst: Da gibt es die unzähligen, kleinen Goldgeschäfte, deren Besitzer zusammen dampfenden schwarzen Tee trinken (natürlich mit wahnsinnig viel Zucker!!), Brettspiele spielen, dir freundlich zulächeln und dir mit überschwänglichen Gesten bedeuten hereinzukommen. Nebenan sieht man einen Karren, auf dem reife, wunderbar duftende Mangos, Wassermelonen, Kaktusfeigen und noch viele andere tropische Früchte ordentlich gestapelt liegen. Der kleine Junge, dem dieser Stand gehört, bittet dich ein Stück dieser duftenden reifen Mango zu probieren, du schaust in seine großen, dunklen Augen, zögerst nicht lange und schließt vor Genuß die Augen, diesen Geschmack wirst du nie vergessen können... Der kleine Junge, der ein zerrissenes, schmutziges Hemd, alte, verdreckte Jeans und kaputte Schlappen trägt, grinst dich wissend an und freut sich über deine zusätzlichen Pounds, die seine Mutter und seine sechs Geschwister wahrscheinlich noch mehr freuen werden, wenn er abends nach Hause kommt. Du gehst weiter, siehst einen Musikladen, der von vielen, ausgelassenen Jugendlichen umgeben ist und von dem lautstarke Musik von Amr Diab, dem wohl bekanntesten arabischen Sänger unserer Zeit, dröhnt. Es wird gesungen, geklatscht, gelacht und mit rhythmischen Bewegungen getanzt – du siehst dich um, siehst so viele Menschen, so viele glückliche Menschen, die trotz dem Staub und der Hitze auf den Straßen soviel Lebensfreude ausstrahlen. Du lässt dich mitreißen und wirst ihn nie wieder los, denn jetzt hat der Zauber Ägyptens dich und all deine Sinne für immer gefangen...

Inzwischen bist du erschöpft vom Herumbummeln und der unbarmherzigen afrikanischen Sonne, die unentwegt auf dich niederbrennt, du entdeckst ein kleines Café, vor dem Männer Zeitungen lesen, sich lautstark unterhalten oder an ihrer Shisha (Wasserpfeife) ziehen. Innen drinnen ist es ein wenig kühler und du bestellst ein Glas erfrischenden Zuckerrohrsaft (Asir Asab). Er schmeckt einfach himmlisch..

Plötzlich hörst du den melodischen Ruf des Muezzin, den Azan, und alle um dich herum, erheben sich und begeben sich in die nächstgelegene Moschee, um zu beten. Innerhalb von ein paar Minuten sitzt du allein im Café und staunst über die tiefe Frömmigkeit dieser Menschen, für die es normal scheint, fünf mal am Tag ihre Arbeit liegen zu lassen, um sich gen Mekka zum Gebet zu neigen..

Inzwischen ist das Gebet vorüber und frisch gestärkt beschließt du, dir ein Taxi zu den Pyramiden zu nehmen. Hört sich eigentlich ganz einfach an, ist es aber in Ägypten nicht!! Der Verkehr mit einem Wort beschrieben: Chaotisch. Jeder hupt vor sich hin ohne Grund, Eselskarren versuchen, sich einen Weg durch die kreuz und quer fahrenden Autos zu bahnen, kleine Kinder versuchen, ihre selbstgemachten Ketten, aus Jasminblüten, die einen sinnlich süßen Duft ausstrahlen, zwischen den stehenden Autos zu verkaufen. Überhaupt gibt es keine Zebrastreifen oder einigermaßen funktionierende Ampeln (die meisten Ägypter halten nichts davon und lassen sich von einem Rot erst recht nicht abschrecken), für Fußgänger heißt es im richtigen Moment loszurennen und darauf zu hoffen, von keinem Auto mitgeschleift zu werden. Aber immerhin gibt es seit ein paar Jahren die Regel, dass vorne beide Insassen angeschnallt sein müssen, wobei das niemand wirklich macht. Man bevorzugt die Variante kurz vor den Kontrollen immer schnell den Gurt so hinzuhalten, dass es zumindest so aussieht, als sei man angeschnallt. Aber so sind die Ägypter nun mal, sich verändern fällt ihnen schwer. Nachdem du eins der klapprigen Taxen ergattert hast, das hinten mit Leuchtketten geschmückt ist und aus dem dröhnende Musik von alten, sich genau hinter dir befindlichen Boxen spielt, versuchst du eine bequeme Sitzhaltung einzunehmen, was sich als Problem darstellt, da der Fahrer seinen Sitz so weit nach hinten gefahren hat, dass du kaum sitzen kannst, und fragen kann man erst recht nicht, da die Musik ja viel zu laut ist. Du wirst wie gebannt auf die Straßen starren und denken, dein letztes Stündlein hätte geschlagen, der Fahrer fährt in halsbrecherischem Tempo auf die Gegenspur und weicht erst im letzten Moment wieder aus. Außerdem stören dich deine Haare, die dir unentwegt ins Gesicht peitschen, du versuchst die offenen Fenster zu schließen, merkst aber, dass der Hebel dazu abgebrochen ist.. Ich kann jedem nur raten, sich irgendwie abzulenken während der Fahrt, sonst wird man noch verrückt vor Angst. Und wenn man diesen Rat befolgt, kann man auch die schönen Seiten des Autofahrens in Ägypten bemerken, denn auf den Staßen herrscht so viel Leben, dass deine Augen gar nicht mehr mitkommen. Du siehst einen Streit zweier Männer, der eine hält ein schreiendes Baby im Arm und reißt dem Anderen den Turban herunter. Eine Menschentraube hat sich inzwischen um die zwei Streithähne gebildet und die Schaulustigen versuchen mehr oder weniger, die zwei Streitenden auseinander zu bekommen. Das alles geschieht mitten im alltäglichen Leben. Ein Eselskarren, der von einem kleinen Jungen gelenkt wird und der es sich auf den Bergen von Zuckerrohr gemütlich gemacht hat, versucht euch zu überholen. Dein Fahrer lehnt sich aus dem Fenster, schreit ihn an und bedeutet ihn mit ausholenden Gesten gefälligst Platz zu machen. Anschließend überholt er ihn übermütig. Und während du dieses aufregende Treiben beobachtest und dabei das Gefühl hast, dass hier die Zeit nie stehen bleibt, dass diese Stadt niemals ruht, blitzt immer wieder der Ursprung allen Lebens, nämlich der Nil, dem Ägypten das saftig grüne Gras, die wunderschönen, vollkommenen Palmen verdankt, hervor.

Du lächelst, als ein kleines Mädchen, das einen Unfall, der weiter vorne geschehen ist, ausnützt, um ihre kleinen Ketten aus Jasminblüten zu verkaufen. Du siehst ihren scheuen Blick, ihre verfilzten Haare und es überströmt dich auf einmal eine riesige Welle des Mitleids für dieses Kind, dem du am liebsten dein ganzes Geld bedingungslos geben würdest. Doch dann siehst du ihre anderen Geschwister, die ihr bedeuten endlich mitzukommen, da sich die Autos nun wieder in Bewegung setzen, wie sie lachend wegrennen, sich ihren Weg durch die hupenden Autos bahnen...Und dir wird klar, wie wenig diese Kinder haben, wie wenig Perspektive und Chancen in ihrer Zukunft, und trotzdem...sie sind nicht verbittert, machen niemandem Vorwürfe, wirken trotz ihrer schmutzigen Kleidung zufrieden und dankbar. Wenn sie jemand fragt, wie es ihnen geht, dann sagen sie : „Alhamdu Lilah“, was so viel bedeutet wie „Gut, Gott sei Dank.“ Sie jammern nicht über das Wetter, über die Schule, wenn sie überhaupt in einer sind, denn sie wissen nicht, in welchem Reichtum und Luxus andere Menschen leben und ich glaube, sie wollen es auch gar nicht wissen...

Mit quietschenden Reifen hält das Taxi, du gibst dem Mann zu viel Trinkgeld, worauf er dich freundlich angrinst und steigst verschwitzt und müde aus dem Auto, aber auch noch im Rausch deiner ganzen gewonnenen Erkenntnisse. Dein Blick richtet sich nach oben und du siehst sie, eines der sieben Weltwunder, die Pyramiden von Gizeh. Du bist einen Moment lang sprachlos vor Bewunderung und genießt den Augenblick, der dir magisch erscheint. Klar, auf Fotos hast du die Pyramiden schon öfter gesehen, aber es jetzt wahrhaftig und in seiner ganzen Größe und Pracht zu sehen, ist etwas ganz Anderes, es ist viel besser, und du beschließt auf einem Kamel zu reiten, von dem es hier Unzählige gibt. Du siehst einen alten Mann, den du um die Achtzig schätzt, der einen Turban trägt und dich freundlich anlächelt. Und kaum, dass du das Kamel bestiegen hast, bereust du es auch schon, weil du das Gefühl hast, kopfüber zu fallen und die seltsamen Rufe des Kamels helfen dir nicht wirklich, dich zu beruhigen...Aber wenn du dich dann erstmal an das langsame Vor- und Zurücktrotten gewöhnt hast, ist es schön, du genießt die leichte Brise, den gigantischen Ausblick, und vergisst ganz, wie die Zeit vergeht...Erst als es beginnt zu dämmern, die afrikanische Sonne langsam am Horizont verschwindet, steigst du vom Kamel ab und beschließt zum Abschluss dieses unvergesslichen Tages am Nil, dem längsten Fluss der Welt, dem schönsten Fluss der Welt spazieren zu gehen...Nachdem du wieder mal eine unvergessliche Fahrt im Taxi erlebt hast, genießt du die leichte Brise, die dir, während du am Nil entlangspazierst, entgegenweht. Während du den schwarzen, magisch wirkenden Nil betrachtest, ziehen die Eindrücke, die du an diesem Tag gewonnen hast, nochmal an deinem inneren Auge vorbei und irgendetwas hat sich verändert, denn du hörst die lauten, nervtötenden Hupgeräusche, die um dich herum toben nicht, du bemerkst die Hitze, die deine Klamotten an deinem Körper festkleben lässt, nicht, denn jetzt gibt es nur noch den Nil, Ägypten und dich- und den Rest vergisst du, du nimmst ihn nicht wahr.. Du wirst diesen Ort nie vergessen können, und du wirst dir schwören, wieder hierher zurückzukommen, denn eins musst du wissen: Wenn du denkst, du hast alles in Ägypten gesehen, dann irrst du dich, denn Ägypten wirst du nie ganz entdecken können.

Und wie es in einem arabischen Sprichwort so schön heißt: „Wer einmal vom Nilwasser getrunken hat, der kommt wieder.“


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