Aus der ehemaligen jetzt-Community: Du liest einen Nutzertext aus unserem Archiv.
Alltag Uni - wo sich geldgeile BWLer und pseudo-subversive Sozialwissenschaftler auf dem Schlachtfeld der Klischees die Ehre geben
München, Dienstag, 9.53 Uhr, U-Bahn-Haltestelle Universität: Wissensdurstige Studenten bahnen sich ihren Weg in Richtung Alma Mater, dem Tempel der Gelehrtheit hier versammelt sich die Elite unseres Landes, quetscht sich in überfüllte Vorlesungssäle um den ehrwürdigen Worten des Prof. Dr. Dr. h.c. zu lauschen und dabei möglichst viel Wissen in sich aufzusaugen. Das knapp bemessene BAföG wird in Lehrbücher und College-Blöcke investiert, abends trifft man sich selbstverständlich in der Bibliothek anstatt zum 1-Euro-Bier in der Studentenkneipe und es versteht sich von selbst, dass der Student von heute lieber für 5,50 pro Stunde am eigenen Lehrstuhl verstaubte Dissertationen archiviert anstatt auf den Zug des Kapitalismus aufzuspringen und sich einen besser bezahlten Job zu suchen. Ein Leben für die Akademie aufopfernd, spartanisch, lobenswert!
Die Realität sieht anders aus. In Wirklichkeit gleicht so eine Massen-Universität (Verzeihung, das sollte ja eigentlich Elite-Universität heißen) viel mehr einem kunterbunten Kuriositäten-Kabinett, wo schon lange nicht mehr der intellektuelle Wind des Humboldtschen Bildungsideals durch die verwinkelten Flure weht. In der Praxis treffen hier geldgeile BWLer auf pseudo-sozialistische Politologen und realitätsferne Computerlinguisten auf Waldorf-geprägte SozialpädogINNEN, um einen erbitterten Kampf der Ideale auszufechten. Gemeinsam haben sie einzig und allein die Überzeugung, sich dank ihres Studenten-Status als Zukunft des Landes bezeichnen können ganz egal ob man sechs oder sechzehn Semester braucht (denn eigentlich ist Studieren ja viel gemütlicher als Arbeiten!).
Davon abgesehen können Studenten eines besonders gut: Kritisieren! (Vielleicht wirkt das dann NOCH intellektueller??) Wenn die werte Studentenschaft nicht gerade über Bologna und die Studiengebühren jammert, dann besetzt sie sicherlich gerade das Audimax oder verteilt Flyer für die nächste Demo, frei nach dem Motto Blockieren statt Studieren! achja, nicht zu vergessen natürlich das obligatorische Diskreditieren der bonzigen Paragraphenreiter (= Studenten der Rechtswissenschaft) mit ihren Seglerschuhen und den hochgeklappten Polokrägen. Oder wahlweise ein bisschen über den alternativen Hippie mit den Dreads (inkl. Kleinviehzucht) im Che-Guevara-T-Shirt (welches, ganz nebenbei, wohl auch schon länger keine Waschmaschine mehr gesehen hat) lästern, der bestimmt Philosophie oder Archäologie studiert und mit seinem Diplom im Gepäck sowieso später Taxi fahren wird. Wir sehen Anlass gibt es genug, heute die Gesellschaft, morgen die Politiker sowie die Diktatur des Kapitals und übermorgen den Typen einen Tisch weiter in der Mensa.
Doch zurück zum Anfang natürlich soll hier keinesfalls der Eindruck entstehen, die Hochschulen unseres Landes wären einzig und allein von kanibalistischen, spätpubertären Randgruppen unserer fortschrittlichen Gesellschaft bevölkert, welche Tag für Tag einen internen blutigen Klassenkampf ausfechten und am liebsten gleich morgen die nächste Revolution starten würden. An dieser Stelle wollen wir ganz klar die Existenz einiger vorbildlicher, motivierter .... Elemente .... bestätigen, auch wenn jene nahezu einer bedrohten Art angehören und demnach kurz vor dem Aussterben stehen (größte Bedrohung: kollektives Mobbing durch die gefährliche Spezies der Bummelstudenten bzw. Übersiedlung zu deren Ufer).
Man erkennt sie zum einen an ihrem gebückten Gang bedingt durch tonnenschwere Vintage-Trekking-Rucksäcke, welche großzügig mit mehreren 1000-seitigen Lehrbüchern also geballter Weisheit auf Papier! bestückt werden. Ähnlich wie bei den Juristen, welche die genannten Segelschuhe oder Longchamps-Taschen als Kollektivmerkmale zur gegenseitigen Erkennung von weiterer Entfernung nutzen, verhält es sich auch bei den Musterstudenten: Gezieltes Auffallen durch Nicht-Auffallen lautet die Devise. Auf das äußere Erscheinungsbild legt man in diesen Sphären geistiger Erhöhung wohl wenig Wert, einzig und allein ein auffälliges, nahezu exzentrisches Brillengestell (Modell: Nerd) könnte helfen, sie im grauen Einheitsbrei besser zu erkennen.
Die Ausnahme: Bunte Paradiesvögel - solche tragen allerdings auch gerne mal selbstgenähte Patchwork-Mäntel, wobei der Stoff natürlich aus dem Dritte-Welt-Laden stammt, also Fair Trade sowie 100% ökologisch und ethisch korrekt.
Als oberstes Prinzip gilt: Privatleben wird gnadenlos überbewertet. Bereitwillig steht man auch um fünf Uhr morgens auf, um sich möglichst schon eine Stunde vor Vorlesungsbeginn die besten Plätze in der ersten Reihe, d.h. in direkter Nähe zur Gottheit(= Professor), zu sichern. Musterstudenten sind die Ersten die kommen und die Letzten die gehen und haben in den Klausuren die besten Noten, obwohl sie nichts gelernt haben. Sie verraten sich durch ihr allwissendes Nicken bei Erwähnung der neokorporatistischen Austauschlogik, denn natürlich weiß man sowas, wenn man sich in Lerngruppen organisiert und nächtelang das Lehrbuch inkl. entsprechender Seitenzahl verinnerlicht. Besonders gerne beantragen sie in der Bib eine Art Dauer-Leihe für die wichtigsten Lehrbücher, damit die geschätzten Kommilitonen jene nie zu Gesicht bekommen oder reißen alternativ die relevantesten Seiten raus. Hauptsache Kannibalismus und Wettbewerbsvorteil. Abfällig lässt man sich über Nachzügler aus, die nach durchzechten Partynächten inkl. ordentlicher Bierfahne eine halbe Stunde zu spät kommen und lieber wilde Papierkügelchenschlachten veranstalten, statt dem Lehrkörper Beachtung zu schenken - denn jene sind ihre ärgsten Konkurrenten.
An dieser Stelle kommen wir zur Spezies der Bummelstudenten, die entweder gar nichts tut oder immerhin protestiert (gerne befestigen sie Anti-Studienbebühr-Demo-Luftballons an ihren Rucksack!) statt zu studieren. Abends treffen sie sich vermutlich in Studentenkneipen mit studentenfreundlichen Preisen zur studententypischen Nahrungszufuhr (Bier und selbst gedrehte Zigaretten) und philosophieren darüber, wie wir unsere Gesellschaft etwas sozialistischer gestalten können, wie man das Regime in Nordkorea stürzen könnte oder auch mal gerne über das eigene Engagement bei Greenpeace oder der freiwilligen Feuerwehr.
Und somit neigt sich ein äußerst spektakulärer Tag im Leben eines Studenten dem Ende zu der eine versumpft in der Kneipe, der andere in der Unibibliothek. Gemeinsam rüsten sie sich für den nächsten Morgen im Uni-Dschungel (oder sollten wir lieber "Schlachtfeld" sagen?), denn auch wenn der ein oder andere vielleicht nicht allzu viel von seinem Studium mitkriegt, so lernt er fürs Leben wenigstens drei überlebenswichtige Dinge:
1. Die hohe Kunst, einen Juristen, Sozialpädagogen oder gar Finnougristen anhand seiner äußeren Merkmale bereits aus 4km Entfernung zu erkennen,
2. dem Feind das Leben schwer zu machen,
aber vor allem
3. die Fähigkeit, mit Klischees kokettieren zu können!
Die Realität sieht anders aus. In Wirklichkeit gleicht so eine Massen-Universität (Verzeihung, das sollte ja eigentlich Elite-Universität heißen) viel mehr einem kunterbunten Kuriositäten-Kabinett, wo schon lange nicht mehr der intellektuelle Wind des Humboldtschen Bildungsideals durch die verwinkelten Flure weht. In der Praxis treffen hier geldgeile BWLer auf pseudo-sozialistische Politologen und realitätsferne Computerlinguisten auf Waldorf-geprägte SozialpädogINNEN, um einen erbitterten Kampf der Ideale auszufechten. Gemeinsam haben sie einzig und allein die Überzeugung, sich dank ihres Studenten-Status als Zukunft des Landes bezeichnen können ganz egal ob man sechs oder sechzehn Semester braucht (denn eigentlich ist Studieren ja viel gemütlicher als Arbeiten!).
Davon abgesehen können Studenten eines besonders gut: Kritisieren! (Vielleicht wirkt das dann NOCH intellektueller??) Wenn die werte Studentenschaft nicht gerade über Bologna und die Studiengebühren jammert, dann besetzt sie sicherlich gerade das Audimax oder verteilt Flyer für die nächste Demo, frei nach dem Motto Blockieren statt Studieren! achja, nicht zu vergessen natürlich das obligatorische Diskreditieren der bonzigen Paragraphenreiter (= Studenten der Rechtswissenschaft) mit ihren Seglerschuhen und den hochgeklappten Polokrägen. Oder wahlweise ein bisschen über den alternativen Hippie mit den Dreads (inkl. Kleinviehzucht) im Che-Guevara-T-Shirt (welches, ganz nebenbei, wohl auch schon länger keine Waschmaschine mehr gesehen hat) lästern, der bestimmt Philosophie oder Archäologie studiert und mit seinem Diplom im Gepäck sowieso später Taxi fahren wird. Wir sehen Anlass gibt es genug, heute die Gesellschaft, morgen die Politiker sowie die Diktatur des Kapitals und übermorgen den Typen einen Tisch weiter in der Mensa.
Doch zurück zum Anfang natürlich soll hier keinesfalls der Eindruck entstehen, die Hochschulen unseres Landes wären einzig und allein von kanibalistischen, spätpubertären Randgruppen unserer fortschrittlichen Gesellschaft bevölkert, welche Tag für Tag einen internen blutigen Klassenkampf ausfechten und am liebsten gleich morgen die nächste Revolution starten würden. An dieser Stelle wollen wir ganz klar die Existenz einiger vorbildlicher, motivierter .... Elemente .... bestätigen, auch wenn jene nahezu einer bedrohten Art angehören und demnach kurz vor dem Aussterben stehen (größte Bedrohung: kollektives Mobbing durch die gefährliche Spezies der Bummelstudenten bzw. Übersiedlung zu deren Ufer).
Man erkennt sie zum einen an ihrem gebückten Gang bedingt durch tonnenschwere Vintage-Trekking-Rucksäcke, welche großzügig mit mehreren 1000-seitigen Lehrbüchern also geballter Weisheit auf Papier! bestückt werden. Ähnlich wie bei den Juristen, welche die genannten Segelschuhe oder Longchamps-Taschen als Kollektivmerkmale zur gegenseitigen Erkennung von weiterer Entfernung nutzen, verhält es sich auch bei den Musterstudenten: Gezieltes Auffallen durch Nicht-Auffallen lautet die Devise. Auf das äußere Erscheinungsbild legt man in diesen Sphären geistiger Erhöhung wohl wenig Wert, einzig und allein ein auffälliges, nahezu exzentrisches Brillengestell (Modell: Nerd) könnte helfen, sie im grauen Einheitsbrei besser zu erkennen.
Die Ausnahme: Bunte Paradiesvögel - solche tragen allerdings auch gerne mal selbstgenähte Patchwork-Mäntel, wobei der Stoff natürlich aus dem Dritte-Welt-Laden stammt, also Fair Trade sowie 100% ökologisch und ethisch korrekt.
Als oberstes Prinzip gilt: Privatleben wird gnadenlos überbewertet. Bereitwillig steht man auch um fünf Uhr morgens auf, um sich möglichst schon eine Stunde vor Vorlesungsbeginn die besten Plätze in der ersten Reihe, d.h. in direkter Nähe zur Gottheit(= Professor), zu sichern. Musterstudenten sind die Ersten die kommen und die Letzten die gehen und haben in den Klausuren die besten Noten, obwohl sie nichts gelernt haben. Sie verraten sich durch ihr allwissendes Nicken bei Erwähnung der neokorporatistischen Austauschlogik, denn natürlich weiß man sowas, wenn man sich in Lerngruppen organisiert und nächtelang das Lehrbuch inkl. entsprechender Seitenzahl verinnerlicht. Besonders gerne beantragen sie in der Bib eine Art Dauer-Leihe für die wichtigsten Lehrbücher, damit die geschätzten Kommilitonen jene nie zu Gesicht bekommen oder reißen alternativ die relevantesten Seiten raus. Hauptsache Kannibalismus und Wettbewerbsvorteil. Abfällig lässt man sich über Nachzügler aus, die nach durchzechten Partynächten inkl. ordentlicher Bierfahne eine halbe Stunde zu spät kommen und lieber wilde Papierkügelchenschlachten veranstalten, statt dem Lehrkörper Beachtung zu schenken - denn jene sind ihre ärgsten Konkurrenten.
An dieser Stelle kommen wir zur Spezies der Bummelstudenten, die entweder gar nichts tut oder immerhin protestiert (gerne befestigen sie Anti-Studienbebühr-Demo-Luftballons an ihren Rucksack!) statt zu studieren. Abends treffen sie sich vermutlich in Studentenkneipen mit studentenfreundlichen Preisen zur studententypischen Nahrungszufuhr (Bier und selbst gedrehte Zigaretten) und philosophieren darüber, wie wir unsere Gesellschaft etwas sozialistischer gestalten können, wie man das Regime in Nordkorea stürzen könnte oder auch mal gerne über das eigene Engagement bei Greenpeace oder der freiwilligen Feuerwehr.
Und somit neigt sich ein äußerst spektakulärer Tag im Leben eines Studenten dem Ende zu der eine versumpft in der Kneipe, der andere in der Unibibliothek. Gemeinsam rüsten sie sich für den nächsten Morgen im Uni-Dschungel (oder sollten wir lieber "Schlachtfeld" sagen?), denn auch wenn der ein oder andere vielleicht nicht allzu viel von seinem Studium mitkriegt, so lernt er fürs Leben wenigstens drei überlebenswichtige Dinge:
1. Die hohe Kunst, einen Juristen, Sozialpädagogen oder gar Finnougristen anhand seiner äußeren Merkmale bereits aus 4km Entfernung zu erkennen,
2. dem Feind das Leben schwer zu machen,
aber vor allem
3. die Fähigkeit, mit Klischees kokettieren zu können!