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Unserem wahren Selbst begegnen

Text: revhoros
Unserem wahren Selbst begegnen

Als erstes möchte ich klarstellen, daß der Ausdruck „Wahres

Selbst“ nicht den Anspruch hat, aus der absoluten und ultimativen Wahrheit

entsprungen zu sein, also nicht die ultimative Begrifflichkeit ist,

welche mit völliger Objektivität unsere wahre Wesenheit definiert. Es

gibt für diese Kostbarkeit, also für das, was wir unserer Essenz nach

wirklich sind und welche wir allzu gerne in Worte fassen möchten, nicht

wirklich eine adäquate Definition, aber dennoch viele Beschreibungen,

die einer akzeptablen Annäherung an das Wesentliche gerecht werden.

Dieses Essentielle, was uns als Wesen wirklich ausmacht, hat demnach so

viele Bezeichnungen und Namen, so viele potentielle Umschreibungen

wie es Menschen gibt. Ich habe den Begriff des „Wahren Selbst“ ausgewählt,

weil er mir in Beziehung zur Thematik nützlich erscheint, aber das

ist aus persönlicher Vorliebe geschehen und nicht weil dieser Ausdruck

der absoluten Wahrheit entspricht. Ich möchte betonen, das jedes Bedürfnis,

unserem wahren Wesen einen Namen zu geben, uneingeschränkte

Legitimität hat und immer auch den Anspruch beinhaltet, unserer ureigenen

Wahrheit Ausdruck zu geben. Oft ist es unglücklicherweise so, daß

wir unserer einfachen Art und Weise, von diesem uns innewohnenden

göttlichen Funken zu sprechen, nicht die würdige Ernsthaftigkeit entgegenbringen.

Und so nehmen wir uns selbst die Kraft und Qualität der

Heiligkeit, die wir an sich schon für uns, also für das, was wir wirklich

sind, empfinden. Man könnte auch sagen, daß wir uns aus Scham heraus

dem wunderschönen Gefühl der Intimität verweigern, welcher wir in uns

selbst begegnen. Mit anderen Worten, wir alle haben Worte, Bezeichnungen,

Kosenamen oder auch Bilder von unserem Wahren Selbst, welche

wir allzu oft als träumerisch, kindlich und unrealistisch abtun und somit

dem Aufkeimen der friedvollen Begegnung, dem Glücklichsein, welches

wir in Berührung oder auch „nur“ in zarter Ahnung mit unserem Ursprünglichen

haben, das Gedeihen verwehren.

Geläufig und allgemein anerkannt sind da wohl eher Bezeichnungen

wie ‚Göttliches Wesen’, ‚Seele’, ‚Höheres Selbst’, das ‚Geistige’

usw., und das hat manchmal schon einen so abstrakten Charakter für uns,

daß es uns Lichtjahre entfernt erscheint. Diese Begriffe sprechen oft von

einer unerreichbaren Sphäre zu uns, erzählen uns von etwas, was wir

angeblich sein sollten, aber für uns milde ausgedrückt nicht selten den

Charakter von etwas „Fremden“ hat. Die Worte also, welche wir uns

erlauben, als angemessene und würdevolle Benennungen gelten zu lassen,

führen uns teilweise sogar weiter von uns weg, oder es ist uns unmöglich,

eine Beziehung zwischen uns und dem Besagten herzustellen.

Andererseits können wir das, was wir selbst spüren, wie wir es für uns

selbst nennen, was uns eigentlich ganz nahe ist und auch eine Nähe zum

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Besagten auf natürliche Weise etabliert, schwerlich in Verbindung

bringen mit den Begriffen, welche umgangssprachlich geläufig sind. Wir

verbieten uns sozusagen unsere eigenen Worte, weil sie anscheinend nicht

das adäquat ausdrücken, was dieser abstakte Begriff angeblich für uns tut,

obwohl wir ihn eigentlich gar nicht verstehen. Ich möchte betonen, daß

gerade eben diese eigenst von uns entdeckten Koseworte für das

Kostbarste in uns so wertvoll und so liebenswert sind. Wenn ich zum

Beispiel jemanden mit dem Herzen sagen höre: „Ich möchte das

wiederfinden, was ich verloren, was ich vergessen habe.“, oder auch

jemanden sage höre „Ich möchte meinen inneren Punkt finden.“, dann

öffnet sich auch in mir mein Herz, und innerlich zustimmend kann ich

sehr gut verstehen, was da gemeint ist. Ebenso spüre ich die

Unendlichkeit anklopfen, wenn jemand zum Ausdruck bringt: “Ich weiß,

ich bin mehr als das, was ich sehe.“ und somit deutlich macht, daß er in

Berührung mit seinem Wahren Wesen ist. Eine zarte Ahnung beherbergt

da mach mehr klares Wissen und öffnet unverschlossene Türen als ein

eingrenzender Begriff, der zwar klar umrissen definiert ist, aber mir in

seiner Enge den Zugang zum Allerheiligsten verwehrt.

Wie begegne ich nun diesem Wahren Selbst? Als erstes muß wieder

einmal insbesondere erwähnt werden, daß sicherlich das Anhalten,

das zur Ruhe kommen, das „in Stille mit mir sein“ grundsätzlich förderlich

ist. Vielleicht sogar, daß das frei-willige Eintreten in einen Raum der

ruhigen Stille „unbedingte Bedingung“ ist, welche einer Begegnung mit

mir selbst zugrunde liegen muß. Daß weiterhin einerseits die Bereitschaft,

mir zu begegnen vonnöten ist und daß wir andererseits nichts erzwingen

können, daß also ein geduldiges Sein mit mir selbst unbedingte Voraussetzung

ist. Geduldiges Sein mit mir bedeutet hier vor allem, daß ich mich

erstens so gut es mir nur gelingen mag annehme wie ich nun mal bin und

daß ich zweitens eine beobachtende Position einnehme, bei der ich in

Distanz meine Gefühle, Gedanken und Handlung studieren kann.

Dann geschieht etwas, was sich stückweise und stufenweise entwickelt

und gestaltet, was wir das Loslösen von unserer Identität nennen

wollen. Das bedeutet wiederum: dem Wahren Selbst begegnen wir, wenn

wir uns loslösen von der totalen und absoluten Identifikation mit unserer

sogenannten Identität, uns somit loslösen von der künstlich entstandenen

Vorstellung unseres Bildes, das wir von uns haben. Also daß wir uns

ent-identifizieren von dem, was wir gelernt haben, was und wer wir angeblich

sind. Wir hinterfragen so immer mehr die festen und starren Bilder,

welche wir von uns besitzen und welche uns in gewisser Weise in

Besitz nehmen, und befreien uns somit Stück für Stück von dieser

Schein-Welt und beginnen, unser Wahres Selbst zu entdecken. Das, was

wir als sogenanntes Ich oftmals als das alleinig Existente erfahren, wird

nun in seiner Festigkeit durchlässiger und transparenter, und wir können

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somit nach und nach unser Wahres Selbst durchscheinen sehen. Und

somit kommen wir auch der Einsicht Schritt für Schritt näher, daß unser

„Ich“ uns als vorübergehende Identität, als Werkzeug dient, spezielle

individuelle Erfahrung zu machen, um uns auf diesem Weg der

„Selbst-Erkundung“ zunehmend mit dem zu identifizieren, was wir wirklich

sind. Nämlich mit unserem Wahren Selbst, welches identisch und

eins mit dem Universellen Göttlichen Ganzen ist. Das „Wahre Selbst“

ist also identisch mit dem wahren „Einen Selbst“, sprich mit dem „Einen

Göttlichen“ an sich. Was uns die logische Schlußfolgerung aufdrängt, daß

es wohl nur die alleinige Existenz von „Einem allumfassenden Selbst“

gibt.




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