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Generation Swinger-Club: Leben wir in einer hypersexualisierten Gesellschaft?

Text: jennifer_nathalie
„Seid fruchtbar und vemehret euch!“ – dass dieser biblische Aufruf wohl nicht nur für Adam und Eva, sondern neuerdings auch für Bischöfe gilt, fördert die Popularität der katholischen Kirche vermutlich eher weniger. Seit kurzem ist es (zumindest offiziell) bekannt: Auch ein Zölibat schützt vor bösen Trieben nicht. Schuld sind dabei natürlich nicht die reizvollen Verlockungen hinter hohen Klostermauern – nein nein! – die Wurzel des Elends liegt viel mehr in unserer „sexualisierten Gesellschaft“. Das bekundet zumindest der Augsburger Bischof Mixa. Und auch wenn man einem Mann seines Amtes dieser Tage wohl nur wenig glauben will (zumal man ja sowieso nur in der Kirche „glaubt"), so trifft er den Nagel erstaunlicherweise (woher er das wohl so genau weiß ...?) recht präzise auf den Kopf.



Dass Sex sich wunderbar verkauft, ist heutzutage kein Geheimnis mehr. Dass Sex allerdings mehr und mehr zum Massenkonsumartikel verkommt, welchen man schnell und billig (bzw. kostenlos) an jeder Ecke erwerben kann – darüber schweigt man lieber still und genießt - eventuell. Aus der romantisch verklärten „schönsten Nebensache der Welt“ ist minderwertiger Fastfood-Schund geworden, welchen man zwar schleunigst aus dem moralischen Teil des Gedächtnisses verbannt – allerdings kommt das Verlangen ebenso rasch zurück, denn einfach verfügbar sind sowohl der fetttriefende Cheeseburger als auch das gefühlsarme Bettspielchen. Schöne neue Welt. I love it.



Ursachen und Folgen geben sich bei dieser zweifelhaften Entwicklung die Hand. Bevor der Eindruck erweckt werden soll, es handele sich hierbei um landläufiges Emanzen-Gewäsch oder einen Angriff auf die edle Riege der Herren der Schöpfung, sei gesagt, dass sowohl Männlein als auch Weiblein eifrigst an diesem Spiel partizipieren.



Auf der einen Seite gibt es Männer, die es wohl zu ihrem alleinigen Lebensziel erklärt haben, möglichst viele Frauen in kurzer Zeit zu beglücken. Läuft Sex als neuer Volkssport wohl etwa dem Fußball den Rang ab? Nun, an sich wäre es in der Tat sehr antiquiert, der werten Herrenwelt daraus einen Strick zu drehen. Problematisch wird es wohl eher dann, wenn die dazu benötigten Damen allein und ausschließlich dazu dienen sollen – Kenner sprechen von „wandelnden Löchern“. Dass diese Lustobjekte aber in manchen Fällen auch Menschen mit menschlichen Bedürfnissen sind, stellt so manchen Lüstling natürlich vor enorme (auch finanzielle) Schwierigkeiten. Denn zugegebenermaßen muss es ja wirklich recht umständlich sein, wochenlang mit einer Frau ins Kino zu gehen oder sie zum Essen auszuführen, um selbige endlich beschlafen zu dürfen. Gewiefte Business-Typen schützen sich übrigens vor derartigen Verlustgeschäften und rechnen sich heimlich aus, ob das investierte Geld (Benzin, Essen, Rosen) nicht bereits schon für einen Besuch im Puff reichen würde. Kosten-Nutzen-Kalkül und Homo Oeconomicus in Reinform also.



Doch zum Glück existieren auch Damen, die der Männerwelt den Ballast von den Schultern nehmen und ihre Dienste freizügig anbieten. Nein, gemeint sind nicht etwa solche, die im ältesten Gewerbe der Welt tätig sind. Es sind viel mehr relativ „normale“ Frauen: Junge Damen, die für ein Gläschen Champus im Nachtleben bereitwillig mit Ihrem spendablen Gönner nach Hause gehen. Hübsche Damen, welche im Gegenzug ein Leben als attraktives Accessoire auf dem Beifahrersitz des Porsche-Cabriolets führen dürfen und zudem mit Chanel und Prada überhäuft werden. Ältere Damen, die durch regelmäßige Schäferstündchen ihre Ehe retten. Und solche, die in Naturalien den Handwerker bezahlen. Die Liste ist endlos und mündet in der Vermutung, dass zum Schluss jegliches Zusammenleben von Mann und Frau als einzige Prostitution zu bezeichnen sei. Doch soweit wollen wir an dieser Stelle natürlich lieber nicht denken; bequemer ist es, all diese Interaktionen unter der Überschrift Liebe zu platzieren. Fakt ist jedoch: Je mehr Weibchen sich willig zeigen, desto eher gewöhnen sich die Männchen an solch paradiesartige Um (oder Miss-?) – stände. Natürlich sehr praktisch für das Männchen, welches ohne schlechtes Gewissen im Stile von 1001 Nacht seinen Harem kontinuierlich ausbauen kann – denn die Weibchen von heute haben äußerst attraktive Gesamtpakete im Angebot: Nur Akt an sich war gestern, die meisten kommen wieder, und zwar nicht nur in Reizwäsche, sondern auch mit frischen Semmeln, Kuchen und Putzlappen im Gepäck. Stets in der Hoffnung, das Alpha-Weibchen im Harem sein zu dürfen – denn im stillen Kämmerchen spielen Pretty Woman und weitere Hollywood-Kitsch-Romanzen nach wie vor eine relevante Rolle; und damit verbunden natürlich die Sehnsucht nach dem Prinzen auf seinem weißen Ross.



In Wirklichkeit sind sowohl Richard Gere’s Bordsteinschwalbe als auch die modernen Cinderellas dieser Welt nichts weiter als Objekte, welche häufig einzig und allein auf ihre primären und sekundären Geschlechtsmerkmale reduziert werden. Gefühle und moralische Bedenken sind dabei nur störender Ballast und Bestandteil romantischer Klischees – also unbrauchbar in einer Gesellschaft, in der ausschweifende Sexorgien frei zugänglich und Swingerclubs, Sex-Parties sowie Sex-Reisen (Tipp der Redaktion: als Mann allein nach Thailand! Unschlagbar günstig und als Souvenir gibt's noch ein paar nette Geschlechtskrankheiten) schon längst kein Tabuthema mehr sind.



Und wen stört’s? Allerhöchstens die Vertreter der katholischen Kirche, welche im Gottesdienst Wasser predigen und danach lustvoll selbst zum Wein greifen. Natürlich wäre es anachronistisch, die sexuelle Befreiung zu verteufeln – bequemer ist es, kurzweiliges Vergnügen mit Glück gleichzusetzen. Dass solche Verhältnisse allerdings eher an die Gesellschaft der primitiven Steinzeitmenschen erinnern, tut dem Vergnügen an sich bestimmt keinen Abbruch ....

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