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Das Ist-Doch-Eh-Alles-Egal-Gefühl

Text: LeApprentiPatisserie
Früher war es so: Ich war glücklich. Lange glücklich. War ich nicht glücklich, wusste ich wieso. Ich mein damit, dass ich mehrere Monate gelebt habe, ohne dass ich irgendwie unglücklich war. Ich wusste, was ich war. Es war auch nicht so wie jetzt, dass dieses Gefühl ständig wechselt. Das Glück ist unbeständig geworden. Ich bin nicht mehr über längere Zeit einfach glücklich, so wie es früher war, sondern es ist täglich unterschiedlich. Da gehe ich mit Verdruss wegen des dahinschreitenden Wochenendes und der bevorstehenden Sonntagsarbeit ins Bett und am nächsten morgen überkommen mich auf dem Weg zur Arbeit die reinsten Glücksgefühle. Montags will ich nach der Schule ein kleines Nickerchen machen und beginne, über mich und mein Leben nachzudenken. Nun werde ich todunglücklich.

Ich stehe nachts vor dem Spiegel, minutenlang, und starre mich selbst an. Ich will mich mal aus der Nicht-Ich-Perspektive sehen. Aber nicht auf einem Foto. Ich mustere meine Gesichtszüge. Meine Größe. Mein Haar, dass so aufgewühlt ist. Es sieht im Licht frisch aus. Fast elektrisiert. Ich sehe einzelne Haare. Ich weiß nicht, wer das ist. Würde ich mit so jemanden etwas zu tun haben wollen, frage ich mich? Dabei bin ich es doch selbst, der da von mir betrachtet wird. Wie kann ich es beurteilen, ich kenne doch nur mich selbst. Ich starre und starre, kann den Blick nicht abwenden und habe so ein sonderbares Gefühl. Meine Kiefermuskulatur spannt sich an und ich ertappe mich dabei, mit den Zähnen zu knirschen. Es ist nachts. Alles ist still. Nur der Sekundenzeiger tickt. Die Bewegungen hören sich wie Schläge mit einem Vorschlaghammer an. Doch hat Stille etwas bedrückendes. Sie hört sich wie ein lautes Rauschen an. Wie so eine Art Hintergrundstrahlung, die einfach immer da ist. Man bemerkt sie bloß nicht. Ich stehe wie versteinert da. Denke mir, lege dich wieder hin. Fühle mich von den Blicken des Spiegels wie gelähmt. Irgendwas hindert mich daran. Ich will wissen, wer das ist. Ich weiche nicht von der Stelle. Der Druck der Stille wird immer größer. Bin ich wahnsinnig? Diese rauschende Stille ist unerträglich laut. Was fixiere ich hier eigentlich? Was soll dieses unverwandte Anblicken? Wäre nicht ich der, der mich so anglotzt sondern würde mich jemand so angaffen? Unvorstellbar. Niemand würde dem Blick des anderen länge als ein paar Sekunden standhalten. Im Spiegel geht das schon! Da gibt es nur einen Betrachter, der den Blick bestimmt. Mann schaut sich in die Augen. Oder irgendeine bevorstehende Situation, auf die ich keinen Bock habe. Manchmal ist mir dann alles scheißegal. Ich denke mir, dass es doch ohnehin kein Rolle spielt, was ich mache, wie ich handle. Man hat alles zu ertragen. Doch man muss etwas machen. Man merkt, wie gefangen man in dieser Welt eigentlich ist. Nein, es sind keine Emo-Fragen wie: Wenn ich jetzt gehen würde, würde mich jemand vermissen? … Sie gehen eher in Richtung Gleichgültigkeit. Wer sagt, dass man glücklich sein muss? Kann man nicht auch ein unglückliches Leben haben. Ist Glück alles? Ich muss mich doch nicht verrückt machen, wird doch schon alles vorbeigehen. Das wäre dann ein Art Leben ohne Gefühle und Emotionen. Man hätte keine Motivation für bestimmte Handlungen, den man fühlt doch eh nichts. Es wäre egal was man macht. Alles wäre gleich stumpfsinnig. Dort wäre alles egal. Und so ein Gefühl ist das. Das Ist-Doch-Eh-Alles-Egal-Gefühl. Nicht das, woran jeder denkt, wenn er das hört. Ich mein nicht: Jetzt ist es eh zu spät, Scheiß drauf Gefühl oder Scheiß auf die Schulaufgabe Gefühl, du kannst eh nichts mehr ändern. Es hat nichts mit Erfolg zu tun. Oder eigentlich doch. Mit Erfolg im Leben. Man muss sich beweisen. Ich denke darüber nach, was die andren über mich denken und von mir halten. In diesen Momenten fühle ich mich selbst nicht mehr. Ich habe keinen Plan, was ich dagegen machen soll. Diese doofen Launen. Ich werde langsam ungeduldig. Ich will mal wieder ein normales Lebensgefühl haben und nicht immer diese Ups and Downs. Nun gut.



…

Ich bin völlig schwerelos…

Abgestumpft und sorgenschwer

Mir fehlt aber das Elektrische Gefühl

Und die Stimme, die mir sagt, heute wird ein guter Tag…

Lass es los….

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