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Mut zu Putzig

Seit zehn Jahren macht das Label Blutsgeschwister "Dolce Vita Soulwear" - feminine Streetwear ohne Berührungsängste vor Kitsch. Warum sehnen sich sogar die Schmuddelig-Hippen manchmal nach Klamotten mit putzigen Details? jetzt.de hat mit der Labelgründerin Karin über das Verlangen nach dem Verspielten geredet.
Text: wlada-kolosowa
jetzt.de: Wenn ich das Blutsgeschwister Lookbook für Sommer 2011 angucke, liegt mir vor allen Dingen ein Wort auf den Lippen: süß. Und das mit siebenfachem Ü.
Karin Ziegler:
Zuckersüß würde ich nicht sagen, eher lebensfroh. Wir zitieren unter anderem vergangene Generationen und scheuen uns nicht, nostalgisch zu sein – allerdings stets mit  Augenzwinkern. Unsere Mode ist wehmütig und romantisch, gleichzeitig aber auch pragmatisch. Wir machen tragbare Kleidung, keine Prinzessinnenkostüme.

Polkadots, Kirschen, Softeisfarben und fröhliche Vichy-Karos kommen trotzdem nicht zu kurz. Wie erklärst du dir, dass selbst Mädchen aus Kreuzkölln, die sonst betont schmuddelig mit Parka und Schmalzhaardutt unterwegs sind, gern eure Sachen kaufen? Ich glaube, momentan passiert in der Mode ähnlicher Einheitsbrei wie vor zehn Jahren, als wir Blutsgeschwister ins Leben gerufen habe haben. Damals war die Kleidung puristisch, einfarbig oder betont nachlässig. Die Sehnsucht nach Verspieltem ist aber trotzdem immer da. Inzwischen gibt es viele Designer, die sie stillen – man muss nur sich nur bei Dawanda oder zum Beispiel beim „Holy Shit Shopping“   umschauen. Wenn ich aber 2001 etwas Niedliches haben wollte, musste ich im Fundus meiner Oma kramen und es umnähen. Ab und zu sah man Überreste der Techno-Ära auf den Straßen, aber ansonsten konntest du nur zwischen „Klassisch“ und  „Schludrig“ wählen. Zumindest in meiner Preisklasse gab es ein Niedlichkeits-Loch.







Und das wolltest du füllen?

Vor meinem Studium an der Staatlichen Modeschule Stuttgart habe ich eine Ausbildung zur Damenschneiderin gemacht. Im Schneideratelier, wo die Welt seit den Fünfzigern stillstand, verliebte ich mich in Kniffe, Raffinessen und dem Charme vergangener Zeiten. Das alles kombinierte ich mit Elementen aus Sportswear und fröhlichen oder sogar altmodischen Stoffen.

Was war das erste Stück mit dem ihr Erfolg hattet? Das war 2004 mit „Parka Verbota“ – einem olivefarbener Parka mit gelben Strickkragen und einem Innenfutter mit neonfarbenen Streublümchen. Er wurde uns aus den Händen gerissen: Vorher hatte niemand Klassiker mit solchen Details versüßt.

Was ist eure Kernzielgruppe?

Das sind Frauen zwischen 18 und 35. Es gibt auch eine Männerkollektion, die momentan auf Hemden reduziert ist. Nachdem meine Tochter geboren wurde, habe ich auch Blutsbaby eingeführt: Modelle für Kleinkinder bis 4 Jahre. Am besten verkauft sich aber die Frauenlinie Blutsschwester sowie Accessoires und Taschen.

Wohnt jeder Frau ein bisschen Prinzessin inne?

Ja, und dafür muss sich niemand schämen. Was du trägst, sagt wer du bist und wie du dich fühlst. Ich denke, jeder hat das Bedürfnis, seinem Lebensgefühl durch Kleidung Ausdruck zu verleihen. Um unsere Mode zu tragen, bedarf es einer starken Persönlichkeit, sonst sieht es schnell verkleidet aus.

Also: Mut zu Putzig? Genau. Aber nur wenn dir danach ist.

Coco Chanel hat gesagt: "Die selbstsichere Frau verwischt nicht den Unterschied zwischen Mann und Frau - sie betont ihn." Man kann also die Karriereleiter in einem Outfit hochklettern, der eher nach Apfelkuchen-Backen aussieht?

Nichts gegen Apfelkuchen! Man soll sogar unbedingt Apfelkuchen backen! Auf jeden Fall darf man das, wenn man will. Du kannst in beiden Welten zuhause sein. Ich beantworte Emails vom Spielplatz aus, oder sammle Ideen für neue Entwürfe während ich mit meiner Tochter spazieren gehe. Ich habe aber auch großen Respekt vor Frauen die den ganzen Tag Haushalt machen. Jede soll sich entscheiden dürfen, ob sie ein Heimelchen sein will oder Nachtschichten im Büro schiebt. Und ob sie das im Hosenanzug oder in Rüschen tut.

 Hast du nach zehn Jahren Rüschen manchmal Lust etwas Asymmetrisches, Schwarzes à la Rei Kawakubo zu machen? Ich bin nicht die Frau für den schwarzen Sack. Jedes Mal wenn ich versuche, einfarbige Sachen zu machen, setzte ich im letzten Moment doch einen Druck drauf oder eine Stickerei. Ansonsten wäre das einfach nicht Blutsgeschwister.

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